Bald ist unser Blick auf den Horizont und unseren Bug gerichtet -:)
Der Abschied von Familie und Freunden ist immer zwiegespalten. Es ist ein warmes gutes Gefühl, wenn man so herzlich verabschiedet wird .... und andererseits macht es auch traurig, wenn man sich soooooo lange nicht wieder sieht. Aber wir wurden unerklärlicherweise reichlich geknuddelt und sogar noch beschenkt, damit nehmen wir euch alle im Herzen mit. Wir haben uns gestern sehr gefreut und nun müssen wir den vielen Versprechungen gerecht werden: daher fange ich heute morgen gleich mal mit der Pflege des Blogs an 🙋 Dank der modernen Kommunikation erfahren wir bestimmt auch, was sich zu Hause so ereignet und wie ihr den Sommer genießen werdet.
So denn: heute mittag sagen wir Gode Wind ahoi!
Seit dem Ausschleusen in Glückstadt sind wir 307 sm gesegelt und heute schon in Scheveningen / den Haag und sogar mit dem notwendigen "Umweg " über Helgoland. Wir konnten mit dem beständigen Ostwind so gut Strecke machen und auch noch bei herrlichem Sonnenschein, das ist unglaublich. Danke dem edlen Spender, wer auch immer das war😍
Unsere Seebeine wachsen, nur die Haut im Gesicht ist diese Uv- Strahlung , Wind und Salz nicht mehr gewohnt. .. wir sehen echt knallrot aus, trotz Sonnrncreme.
Toll war unser Ankerplatz hinter Vlieland mit einem gigantischen Sonnenuntergang und -aufgang. Bis jetzt ist auch alles heile geblieben. Der neue Yankee von Elbesegel hat sich bereits sehr beliebt gemacht bei uns.
Wir werden den Ostwind der nächsten 2 Tage weiter nutzen, um nach Süden zu kommen (ohne Nachtfahrt 😴).
So long
AURIGA
14. - 23.5.2016
3 Tage Guernsey und 1 Tag Sark waren sehr interessant und erholsam. Wir sind auf Guernsey ein wenig gewandert: die Straßen sind wirklich mit Steinmauern eng umfasst, Berichte anderer Reisender können wir somit bestätigen! Es gibt viele schöne Cottages und Manors (größere Anwesen). Ob groß oder klein, fast alle haben einen Namen. Ich würde mir wohl ein Häuschen hier schenken lassen!
Außerdem haben wir einige schöne unterhaltsame Stunden mit Nicole und Birte von der Tamtam verbracht, die mit ihrer Albino Ballad in Camaret sur Mer überwintert haben und nun auf dem Weg nach Hause sind.
Ein highlight für uns war Sark mit dem spektakulärem Übergang 'la Coupee' nach little Sark. Dabei haben wir die freundlicherweise auch für Besucher ausgelegten Mooringtonnen im Nordwesten der Insel nutzen dürfen. Und das erste Mal mit dem Dingi an den Kieselstrand zu fahren , war für uns auch schon Abenteuer! Ebenso der steile Aufstieg durch Gebüsch die ca. 100 m hohe Steilküste hoch... Seebeine sind doch keine Landbeine. Aber die wachsen uns gerade.
Nach einem verregneten Samstag sind wir dann am Sonntag, 22.5.,bei Regenwetter ausgelaufen,um uns endlich ein besonderes Stück Bretagne anzuschauen: Die Cote Granit Rose. Wir hatten gestern das erste Mal richtig tolle Atlantikdünung, dabei raumte der Wind immer mehr von West auf Nordwest und Auriga wurde schneller und schneller. Abends pfiff es denn auch schon mit 5 Beaufort, als wir uns der Küste mit den davorgelagerten Inseln 'Le Sept iles' näherten. Ich bin dabei immer nervös und kontrolliere unten auf der Seekarte unsere Position gefühlt jede Minute, aber die Plotterdaten stimmen und auf Manfred ist sowieso Verlass. Einige 'Tonnen' sind nämlich hier nur Stöcke, ähnlich wie bei uns Pricken, und Farbe haben die auch schon lange nicht mehr gesehen...
Wie auch immer, kurz nachdem wir den Anker zum warten auf genügend Wasser über dem Süll der nur 6m breiten Dock-Schleuse geworfen hatten, konnten wir ihn auch schon wieder hochholen: in nur einer halben Stunde steigt das Wasser hier gut einen Meter! Grundsätzlich beträgt der Tidenhub hier im Durchschnitt 10 Meter ( bei Springzeiten sogar noch mehr ).
Montag morgens aufstehen, wenn man weiß, es geht nicht zur Arbeit, sondern auf eine der schönsten Wanderstrecken hier an der Küste, ist wirklich nett. Wir sind heute ca. 15 km rauf und runter die Hügel gelaufen, haben auch hier unzählig schöne Häuser (die meisten sind wohl nur im Juli und August bewohnt) und spektakuläre Ausblicke auf das Meer bestaunen dürfen. Bilder hierzu gibt es, falls (!)wir denn mal ein stabiles Wlan finden. Ach und als Belohnung haben wir heute zum 1. Mal Galettes (Buchweizencrepes) und bretonisches Bier genossen. Danach waren wir unerklärlicherweise müde und somit froh, einen passenden Bus gefunden zu haben, der uns die ganzen Hügel Rauf und runter zurück gebracht hat.
Morgen geht es weiter mit.... Ostwind (wie für uns bestellt). Allerdings könnte es so langsam mal wärmer werden, selbst an Land ist die kurze Hose noch nicht angesagt.
So long
Eure
Auriga - Crew
Der Winter gibt uns zwar genügend Zeit, damit wir unsere 5-monatige Auszeit gründlich vorbereiten können, aber die Tage rennen und vieles ist derzeit zu klären: Bordapotheke und Medizin, die passenden Flat Verträge für Smartphone und Tablet, Finanzen & Versicherungen, Bücher bei Freundinnen einsammeln, Seekarten kaufen, Blog Marine, Reed's Almanach, Handbuch für den atlantischen Ozean durchschmökern und und und... Im März wird unsere Auriga noch mal raus dem Wasser geholt und erhält einen neuen Unterwasseranstrich. Und unsere Segelfreunde fragen schon nach einer kleinen Abschiedsparty, die auch organisiert werden will.
Außerdem bin ich im Geiste natürlich schon lange am Sortieren, was ich unbedingt! an Küchenutensilien, Vorräten, aber auch Kleidung und Schuhe (gaaaanz wichtige Punkte) mitnehmen will, sofern ich durch die Zollkontrolle meines Segel-Mannis vorbeikomme;-)
Anfang Mai - irgendwann rund um Himmelfahrt - geht dann unsere Reise los. Ziel ist es, in den 5 Monaten via Holland, Belgien, Frankreich, Portugal und Madeira zu den Azoren zu schippern. Der Rückstrecke soll uns dann über die Scilly Islands, Südengland und Holland wieder nach Hause führen. Manfred kennt das Langfahrtsegeln schon - ich noch nicht und meine Phantasie reicht von Sonnenbaden auf dem Vordeck bis hin zu tagelangem Sturm und Wellen.
Wer wissen möchte, wie es uns ergeht oder wer mir! Mut zusprechen möchte, ist herzlich willkommen in diesem Blog. Ich verspreche keine täglichen Nachrichten, denke aber, dass wir Dich/Euch einmal pro Woche mit unseren Erlebnissen und Bildern informieren können. Wir freuen uns über jeden Beitrag und bedanken uns schon mal für Eure Begleitung!
Ungeduldig warten wir auf trockenes Wetter, um endlich das Teakholz unserer Schanz (Holz auf dem umlaufenden Rand vom Rumpf) von den Lackschäden im Winter zu befreien. Aber es ist eben noch April: morgens popokalt, dann Sonne, dann ein Regenschauer, am nächsten Tag Nebel und das Holz kann nicht wirklich durchtrocknen.
Wir nutzen die Zeit trotzdem und laden Auriga voll mit Büchern, Lebensmitteln, Getränken und den ersten Klamottenbergen (die für den Sommer :-) ). Alle Segel sind mittlerweile erfolgreich angeschlagen, das Deck, der Mast und der Baum sind geputzt und gewachst worden. Und zu Hause werden fast alle Schubladen durchwühlt: "Wo war den bloß noch mal....?". Na gut, was vergessen wird, brauchen wir dann eben auch nicht. Oder man muss es halt in Holland oder Belgien nachkaufen.
Ebenso wichtig ist uns noch eine kleine Probefahrt am Wochenende zu unternehmen, weil in diesem Winter der Kompassgeber für die elektronische Navigation den 3. und hoffentlich letzten neuen Standort bekommen hat. Mit einem Stahlschiff ist die Ablenkung dermaßen hoch, dass man auf die verrücktesten Plätze kommt. Nun ist er hinten und ziemlich weit oben auf dem Geräteträger seinen Platz bekommen. Der muss sich jetzt aber noch selbst kalibrieren/kompensieren.
Außerdem muss ich ja mal sagen, dass die Wahl des richtigen Datentarifs für mobiles Surfen eine ziemlich komplizierte Angelegenheit ist. Ich durchschaue die Tarife nicht mehr und so folgen wir nun einfach dem Rat, den Cati und Johannes Erdmann ihren Followern gegeben haben: Aldi Talk! Genau, und so machen wir das jetzt auch für's Tablet. Für das Smartphone versuche ich gerade, von meinem Prepaid Tarif bei Congstar auf den monatlich kündbaren Wunschtarif zu wechseln --- bis jetzt steht da nur der Status "bestellt". Hmh, nach den vielen im Internet geposteten Erfahrungen mit allen! Anbietern habe ich so meine Zweifel, ob das noch was wird. Der Wechsel zu einem anderen Anbieter will auch gut überlegt sein, wenn man seine Telefonnummer portiert haben möchte - so mein Eindruck. Also halten wir es doch wie die Ingenieure: "Never change a running system"... oder hat jemand noch den ultimativen Tipp?
Heute lade ich meine KollegenInnen noch auf einen "Schiffszwieback" ein und verabschiede mich für die nächsten 5 Monate. Manfred muss morgen noch mal zur Arbeit und dann wird der Umzug auf's Schiff in Angriff genommen. Ich freue mich sehr über die vielen netten Wünsche für unsere Fahrt und hoffe, alle gesund und munter in 5 Monaten wieder zu sehen.
Auriga wird noch "verschlimmbessert":
Am letzten Samstag haben wir bei den eisigen Winden auf der Elbe nur einige Kreise gedreht, um dem Kompassgeber für den Autopiloten das Kalibrieren zu ermöglichen. Das scheint soweit auch geklappt zu haben - Sorge macht uns nur, dass wir noch im Hafen die Alarmmeldung "Autopilot konnte nicht gefunden werden" bekamen. Unsere gesamte elektronische Navigation ist von Raymarine und ich hoffe nicht, dass bereits nach 3 Jahren normaler Nutzung schon die ersten Totalausfälle zu verzeichnen sind. Im letzten Sommerurlaub war ja schon das Windmess-Gerät oben am Mast reparaturbedürftig geworden. Wir werden beten & berichten...
Außerdem wollten wir eigentlich noch dringend das Teak Holz aussen (auf der Schanz und im Cockpit) neu lackieren. Zumindest die Laibungen im Cockpit wollen wir noch in Angriff nehmen, obwohl es die ganze letzte Woche permanent und heftig schneit, graupelt und regnet. Wir werden das Sonnensegel aufspannen und hoffen, dass es darunter nicht reinregnet, denn wenn wir erst unterwegs sind, müssten wir das frisch gemalerte Cockpit zu häufig betreten und Hosen wie auch der Lack würden ziemlich leiden.
Meine allgemeine Vorfreude ist noch etwas gedämpft angesichts der derzeit arktischen Temperaturen - so habe ich mir noch ein Thermoshirt bestellt in der Hoffnung, dass das Merino-Schaf nicht all zu doll frieren und ich es angenehm warm haben werde, wenn wir am Mittwoch, den 4.5.2016 ablegen.
Der Abschied von Familie und Freunden ist immer zwiegespalten. Es ist ein warmes gutes Gefühl, wenn man so herzlich verabschiedet wird .... und andererseits macht es auch traurig, wenn man sich soooooo lange nicht wieder sieht. Aber wir wurden unerklärlicherweise reichlich geknuddelt und sogar noch beschenkt, damit nehmen wir euch alle im Herzen mit. Wir haben uns gestern sehr gefreut und nun müssen wir den vielen Versprechungen gerecht werden: daher fange ich heute morgen gleich mal mit der Pflege des Blogs an 🙋 Dank der modernen Kommunikation erfahren wir bestimmt auch, was sich zu Hause so ereignet und wie ihr den Sommer genießen werdet.
So denn: heute mittag sagen wir Gode Wind ahoi!
Seit dem Ausschleusen in Glückstadt sind wir 307 sm gesegelt und heute schon in Scheveningen / den Haag und sogar mit dem notwendigen "Umweg " über Helgoland. Wir konnten mit dem beständigen Ostwind so gut Strecke machen und auch noch bei herrlichem Sonnenschein, das ist unglaublich. Danke dem edlen Spender, wer auch immer das war😍
Unsere Seebeine wachsen, nur die Haut im Gesicht ist diese Uv- Strahlung , Wind und Salz nicht mehr gewohnt. .. wir sehen echt knallrot aus, trotz Sonnrncreme.
Toll war unser Ankerplatz hinter Vlieland mit einem gigantischen Sonnenuntergang und -aufgang. Bis jetzt ist auch alles heile geblieben. Der neue Yankee von Elbesegel hat sich bereits sehr beliebt gemacht bei uns.
Wir werden den Ostwind der nächsten 2 Tage weiter nutzen, um nach Süden zu kommen (ohne Nachtfahrt 😴).
So long
AURIGA
4.5. – 13.5.2016
Nebel und Zollkontroll-Alarm!
„Veuillez vous nous donnez votre papiers, s’il vous plaît?“ So oder ähnlich fragten uns die 5 (!) Zöllner in Boulogne sur Mer (passenderweise nach dem Abendessen und beim Abwasch). Aber klar bekommen sie alle Zertifikate, unsere Personalausweise und ihre Fragen beantwortet. Dafür haben wir jetzt eine offizielle Zollbestätigung und müssten (eigentlich) keine weiteren Kontrollen mehr befürchten. Nicht dass wir was zu verstecken hätten, jedoch man weiß ja nie, was die Jungs so auseinander bauen wollen. Diese Zöllner waren ausgesprochen nett und haben sich in einen Plausch verwickeln lassen, statt das Schiff auf den Kopf zu stellen. Merci!
Aber fangen wir von vorn an: unser Start von Glückstadt respektive Helgoland konnte besser nicht laufen. Sonnenschein, Ostwind und Wärme wie im Juni – so haben wir den Luxus, mit Backstagbrise und ordentlich Sonnencreme im Gesicht, gen Westen zu kommen. Wir „verzichten“ auf Nachtfahrten, weil die Tagesmeilen völlig ausreichen. Und dabei haben wir noch nicht mal nennenswerten Seegang, so dass ich mich beim Kochen fast wie auf einem Katamaran fühlen konnte. Mit spätabendlichen Zwischenstopps auf Borkum, Ankern hinter Vlieland, Yachthäfen in Scheveningen, Zeebrügge, Dünkirchen und Bologne sur Mer sind wir am Donnerstag, 12.5. bis Dieppe gekommen. Das verschafft uns genügend Reserven zum Abwarten auf passende Wetterfenster, denn zum Ende dieser Woche stellt sich die Wetterlage um. Noch dominiert der Nordwind, ab Montag dürfen wir dann mit den hier üblichen Westwinden rechnen.
Bilanz der 1. Reisewoche:
Besonders positiv überrascht waren wir über die 92 sm bei (böigem) Ostwind von Vlieland nach Scheveningen. Hier angekommen, konnten wir das maritime Ambiente in einem Restaurant an der Uferpromenade genießen und unseren tollen Tagestörn ein wenig begießenJ
Ebenfalls sehr sympathisch und zuvorkommend war bislang der Empfang in jedem französischen Hafen – die Hafenmeister und selbst die Zöllner waren sehr bemüht, uns alle nötigen Informationen zu geben. Mein Französisch ist denn doch arg eingerostet, auch wenn es zumeist für den ersten Kontakt reicht. Besonders beim Funken werden wir doch eher Englisch sprechen, denn gestern hatte ich z.B. die Antwort (französisch) der Hafenkontrolle auch nicht wirklich verstanden. Resultat: Ein Lotsenboot hat uns draußen „abgefangen“, weil aus dem engen Hafenkanal ein Feederschiff auslaufen sollte und wir 10 Minuten warten sollten. Uff, das war noch mal gut gegangen!
Boulogne sur Mer konnte dieses Mal (8 Jahre nach unserem ersten Aufenthalt) punkten. Sobald man sich aus der quirligen Unterstadt in die höher gelegene historische Altstadt begibt, findet man viele schöne Ein- und Ausblicke. Ein richtig altes Fort mit echtem Wassergraben und die mächtige Kirche mit einer darunter befindlichen Krypta fand unsere Bewunderung. Auffällig ist jedoch bei allen Kirchen, die wir hier anschauen, die hohe Baufälligkeit – die Wertschätzung für diese historischen Bauwerke scheint auch in Frankreich stark gelitten zu haben. Es tut regelrecht weh zu sehen, wie die vielen Ornamente und Heiligen zerbröseln und durch schnöden Betonputz ersetzt werden. Einige Kirchen sind unserem Eindruck nach gleich ganz geschlossen – höchstwahrscheinlich aufgrund der Gefahr herabfallender Zierelemente oder schlimmerem….
Und: wir sind natürlich für die bisherige schnelle Reise ohne Schäden oder Malaisen (nee, ist kein Original-Französisch J , reimst sich nur schön)sehr dankbar.
Negatives gibt es kaum zu berichten, bis auf den ekeligen Seenebel, den wir beim Auslaufen von Dünkirchen hatten. Aber dem Erfinder des Plotters, AIS und Radars sei von Herzen gedankt: wir konnten ohne Probleme den ein- und auslaufenden Fähren von Calais gut ausweichen. Wenn die vielen Fischernetze noch mal ein AIS Signal bekämen, wäre ich persönlich sehr dankbar. So war das Starren bis max. 50 m Sichtweite auf Dauer etwas anstrengend und auf Schallsignale aus unserem Schiffshorn reagieren die blöden Teile nicht.
Seit gestern Abend sind wir in Dieppe. Hier machen wir heute, am Freitag den 13.5., den 1. Tag komplett Pause. Bei einem ersten abendlichen Spaziergang Richtung Innenstadt konnten wir schon normannisches Flair aufsaugen. Die großen und meistens gut erhaltenen Häuser aus Granitsteinen der oberen Normandie haben mich früher schon beeindruckt. Es muss nicht alles modern sein – zumindest nicht für uns Touristen ;-)
Morgen möchten wir nach Fecamp, eine kleine normannische Hafenstadt, in der ich vor gut 30 Jahren schon mal war. Ich bin gespannt, ob die Enttäuschung oder Wiedersehensfreude überwiegt.
Übrigens: der Reise-Bär durfte nicht mit auf Crewliste – er hat alles versucht, wurde jedoch nicht ernst genommen, liebe Annika. Wir trösten ihn schon die ganze Zeit!
13.5. – 18.5.2016
Am Samstag, den 14.5. geht die Reise weiter – erst einmal müssen wir die gewaltige Hafenausfahrt mit der einrollenden Dünung bewältigen. Das geht mit Manfreds Steuerkompetenz recht gut (nämlich langsam fahren). Das Großsegel haben wir schon zu gut einem Drittel ausgerollt als Stütze sozusagen und dann ziehen wir bei unschöner Welle mit grauen Wolken und durch etliche Fischernetze weiter die normannische Steilküste entlang. Mittags erstrahlt die Küste dann im Sonnenschein und es postkartenkitschig schön. Die Hafeneinfahrt von Fecamp liegt gen Südwesten und ist somit nicht ganz so spektakulär wie die von Dieppe, da der Wind noch immer aus Nordost (4-5 Beaufort) kommt.
Fécamp selber ist auch schön, aber um es abzukürzen, nicht so toll wie Dieppe. Keinerlei Erinnerungen machen sich bemerkbar – auch gut. Abends gehen wir lecker essen und liegen mit extrem gefüllten Magen im Bett.
Weiter geht die Reise nach Ouistreham – dabei queren wir ohne Probleme und regelkonform die Fahrwasser für die Großschifffahrt von le Havre. Die ganze Zeit scheint die Sonne, es ist jedoch lausekalt. Ich bin froh, meine dicke alte Skihose mitgenommen zu haben. Um 16.30 Uhr schleusen wir in Ouistreham ein und ich versuche zum wiederholten Male, uns mit meinem Schlechtfranzösisch einen Liegeplatz beim Hafenmeister zu organisieren. Irgendwie klappt es denn immer doch – spätestens beim Bezahlen kann ich mich für meine mangelnde Aussprache und Vokabeln entschuldigen und da auch die Hafenmeister schlecht Englisch sprechen, sind die Entschuldigungen gegenseitig J
Ouistreham selbst liegt auf dem Schwemmland der Seine, hier gibt es keine Steilküsten mehr. In unmittelbarer Nähe befindet sich Omaha Beach, auf dem die Alliierten 1945 landeten, um Frankreich bzw. Europa zu befreien. Überall findet man Gedenktafeln und Museen an dieses Ereignis oder für einzelne tapfere Soldaten, die für die Befreiung ihr Leben lassen mussten. Ich bin sehr dankbar, dass man uns diese Greueltaten hier nicht mehr zur Last legt.
Der Ort selber hat schmucke, normannisch geprägte Häuser, aber auch eine moderne Bebauung. Mir fällt auf, dass die Vegetation hier schon etwas „tropisch“ ist. So wachsen in diversen Vorgärten nicht nur Stechpalmen, sondern sogar Calla.
Pfingstmontag morgens um 6 Uhr (!) klingelt der Wecker, damit wir die Schleusenöffnung um 7.15 Uhr auch ja nicht verpassen. Auf macht sie dann erst um 7.30 Uhr – Seglers Schicksal….
Zunächst sieht der Tag nach wenig Wind aus – das ändert sich ziemlich doll. Wir bekommen Nordwest-Wind im Schnitt mit 5 Beaufort. Das erste Mal in diesen zwei Wochen müssen wir also „hoch ran“ (=> für alle Nichtsegler: das Schiff liegt die ganze Zeit schief, wackelt ordentlich mit jeder Welle und man bekommt viele blaue Flecken) und haben zudem ein blöde Welle, die uns an die Ostsee erinnert. Uns Tagesziel Cherbourg mit der Rundung des Caps von Barfleur wird um 16 Uhr gecancelt. Wir laufen einen kleinen Fischerort namens St. Vaast la Hougue an. Hier fahren wir das erste Mal in unserer Auszeit über ein Sill/Drempel (eine Mauer im Hafentor zumeist unter Wasser, die dafür sorgt, dass bei Niedrigwasser noch genug Wasser für die Boote im Hafen bleibt). Mit 50cm unterm Kiel hätten wir nicht viel eher einlaufen können. Beim abendlichen Spaziergang finden wir: hoch gezogene Gartenmauern (neidische Nachbarn?) und ausgestorbene Straßen. Ob die Franzosen das Pfingstwochenende soooo ausgiebig gefeiert haben, dass sie nun alle rekonvaleszent im Bett liegen? Wir wissen es nicht. Somit gibt es keinen Absacker in einer Bar sondern einen Portwein unter Deck.
Okay, am Dienstag, 17.5. müssen wir wieder um 6 Uhr (wie sonst auch, wenn es zur Arbeit geht) aufstehen, um mit genügend Wasser über dem Drempel rauszukommen. Es ist leicht diesig, aber nicht nebelig. Nach dem gestrigen polterigem Ritt mit ordentlich Salzwasser über Deck haben wir eigentlich schon beschlossen, heute nur nach Cherbourg zu segeln/motoren, da ab Mittwoch, 18.5. jede Menge Tiefs mit ordentlich Wind aus West uns die Passage durch das Race von Alderney nach Guernsey nicht gerade schmackhaft macht. Aber: es bleibt friedlich, zwar Wind aus West, aber nur mit 7-8 Knoten. Wir konferieren mit dem Internet und glauben, dass es heute doch noch klappen könnte. So kommt der „Hebel auf den Tisch“ und mit 11 kn über Grund spülen wir an Cap de la Hague vorbei. Selbst bei diesem doch sehr ruhigem Wetter erkennt man viele komische Wellenbilder und Strudel – nicht auszudenken, hier bei 6 Windstärken aus West und Tide aus Ost raus zu müssen. Wir machen es uns einfach, 3 Meilen segeln wir später noch, stellen aber fest, dass es ziemlich sinnlos ist. Also wird weiter motort. So kommen wir gegen 16.30 Uhr (Ortszeit 15.30 Uhr!) in St. Peter Port aufGuernsey an und dürfen an einem Längsausleger komfortabel festmachen. Die Freude ist groß, es bis heute hierhin geschafft zu haben.
Dann ereignet sich, was man sich als blog-Verfolger anderer Segler erhofft: Nico von der TamTam klopft bei uns an. Wir hatten den ganzen Herbst und Winter lang ihren Blog verfolgt. Nico und Birte befinden sich auf ihrer Heimreise. Am Mittwoch Abend werden die beiden zu uns an Bord eingeladen, damit wir live von ihren Erlebnissen erfahren. Zuvor gilt es jedoch, die Bettwäsche zumachen und etwas aufzuräumen. Ebenso nimmt es Zeit in Anspruch, das WiFi-Netz zu meinem LapTop umzuleiten J . Geduld ist dabei gefragt, aber nicht meine Stärke. Wir denken, dass wir die nächsten Tage auf Guernsey und/oder Jersey etwas verbummeln möchten. Euch allen zu Hause wünschen wir weiterhin schöne Maitage und besseres Segelwetter, als ihr es Pfingsten hattet.
14. - 23.5.2016
3 Tage Guernsey und 1 Tag Sark waren sehr interessant und erholsam. Wir sind auf Guernsey ein wenig gewandert: die Straßen sind wirklich mit Steinmauern eng umfasst, Berichte anderer Reisender können wir somit bestätigen! Es gibt viele schöne Cottages und Manors (größere Anwesen). Ob groß oder klein, fast alle haben einen Namen. Ich würde mir wohl ein Häuschen hier schenken lassen!
Außerdem haben wir einige schöne unterhaltsame Stunden mit Nicole und Birte von der Tamtam verbracht, die mit ihrer Albino Ballad in Camaret sur Mer überwintert haben und nun auf dem Weg nach Hause sind.
Ein highlight für uns war Sark mit dem spektakulärem Übergang 'la Coupee' nach little Sark. Dabei haben wir die freundlicherweise auch für Besucher ausgelegten Mooringtonnen im Nordwesten der Insel nutzen dürfen. Und das erste Mal mit dem Dingi an den Kieselstrand zu fahren , war für uns auch schon Abenteuer! Ebenso der steile Aufstieg durch Gebüsch die ca. 100 m hohe Steilküste hoch... Seebeine sind doch keine Landbeine. Aber die wachsen uns gerade.
Nach einem verregneten Samstag sind wir dann am Sonntag, 22.5.,bei Regenwetter ausgelaufen,um uns endlich ein besonderes Stück Bretagne anzuschauen: Die Cote Granit Rose. Wir hatten gestern das erste Mal richtig tolle Atlantikdünung, dabei raumte der Wind immer mehr von West auf Nordwest und Auriga wurde schneller und schneller. Abends pfiff es denn auch schon mit 5 Beaufort, als wir uns der Küste mit den davorgelagerten Inseln 'Le Sept iles' näherten. Ich bin dabei immer nervös und kontrolliere unten auf der Seekarte unsere Position gefühlt jede Minute, aber die Plotterdaten stimmen und auf Manfred ist sowieso Verlass. Einige 'Tonnen' sind nämlich hier nur Stöcke, ähnlich wie bei uns Pricken, und Farbe haben die auch schon lange nicht mehr gesehen...
Wie auch immer, kurz nachdem wir den Anker zum warten auf genügend Wasser über dem Süll der nur 6m breiten Dock-Schleuse geworfen hatten, konnten wir ihn auch schon wieder hochholen: in nur einer halben Stunde steigt das Wasser hier gut einen Meter! Grundsätzlich beträgt der Tidenhub hier im Durchschnitt 10 Meter ( bei Springzeiten sogar noch mehr ).
Montag morgens aufstehen, wenn man weiß, es geht nicht zur Arbeit, sondern auf eine der schönsten Wanderstrecken hier an der Küste, ist wirklich nett. Wir sind heute ca. 15 km rauf und runter die Hügel gelaufen, haben auch hier unzählig schöne Häuser (die meisten sind wohl nur im Juli und August bewohnt) und spektakuläre Ausblicke auf das Meer bestaunen dürfen. Bilder hierzu gibt es, falls (!)wir denn mal ein stabiles Wlan finden. Ach und als Belohnung haben wir heute zum 1. Mal Galettes (Buchweizencrepes) und bretonisches Bier genossen. Danach waren wir unerklärlicherweise müde und somit froh, einen passenden Bus gefunden zu haben, der uns die ganzen Hügel Rauf und runter zurück gebracht hat.
Morgen geht es weiter mit.... Ostwind (wie für uns bestellt). Allerdings könnte es so langsam mal wärmer werden, selbst an Land ist die kurze Hose noch nicht angesagt.
So long
Eure
Auriga - Crew
24.5. – 29.5.2016
Perros Guerec hat uns äußerst gut gefallen – trotzdem geht die Reise weiter. Ziel für Dienstag, 24.5.2016 ist L’Aber Wrac’h. Zunächst ist flaues Segeln angesagt. Wir baumen (=> Manfred!) aus und ziehen an der Ile de Baz bei Roscoff vorbei. So laaangsam wird der Wind immer mehr, bis es schließlich gute 5-6 Windstärken wurden. Zunächst kommt das Großsegel weg und stattdessen wird die Fock auf der gegenüberliegenden Seite zum Yankee ausgerollt. Mittlerweile haben wir Wind gegen Strom und es baut sich eine ziemlich unangenehme, wilde See auf. Nicht viel später wird der Yankee etwas eingerollt und zuletzt auch die Fock weggenommen, damit wir ohne erneutes Schiften nach backbord zur Ansteuerungstonne von L’Aber Wrac’h segeln können. Das Beste, das allerbeste an diesem Tag war jedoch der erste Besuch einer Delfinschule! Ich konnte bislang die tiefe Freude von Seglern über die „Butenbordskameraden“ grundsätzlich nachvollziehen, aber nicht, wie stark das Gefühl ist. Den ersten Film dieses Besuches kann man nur ohne Ton ertragen!
Auch im Hafen von L’Aber Wrac’h weht es ordentlich, weil keine schützende Steilküste den steifen Ostwind bremst. Ich muss mir heute direkt nach dem Anlegen sofort und auf der Stelle eine Portion Frites (also Pommes) reinziehen… seit 3 Wochen widerstehe ich dieser kalorienreichen Versuchung, sogar auf Guernsey blieb ich tapfer.
Da es auch am Mittwoch, 25.5.2016, ordentlich weht, machen wir einen Ausflug nach Brest mit dem Linienbus und sind unheimlich stolz, uns mit den Fahrplänen korrekt beschäftigt zu haben. Sogar das Umsteigen in Lannilis hat perfekt geklappt und wir sind tatsächlich wieder bei Auriga angekommen.
Die Shopping-Ausbeute in Brest ergab: 1 x Bikini, 1x Zitronenpresse und ein schönes Geschirrtuch (höchst selbst von Manni gewünscht, man mag nun gern über das Motiv rätseln J. Da es aber sein Arbeitsgerät ist, darf er natürlich bestimmen!)
Mittwochabends läuft auch die X 612 „Glücksburg“ vom DHH in L’Aber Wrac’h ein. Die ca. 8 köpfige Crew hatten wir schon tags zuvor vor Roscoff bei sportlichen 5 Beaufort mit Spi segeln gesehen. Sie hatten sich einen halben Tag Roscoff angeschaut und kommen daher erst heute an. Bald schon vollziehen sie wieder ihren Crewwechsel, wie wir erfuhren, segeln die Mitglieder immer etappenweise das Schiff weiter: Die Glücksburg wird ebenfalls die Azoren anlaufen, aber wohl schneller sein als wir.
Und am Donnerstag wird ein weiterer kleiner Traum für unsere Reise wahr: wir können durch die „Passage du Fromeur“ nach Ouessant und vor der kleinen Ortschaft „Lampaul“ an einer Mooringtonne festmachen. Die Passage ist ein sogenanntes Race, wo man mit bis zu 8 Knoten zusätzlichem Strom durchgezogen wird oder gegen anstehen hat (letzteres empfiehlt sich wirklich nicht). Wir „mussten“ motoren („äh, Schatz, das macht doch nix“) und hatten so trotz Flaute und nur leichter Atlantikdünung echt schaukeliges wildes Wasser. Auch die 2 Leuchttürme zur Bucht von Lampaul sind auf zig tausend Postkarten (dann allerdings bei Sturm) verewigt worden. Also für alle Nichtsegler: diese Insel ist mit Freizeitbooten, insbesondere für Segler, nicht leicht zu erreichen. Daher nutzen wir die Gunst der Stunde mit dem ruhigen Wetter und wenig Schwell, in dieser Bucht zu liegen. Sobald das Schiff „festgehäkelt“ ist, üben wir erneut den Landfall mit unserem Dingi. Es gilt mit den an- und zurückrollenden Wellen an der abschüssigen Bahn der Seenotrettung zu landen. Hat gut geklappt. Da unsere „Daisy“ hinten eine Rolle hat, können wir sie ziemlich einfach diese rund 50m lange Rampe hochziehen.
Lampaul wird besichtigt und natürlich mal wieder ein 4 km Fussmarsch zum nordwärts gelegenen Fährhafen „Stiff“ unternommen. Der Hafen ist aber ziemlich hässlich, so geht es (natürlich zu Fuss) den ganzen langen Weg wieder zurück. Manchmal ist Neugier nur lästig…!
Manfred ist immer noch besorgt, dass der Lack auf unserer Holzschanz so langsam immer mehr abblättert und Folgeschäden verursacht. So kommt er auf die glorreiche Idee, die Holz“leiste“ hier in der Buch von Ouessant abzuschleifen und zu lackieren (2 mal!). Und genauso kommt es auch: frühmorgens rumort es schon an Deck, der Morgentau wird sorgfältig abgewischt und die Abklebungen vorgenommen. Ich darf netterweise derweil eine Runde mit Daisy auf Erkundungstour. Früh am Nachmittag ist Manfred wieder zufrieden, der Lack zieht gut an, die Klebestreifen sind entfernt und alle können erleichtert aufatmen (ich stelle mir insgeheim die Frage, was passiert, wenn der Lack nix wird und die Suche nach einer Ersatzdose Lack hier in der Bretagne losgehen soll…. Uff).
Abends gönnen wir uns ein 3 Gänge Menü im Restaurant „Duchesse Anne“ mit einem himmlischen Blick über die Bucht und … auf unser Schiff. Das erste Mal übrigens, dass ich mich schick machen muss und dabei einen trockenen Popo behalten möchte; etwas Logistik ist hier gefordert. Das Essen war wider Erwarten ausgezeichnet und jeden Franc, äh, Euro wert. Ich bin von früheren Restaurantbesuchen in Frankreich etwas vorbelastet, weil ich häufig viel ChiChi und nicht besonders gutes Essen für stolze Preise erlebt habe. Bei der Auswahl der Menüvarianten hat uns neben der „Leo-App“ übrigens eine andere „Gästin“ sehr freundlich und kompetent geholfen. Wie bereits erwähnt, haben wir hier über das uns bekannte Maß hinaus freundliche, hilfsbereite Menschen kennen gelernt. So auch in Morgat, wohin es uns am Samstag, 28.5.2016 hinzog. Da die „Capitainerie“ nur von montags bis freitags besetzt ist, konnten wir weder Hafengeld bezahlen noch Duschen gehen, da uns der Türcode nicht geläufig war. Meine Frage nach diesem Code konnte auch der nette Tauchlehrer (?) nebenan in der dortigen Tauchschule nicht beantworten – lud uns aber kurzerhand ein, doch in der Tauchbasis die gewünschte Körperreinigung vorzunehmen. Merci beaucoup!
Morgat selbst ist in der malerischen Bucht gegenüber von Douarnanez gelegen: 6 Seemeilen lang zog sich die oben stark bewaldete Steilküste, bis in einer Strandbucht die Ortschaft auftauchte. Der Ort selbst ist sehr auf den Strand-, Surf-, Standup-paddling Tourismus einstellt. Wir nutzen in einer Bar bei einem leckeren bretonischen Cidre kurz das Internet, um endlich mal wieder unser Tablet und Smartphone mit den zig App’s zu aktualisieren und vor allem, einen weiteren Monat Internet im Ausland per Prepaid-Guthaben zu buchen. Alles ganz schön kompliziert und manchmal wünscht man sich in die Zeit zurück, wo es das alles nicht gab. Zugegeben sind die Vorteile von Wetter App’s und Social Media zu verführerisch, um darauf zu verzichten.
Am Sontag, 29.5. haben wir dann schon wieder die Leinen losgeworfen. In der gestern vorbeiziehenden Steilküste sind diverse (kleine) Grotten, die wir uns nicht per Ausflugsboot für 19 Euro die Person sondern mit eigenem Dingi anschauen wollen. So sitze ich mit dem Fernglas auf dem Süll und suche die Küstenlinie ab. Bei einer vielversprechenden Stelle, wird der Anker auf 10 m Tiefe fallengelassen, das Dinghi mit Motor ausgerüstet und wir beide machen unsere Privatexkursion. Den auf Französisch gehaltenen Erklärungen hätten wir ohnehin nicht folgen können. Die Grotten selbst sind nicht sehr groß – in dreien konnten wir gerade mal so mit dem kleinen Dinghi reinfahren und wenden. Einige brütende Kormorane beschwerten sich über die sonntägliche Ruhestörung mit unserem 2-Takter.
Aber hier wollen wir nicht bleiben – ruhiges Wetter, die Strömungsvorhersage für das sagenumwobene (und von mir gefürchtete) Raz de Seine war günstig. Also geht es mal mit Segeln und schlussendlich mit Motorkraft durch diese berüchtigte Meeresenge. Wir haben zu dem Zeitpunkt unserer Passage nur 2-3 kn Strom mit.
Spät am Nachmittag suchen wir das Mooringfeld westlich von Audierne auf und machen wie jedes Mal einen Erkundungsgang an Land. Verlaufen gehört dabei zu einer der geringeren Herausforderungen und ist dank GoogleMaps auch schnell wieder vergessen.
Ahoi & fair Winds euch allen!
Auriga
Manfred + Ute
30.5. – 4.6.2016
Montag Vormittag fahren wir mit dem ersten Schwung Flut in den Flusslauf des nahebei gelegenen Städtchens Audierne ein. Dies ist eine schöne kleine Stadt, in der wir heute Wäsche waschen und frische Lebensmittel einkaufen wollen. Und genau so geschieht es auch. Dafür vergeht locker ein halber Tag. Die Wäsche wird an Bord aufgehängt und darf in den frischen Böen, die den Fluss runterfegen, trocknen. Das macht sie auch brav, so dass wir abends alles wieder einsammeln und zusammenlegen können. Nur 2 Paar Socken von mir haben die Scheidung eingereicht – sie werden ja sehen, wie teuer die Unterhaltszahlungen für die verbliebenen Einzelstücke an Bord sind. Abends finden wir eine vereinsamte Kneipe (Au bord de la mér), die uns mit ihrem freien WiFi Angebot sehr zusagt. Mit dem Wirt sind wir uns auch schnell einig: wir laden unsere Fotos hoch und er schaut derweil das Freundschaftsspiel Frankreich gegen Kamerun weiter, ohne von uns groß mit Bestellungen behelligt zu werden. Das Arrangement ist für beide Seiten sehr zufriedenstellend – gelegentlich bekommen wir sogar noch den aktuellen Spielstand zugerufen.
Am Dienstag geht die Segelei schon weiter – nur 36 sm sind vorbei am Point de Penmarc’h und dem beindruckenden Leuchtturm „Eckmühl“ quasi um die Ecke nach Benodet. Der Wind kommt auch so langsam in Fahrt – mit NW 5 müssen wir die letzte Stunde bis zur Flußmündung „L’Odet“ noch hoch ran. Hatten wir uns bei den anfänglich achterlichen Winden noch recht luftig angezogen, müssen wir uns für die letzten Meilen doch wieder „anplünnern“. Eigentlich hatten wir hier auf mehr sommerliche Temperaturen gehofft, aber der beständige Wind aus Nord mit Tendenzen aus West oder Ost vertreibt wohl die Wärme auf’s Meer. Den Delfinen macht die Kälte nichts, schon wieder haben wir in der Bucht von Audierne Besuch von ca. 10 springenden Flippern. Herrlich kann ich nur sagen!
Benodet selber ist eher ein ganz normaler Badeort, vielleicht vergleichbar mit Laboe (?). Der Strand mit dem klaren, türkisfarbenem Wasser und der leichten Atlantikdünung macht den Vergleich jedoch schnell zunichte – der Sandstrand ist eindeutig schöner. Wie immer bummeln wir durch den Ort, nachdem die freundliche Hafenmeisterin uns unser Liegegeld abgenommen und uns die Codes für den Stegzugang und Toiletten gegeben hat. Abends gibt es dann leckeren Blumenkohl, mit Speckwürfeln in holländischer Mehlschwitze.
Am Mittwoch, 1.6.2016 holen wir das erste Mal in diesen Wochen unsere Klappfahrräder raus. Die Landschaft erscheint nur gering hügelig, so dass wir uns einen kleinen Ausflug zutrauen. Leider haben wir nur eine sehr grobe Karte zum Wandern aus dem Hafenbüro mit und wir radeln den einen oder anderen Hügel vergebens nach einem schönen Ausblick rauf. Auch das sogenannte „Mer blanche“, eine lagunenartige Einbuchtung an der Küste mit einer flachen 2km langen Düne, war doch ziemlich wenig „weiß“ oder anderweitig beeindruckend. Dafür schmeckt der/das flambierte Crepe mit Vanille-Eis, Schokoladencreme um so besser, desto mehr die Oberschenkel zum Schluß brannten.
Concarneau - auch eine der Hochburgen französischer Segeltradition heißt das Ziel für Donnerstag, 2.6.2016. Der Himmel ist leider wie gestern grau und viele Fotos machen wir daher nicht.
Die Altstadt ist berühmt und wir besuchen diese selbstverständlich. Manfred zieht dann allerdings schnell in das kleine maritime Museum und ich besuche in aller Ruhe die vielen Souvenir-Läden und Boutiquen. Während wir anschließend noch an der Küste entlangbummeln und auch einen Zeh ins Wasser stecken (brrh, immer noch zu kalt), beobachten wir die ganze Zeit die Replik eines hiesigen Sardinen-Kutters, der in der Bucht hin- und hersegelt. Alles an Segeln ist gesetzt und bietet einen schönen Anblick. Als wir abends dann zurück auf unseren Steg gehen, spreche ich den Skipper an und verteile aufrichtige Komplimente für das schöne Schiff. Umgehend habe ich ein bretonisches Bier in der Hand und auch Manfred gesellt sich zu uns. Wie sich herausstellt, macht der Skipper (namens Pascal) Ausbildungsfahrten mit der Crew, die zumeist alle selbst Segler, jedoch mit der traditionellen Art des Segelns nicht so vertraut sind. Aus diesem netten Gespräch ergibt sich eine Einladung von Pascal, uns mit zu sich nach Hause zu nehmen. Wir wollten zwar eigentlich gleich Essen gehen, aber eine Stulle tut’s denn auch mal. Pascal holt uns mit seinem Auto ab und seine ebenso nette Frau Ruth öffnet die Tür zu ihrem schmucken Anwesen. Wir verplaudern den Abend bei Wein und Bier und werden anschließend sogar wieder zu Auriga zurück gefahren. Da Ruth aus Deutschland ist, Pascal ein verständiges (für unsere Ohren lustiges) Englisch spricht, ist die Verständigung auf Englisch, Französisch und Deutsch bunt – wir erfahren viel über das spannende Leben der beiden, die nun in Rente sind. Von Ruth erhalte ich den Tipp, den Wochenmarkt am Freitag nicht zu verpassen.
Leicht müde um die Augen besuchen wir Freitag Morgen um 9 Uhr den in unmittelbarer Hafennähe aufgebauten Wochenmarkt und die hübsche Markthalle. Leckere Sachen wandern in unseren Rucksack und die Kunst der Selbstbeherrschung ist hier besonders gefordert. Ebenso folgen wir dem Tipp von Ruth und Pascal, ja nicht das Archipel von Glenan „rechts“ liegen zu lassen. Zwar ist die hochnebelartige Bewölkung auch heute noch vorhanden und nur 5-7kn Wind, aber wir machen uns gern auf die ca. 10sm, um diese flache Inselwelt zu besuchen. Auriga macht beim Kurs „halber Wind“ immer noch 3-4 kn Fahrt, was uns immer wieder erstaunt. Noch mehr erstaunt uns die 2stündige Begleitung von 7 Delfinen, die nicht müde werden, unser Schiff zu durchtauchen und sich von der kleinen Bugwelle beim Einsetzen in die Welle „massieren“ zu lassen. Höchstwahrscheinlich – so mutmaßen wir – sind das alles Delfingeschwister und deren Freunde, die ihrer Mutter ausgebüxt sind und beim Heimkommen ordentlich Schimpfe und Hausarrest kriegen, hmh?!
Als das Wasser denn flacher wird, verlässt uns die verspielte Bande und wir sind mit der Navigation durch das flache Sand- und Felsenlabyrinth gut beschäftigt. Sobald wir uns für einen Ankerplatz entschieden haben, geht’s mit dem Dingi an den Strand der Mini-Insel Penfret. Hier hat nur eine flächeneinnehmende Segel- und Surfschule ihren Platz – weitere Bewohner sind nur die unzähligen Kaninchen und Möwen. Diese Inselwelt muss bei Sonnenschein ein Traum sein, da der Boden aus Sand besteht und kaum mehr als 5 m Wassertiefe hat. Schade auch, dass wir zwar ruhiges Wetter aber eben keine „Beleuchtung“ haben. Sollten wir noch mal wieder in dieser Gegend sein, werden wir die Glenans bestimmt wieder besuchen.
Auch am Samstag, 4.5.2016 ist der zähe Hochnebel nicht gewichen. Kein Wunder, wir haben ja auch keinen Wind. Uns zieht es heute denn doch weiter zu r „Belle Ile“. So motoren wir bei ziemlicher Kälte die 40 sm und kommen endlich mal dazu (haha) in Ruhe unsere Bücher zu lesen. Selbstverständlich halten wir dabei regelmäßig Ausschau nach Fischertonnen, Fischerbooten oder …. Delfinen!
Wir freuen über Eure Begleitung!
Auriga
Manfred + Ute
Um 16 Uhr kommen wir in dem pittoresken und quirligen Hafen „Le Palais“ auf der Belle Ile an. Unterhalb der beeindruckenden Festung des französischen Feldherrn Vauban befindet sich eine kleine, schnuckelige „ecluse“, die sich unversehens für uns öffnet. Gemeint ist damit eine Fußgängerbrücke, die ähnlich wie in Holland funktioniert. Wir werden vom Hafenmeister in seinem Dinghi längsseits an die Stadtpier dirigiert und bugsiert (wie im Mittelmeer meist üblich hat sich diese Sitte hier wohl auch eingeschlichen). Im Laufe der nächsten 2 Tage sehen wir dann, dass es bei den vielen einlaufenden Schiffen und der Enge des Hafens doch häufig auch notwendig ist.
Zügig haben wir bei der freundlichen Hafenmeisterin bezahlt und uns alle notwendigen Informationen besorgt. Wir bummeln durch die wirklich schöne und historisch anmutende Innenstadt. Auch hier hat noch so manches Geschäft mit dem Hinweis auf die Hauptsaison im Juli und August geschlossen. In einer Fotogalerie sehen wir ein tolles, gerahmtes Fotobild, welches sich sehr gut an unserem Hauptschott im Schiff machen würde. Das ganz Große kostet jedoch inkl. Rahmen rund 1.000 Euro und das kleinere für nur 78 Euro ist denn wieder zu klein, um noch zu wirken. Die Suche geht also weiter.
Der Sonntag, 5.6. weckt uns mit herrlichem Sonnenschein. Schnell wird gefrühstückt und dann leihen wir uns tatsächlich Fahrräder mit Elektro-Unterstützung aus (neue Wortfindung meinerseits: „avec accelerateur“). Wie uns die Dame im Touristenbüro nämlich abends zuvor versicherte, ist die Insel sehr hügelig. Sie hatte recht! Mit unseren kleinen 6-Gang Klapprädern wäre ich spätestens nach 3 km umgedreht. Und Manfred, der zunächst ein normales Fahrrad ausleihen wollte und sich schlussendlich von mir überreden ließ (reiner Eigennutz, sonst hätte ich ja auf jeder Anhöhe auf ihn warten müssen „haha“) hat die Akkuunterstützung denn am häufigsten eingesetzt. 100 km sollte die Reichweite sein, dass wollte er denn auch ausnutzen, obwohl das Aufladen der Akkus doch mit französischem Atomstrom von statten geht. Tja, so schnell kann man seine Überzeugung vergessen….
Wir folgen dem ausgeschilderten Rundweg nach Norden zum nächsten kleinen Hafen „Sauzon“. Die Inselränder sind schluchtenreich, wild verwuchert und zum Teil bewaldet. Eine herrliche Wildnis, wenn man von den zumeist asphaltierten Wegen absieht. Je länger wir fahren, umso begeisterter sind wir von der Landschaft und von unseren tollen Elektro-Fahrrädern. Dabei scheint die Sonne und die Bienen und Hummeln summen in den Wildwiesen. Gegen Mittag kommen wir in Sauzon an und sind von diesem schnuckeligen Ort auch total begeistert. Daher gibt es direkt am Hafen einen Kaffee und wir fahren frisch gestärkt weiter zum Anwesen der berühmten Schauspielerin Sarah Bernhard. Dass die gute Frau einen kleinen Spleen hatte, sieht man beim Anblick ihres „Forts“. Es steht so exponiert an der hohen und zerklüfteten Steilküste im Norden, dass zur damaligen Zeit das Hinkommen recht mühsam gewesen sein muss. Sie hat dann wenige Jahre später ein 2. Haus bauen lassen, welches etwas geschützter und leichter zu erreichen war.
Nachmittags erholen wir uns an dem großen Strand „Donnet“. Hier donnern die Wellen selbst bei Niedrigwasser auf den Sand, so dass die Wellenreiter/innen sich berufen fühlen, sich immer wieder in die Fluten zu stürzen. Wir stellen uns nur kurz in das saukalte Wasser rein und legen uns anschließend schön in die Sonne :-)
Weiter geht die Radfahrt zum westlichsten Punkt der Insel. Auch hier gigantische Felsen, Schluchten und Steilküste. Die lange Anna von Helgoland wäre hier ziemlich albern anzusehen zwischen all‘ den Felsnadeln, die es hier so gibt.
Erst gegen 18 Uhr kommen wir wieder zurück und sind erledigt. Geschätzte 40 km sind wir geradelt und der Akku hat sogar bei Manfreds Ausnutzung super durchgehalten. Anstrengend war es trotzdem. Die „Belle Ile“ trägt ihren Namen zu Recht, so befinden wir!
Abends gehen wir in eine Kneipe mit Wi-Fi und schauen uns den Wetterbericht der kommenden Tage an. Hier fällt der Entschluss, am Dienstag die französische Küste zu verlassen und bei (noch) ruhigem Wetter die Biskaya zu überqueren. Zwar dauert die 400 sm lange Überfahrt etwas länger bei wenig Wind, eine ruhige Überfahrt ohne Starkwind ist uns der „Preis“ wert.
In Le Palais wird am Montagmorgen frisch eingekauft, Wasser gebunkert und ich bereite Gulasch im Schnellkochtopf vor. Der Rest des Tages wird mit einer Busfahrt in den Süden und zum „Grand Sables“ (Großer Sandstrand) vertrödelt. In südlichsten Ort der Insel namens Locmaria steht nur eine Wallfahrtskapelle, die uns jedoch nicht wirklich begeistert. Gut, dass wir mit dem Fahrrad den Norden abgeradelt haben. Was jedoch noch aussteht, ist eine Wanderung an der Küste entlang. Das nutzen hier zu dieser Jahreszeit schon viele Wanderer. Der Küstenwanderweg muss fantastisch sein und bietet uns Vorsätze für das nächste Mal – hoffentlich nicht in allzu weiter Ferne.
So und dann ist der Tag gekommen: am Dienstag, 7.6. um 7.30 Uhr laufen wir aus. Mit frischem Baguette und Rosinenschnecken versorgt, geht es raus auf See – jetzt in „Echt“, da wir ja bislang nur Küstensegelei betrieben haben. Manfred hat dieses Wetterfenster ausgesucht und ich muss sagen, er hat seine Wahl gut getroffen. Bis auf eine Nacht mit Regenschauern und gelegentlichen, kleinen Böen verläuft die Überfahrt ohne besondere Vorkommnisse. Knapp 4 Tage und 3 Nächte wird die Überquerung dauern, die ihr hier in der Kurzfassung berichtet bekommt.
Besuch und Wacheinteilung:
Wir werden sehr häufig von Delfinen besucht – sogar einmal nachts ziehen diese wendigen Tiere ihre Leuchtspur vor unserem Bug durchs Wasser – magische Momente selbst für Nichtromantiker! Meine Wache beginnt nach dem Abendessen so zwischen 18 und 19 Uhr und gegen Mitternacht wecke ich Manfred mit frisch aufgebrühtem Kaffee. Dann sitzt er ganz allein im Cockpit und muss auf uns aufpassen. So gegen 5 Uhr werde ich dann wieder rausgerufen. Mit einem „echten“ Sonnenaufgang sind diese Morgenstunden trotz der Müdigkeit recht schön. Wenn der Himmel jedoch bewölkt ist, ist meine Laune eine ganz andere…!
Tagsüber vertrödeln wir die Zeit mit Lesen und dem Ratespiel „black stories „ (Tolles Geschenk, liebe Gaby!). Sogar zum Staubsaugen und Messingputzen finden wir die Lust und die Gelegenheit, als wir mal etwas ruhigen Seegang haben. Für einige unserer Leser mag das merkwürdig anmuten, aber man hat tagsüber ja auch mal Langeweile und im Schiff sind die Haar- und Wollmäuse sehr fleißig dabei, sich zu vermehren. So nutzt man eben die Zeit auf See, statt diese ungeliebten Aufgaben im Hafen zu erledigen, wo man dann vielleicht viel lieber Bummeln und Kaffeetrinken geht.
Die Nächte – immer eine Herausforderung:
Ich komme noch nicht so gut mit dem wenigen und schaukeligem Schlaf klar und hole diesen dann tagsüber nach, während Manfred mit seinem Schlaf ab 19 bis 0 Uhr und dann von 6 – 10 Uhr sehr gut auskommt. Am blödesten für den Einschlafversuch ist die Rollerei bei Dünung, wenn zu wenig Wind die Segel füllen kann. Aber mit unseren Kojen im Salon, die beide ein Leesegel haben, ist es auszuhalten. Und wie mir alle voraussagten, die bereits eine längere Seereise gemacht haben, in der 3. Nacht klappt es auch … mit dem Schlafen. Die Nächte sind übrigens pickenpackendunkel – der Mond ist momentan nur eine kleine Sichel und geht recht schnell wieder schlafen. Hin und wieder haben wir Nebelfelder und während man so ins Nichts starrt, sind die bekannten Gruselfilme (mein schlimmster Film war „The Fog“!) doch wieder recht präsent. Zum Glück hilft da das Radar weiter – allerdings spare ich mir hier das Tuten, weil alle anderen Schiffe lt. AIS mindestens 10 sm weit weg sind.
Segel- und Motorvergnügen:
Die Tage vergehen abwechselnd mit Motoren (bäh) und Leichtwindsegeln. Wir sind bass erstaunt und das immer wieder, mit wie wenig Wind dieses doch recht schwere Schiff sich vorwärts bewegt. Alles über 3 kn Geschwindigkeit ist auch für den Autopiloten noch gut steuerbar. Darunter wird’s dann schwierig und auch die Segel ballern, knallen und schlackern im Seegang. Seegang ist auch ein Stichwort: für mich eine absolute Premiere, 2-3 m hohe langgezogene Dünung bei wenig bis gar keinem Wind sind echt beeindruckend. Wie mag das es noch weiter draußen auf dem Atlantik sein?!
Ola – Spanien:
Als besonders schön werde ich den ersten Anblick der spanischen Nordküste in Erinnerung behalten. Wenn es in Frankreich schon hohe Felsen gab, so kann man von dieser Gegend mit Fug und Recht behaupten, dass es sich hier um Gebirgszüge handelt. Der Seegang beim berüchtigten „Cap Finisterre“ ist allerdings fürchterlich, sogar bei nur 2-3 Windstärken. Auf den letzten Seemeilen bis zum geschützten und bei allen Wettern anzulaufenden Hafen „Muros“ wird es denn doch noch richtig sportlich mit 5 Windstärken und ziemlich konfuser See. Aber Manfred meistert auch das letzte Seestück souverän, während ich mit Kopfschmerzen unten im Salon liege.
In der Marina von Muros werden wir von „Pedros“ in Empfang genommen. Ein Hafenmeister, wie man ihn sich wünscht. Einer der wenigen, der wirklich weiß, wie man mit Leinen umgeht, spricht fließend Englisch und hat dabei jede Menge Schalk im Nacken. Trotzdem vermittelt er uns zügig und vollständig die für uns wichtigen Informationen. Insbesondere die Formalitäten werden hier in Spanien wohl noch recht ernst genommen. Sämtliche Schiffpapiere und Personalien sind mitzuteilen – nicht nur dem Hafenmeister, auch die zwei Zöllner, die unvermittelt auf dem Steg stehen, wollen diese Informationen von uns wissen. Uff, aber es geht recht zügig und ohne Durchsuchung vonstatten. Bemerkenswert finde ich, dass nur einer der beiden Zöllner ein Basis-Englisch spricht und versteht.
Nachdem wir also alle Formalitäten erledigt und die tolle Dusche hier genossen haben, suchen wir eine Tapas-Bar. Wie uns Pedro prophezeite, spricht hier in Galizien keiner der Einheimischen Englisch oder versteht selbiges. Das wird lustig. Wir finden in der kleinen, verwinkelten Innenstadt ein Lokal und lassen uns mit Händen und Grimassen erklären, was das da alles zu bedeuten hat auf der Speisekarte. Die Hälfte der Tapas fällt schon mal raus, weil es sich um Muscheln, Tintenfisch und Gambas handelt – alles nicht unser Ding. So bleibt uns nur, Tortilla (Rührei mit Kartoffelscheiben!), Kroketten, Fleischspieß und Chorizowurst, gereicht mit leckerem Weißbrot zu bestellen. Wir probieren alles und finden es genießbar.
Dann lernen wir noch den Einhandsegler Hans kennen, der es seit Mai 2016 mit seinem Boot „Snowball“ 3 Monate bis in die nächstgelegene Bucht „Arosa“ geschafft hat und sich morgen mit Südwind auf den Heimweg macht. Er hat zumindest einen Spanischkurs belegt und hilft uns ein wenig bei der Bestellung und anschließenden Bezahlung. Die ältere Spanierin, die uns bedient, ist zum Glück auch eine der mütterlichen Sorte und findet uns lustig. So wird Manfred sogar genötigt, den Rest Tortilla mitzunehmen, weil er anscheinend so unterernährt daher kommt (kann mir nicht passieren „lach“).
Samstag, 11.6.2016 und wir können ausschlafen! Toll. Bei Sonnenschein frühstücken wir in aller Ruhe und beobachten, wie ein ebenfalls gestern eingelaufenes holländisches Eignerpaar schon seine Wäsche aufhängt. Hmh, die haben wohl einen besseren Wetterbericht als wir, denke ich mir so. Und sie sollten Recht behalten. Wir müssen unsere Wäsche nach 2 Wochen auch mal wieder durchspülen und trotz Trockner (die nie richtig dolle funktionieren), geht die Challenge mit dem Wäschetrocknen in die nächste Runde. Nur, heute verlieren wir. Zum Glück halten die Ikea-Tüten dicht und wir warten, bis es wieder trocken wird. So what – wa?
Zwischen den Waschgängen wandeln wir durch das verwinkelte Muros, bewundern die vielen echt romanischen Kapellen und Kirchen (etwas) und finden in einer Pastelaria richtige Kalorienbomben. Läcka – wie der Schwede sagen würde.
Morgen zockeln wir dann in aller Ruhe weiter die spanische Küste mit den vielen, an Norwegen erinnernde Fjorde, runter. Dabei wird das Wetter in den kommenden Tagen nicht sooo schön sein. Trotzdem genießen wir das spanische Ambiente, die vielen freundlichen Menschen auf der Straße und die prächtigen Ausblicke hier.
Bleibt bei uns auf unserer Reise - wir freuen uns auf Eure Kommentare!
Hasta luego (oder so)
Auriga
Manfred + Ute
PS.: Ein ganz herzliches Danke Schön an alle bisherigen Kommentatoren. Das Antworten auf jeden einzelnen Beitrag ist nicht so einfach (Internet), aber wir freuen uns über jede Resonanz!
Und es wurde schlecht, das Wetter! Sonntag legen wir in Muros ab und erleben einer der ekeligsten Seestrecken der vergangenen 6 Wochen. Nieselregen, keine Sicht auf irgendetwas und zunehmend SW 4-5. Wir sind nur 34sm in die nächsten „Bucht“ bzw. dem nächsten Flußlauf, dem Ria Arousa in Ribeira gesegelt. Es dauert einen sehr, wenn man weiß, wie schön diese Küste und die Flußeinschnitte bei Sonnenschein sein müssen. Es ist sooooo ungerecht… hilft aber nichts. Der Hafen von Ribeira wie auch die Ortschaft kann man getrost vergessen. Viele, viele Fischtrawler, Fischgestank und die entsprechenden Fabriken bestimmen das Hafenbild. Im Ort selbst zum Teil völlig verkommene und zu ihrer Zeit einmal wunderschöne Häuser neben billigst und hässlich gebauten Hochhäusern. Zugegeben, bei Sonnenschein wäre es sicherlich erträglicher. Als ich aber noch mit ansehen muss, wie eine Möwe eine Taube mit Ihrem Schnabel in den Nacken schlägt und sie sodann zerrupft, ist bei mir die Laune auf einem echten Tiefpunkt angekommen. Wir essen an diesem Abend vegetarisch: Nudeln in der Pfanne mit Ei gebraten und ordentlich Ketchup! Das war zu meinen Studienzeiten das günstigste und sättigenste Essen und selbst Manfred ist davon zu begeistern.
Gut, dass wir noch kurz vor der Abreise einige DVD’s besorgt hatten: an diesem Abend kommt „House of Cards“ zur Geltung. Der Wetterbericht sagt für die kommende Woche auch hier in Galizien viel Regen und Wind voraus…. Wird es so eintreffen?
Montagvormittag am 13.6.2016 ist das Wetter und vor allem die Sicht auf diese bestimmt wunderschönen Berge (andere würden sagen hohe Hügel :-) ) immer noch nicht gegeben. Wir legen trotzdem ab, um diesem tristen Ort gegen Vilagarcia de Arousa zu tauschen. Dieser liegt nur 10 sm südlich in derselben Ria und bietet ein komplett anderes Ambiente. Eine schöne Uferpromenade, ein schickes Hafengebäude und eine interessante, geschichtsträchtige Innenstadt bei immer sonnigerem Wetter zaubern uns an diesem Tag wieder ein Lächeln ins Gesicht. Wir machen die Klappräder klar und folgen dem ausgeschilderten historischen Weg zu einigen hübschen Parks und alten Kirchen. Dann geht es die Uferpromenade bei Sonnenschein und mit Rückenwind entlang nach Carril. Der Rückweg führt uns durch „Weinberge“ zurück.
Zwischen all‘ unseren Aktivitäten versucht Manfred, im Internet die Erlaubnis für einige Naturparks – zumeist vorgelagerte Inselgruppen – zu erhalten. Nicht nur eine Segel-, nein auch eine Ankererlaubnis muss man sich durch Passworteingaben und diverse Online-Formulare durch erarbeiten. Bisher haben wir die Segelerlaubnis in der Tasche, nun fehlt natürlich noch die Permission zu ankern. Mal schauen, ob das klappt.
Den Montagabend verbringen wir mit einem englischen Eignerpaar einer großen Jeaneau namens „Prettiest Star“ und deren frisch eingetroffene (erwachsene) Söhne in einer gemütlichen Tapas-Bar. Zum Glück spricht einer der Söhne fließend Spanisch und wir können uns aus der reichhaltigen Speisekarte wirklich die Sachen auswählen, die wir mögen. Jeder darf vom Gericht des Anderen probieren und nebenbei unterhalten wir uns über die anstehende Volksentscheidung zum Brexit, Flüchtlingspolitik in Europa und ähnlich schwierigen Themen. Um es vorweg zu nehmen: der Abend endet friedlich! Ich habe mir allerdings vorgenommen, mein Englisch mal etwas aufzubessern und Spanisch könnte ich auch zumindest als Basic lernen. Tolle Vorsätze für den Winter?
Dienstagmorgen erleben wir dann die angekündigte Schlechtwetter-Front. Es regnet heftig alle Nase lang und der einlaufende Schwell in den Hafen lässt sogar Auriga schaukeln. So verbringen wir den Vormittag mit einer kleinen Shopping-Tour in der Innenstadt. Eines war für uns aber auch neu: sämtliche Geschäfte machen von 14 bis 17 Uhr dicht. Selbst die meisten Supermärkte haben geschlossen. In südlichen Ländern habe ich dafür ja durchaus Verständnis aber hier im Norden, wo es momentan eher wie in Hamburg schüttet?! Nun denn, wir passen uns einfach mal an und machen auch eine Siesta am Nachmittag. Der Abend wird bei prasselndem Regen auf den Fensterluken mit Decke unter Deck am LapTop verbracht.
Santiago de Compostela lautet das Ziel vom 15.Juni. Es regnet und weht noch mehr als gestern, so dass wir den Hafentag für dieses Weltkulturerbe nutzen möchten, obwohl wir für die damit verbundene Religiösität und dem katholischen Goldlametta eigentlich nicht viel übrig haben. Aber wenn der Zug von Vilagarcia de Arousa bis Santiago nur 20 Minuten braucht, sollte man sich diesen Ort wohl nicht entgehen lassen. Viel ist schon darüber erzählt und geschrieben worden und viele sind begeistert. Um es kurz zu machen: wir nicht. Sicherlich hängt es auch mit dem garstigen Wetter zusammen und damit, dass wir uns nicht warm genug angezogen hatten. Nichts desto trotz, wir waren da und werden den Besuch nicht wiederholen…auch wenn die Altstadt außerhalb der Souvenirläden ganz nett ist.
Zurück an Bord gibt es erst einmal eine Kanne voll „Zimt-Zicken“ Tee vom Cafe Sünnschien aus Kollmar. Mein Retter in jeder Lebenslage! Danach fühlen wir uns im Stande, sogar noch zu staubsaugen und Wasser zu bunkern. Ach und als Abendessen gibt es Frikadellen mit Kartoffel-Pü und selbst gepuhlten Erbsen. Nun ist die Welt (nicht aber das Wetter) wieder in Ordnung.
22. - 28.6.2016
Unsere Neugier treibt uns weiter, obwohl Bayona sicher noch ein bis zwei Hafentage mehr verdient hätte. Wir wollen nach Portugal, genauer nach Viano do Castelo. Wie der Name schon sagt, beherrscht eine große Burg auf einem hohen Hügel die zum Teil sehr gut erhaltene und mit engen Gassen versehene Altstadt. 30 Seemeilen sind es, die wir mal motoren und mal segeln, bis es kurz vor der Flußmündung des Ria Lima, an dem Viana do Castelo mal gebaut wurde, wie blöd anfängt zu wehen. 5-6 Windstärken wie aus dem Nichts. Zusammen mit der für Portugals Häfen in den sehr engen Flussmündungen, die häufig bei hohem Seegang (aber was heißt schon hoch, wo fängt der an?!) nicht anzulaufen sind, macht mich die Situation so nervös, dass wir das Niedergangsschott einsetzen und alles aus dem Cockpit entfernen, was nicht niet- und nagelfest ist. Dies erweist sich zum Glück als überflüssig, die Nordmole reicht weit genug ins Meer rein und es ist ein sanfter Anstieg der Wassertiefe zu verzeichnen. Trotzdem: Vorsicht ist an dieser Küste geboten, haben doch schon viele Segler ihr Schiff und zum Teil auch ihr Leben bei der Einfahrt in die Hafenmündungen verloren.
Wir legen direkt im Fluß Ria an, da der Hafen bereits belegt ist, unter anderem auch von PRETTIEST STAR.
Der Bummel durch die Stadt entlockt mir Rufe des Entzückens. Wirklich schön ist es hier und lässt eine Ahnung aufkommen, wie die Fischerstädtchen früher einmal ausgesehen haben müssen. Selbstverständlich werden diese Städte von modernen Schnellstraßen, Hochhäusern und den üblichen Vorstadtsiedlungen umzingelt. Die Innenstadt mir ihren vielen, äußerst barock ausgeschmückten Kirchen, den vielen Kacheln an den Hauswänden (auch Azulejos genannt) begeistern uns. Ebenso haben wir den Eindruck, dass die portugiesische Küche uns besser zusagt, als die doch ziemlich fettigen Tapas. Trotzdem gibt es diesen Abend seit langem erst mal wieder Bratkartoffeln mit Spiegelei, während nebenan beim Public viewing ordentlich für die portugiesische Nationalmannschaft mitgefiebert (und später auch gefeiert) wird.
Der Donnerstag ist nebel- und nieselverhangen. Trotzdem heißt die Challenge: Wäsche waschen und trocken kriegen. Wir hängen die ohnehin noch ziemlich nasse Wäsche auf und hoffen, dass der Nieselregen von der Sonne besiegt wird. Dann macht sich Manfred auf, die 1955 gebaute „Gil Eannes“, ein Hospitalschiff für die portugiesischen Kabeljaufischer im Eismeer zu besichtigen. Ich bummele derweil allein durch die engen Gassen und gönne mir den superleckeren hiesigen Kaffee mit Milch (Suchtfaktor 9 auf der nach oben offenen Suchtskala!).
Dann beschließen wir, den nunmehr doch noch sonnigen Spätnachmittag für eine Fahrradtour entlang des Flusses zu nutzen. Die Wäsche flattert auch alleine im Wind und schnell sind die kleinen Fahrräder aus der Backskiste geholt. Nur leider haben wir keine Karte und wissen somit nicht, dass der im Reiseführer angepriesene Fahrradweg entlang des Flusses wohl erst erheblich weiter flussaufwärts startet. Wir strampeln uns (mal wieder) die Beinmuskeln heiß und fahren nur durch einige Vorstadtorte. Bald siegt dann sogar unsere Einsicht über unseren Dickkopf und wir kehren um. Es sei allen Nachahmern nicht geraten, an der Hauptstraße entlang mit dem Fahrrad zu fahren… lebensgefährliche Überholmanöver treiben mir einige Male den Schweiß auf die Stirn. Selbigen können wir dann am Nordstrand von Viana bei Eistee und Kuchen trocknen lassen. Es gibt eben Touren, die nur im Nachhinein einen gewissen Erinnerungswert erhalten…
Freitag segeln wir tatsächlich mit getrockneter Wäsche weiter: Póvao de Varzim soll auch ganz nett und gut anzulaufen sein, so versichert man es uns im Hafenbüro von Viana. Grundsätzlich weht an dieser Küste mindestens ab mittags ein strammer Wind aus Nord – mindestens mit 4 Windstärken, 6 sind aber auch normal. Hinzu kommt die durchaus beachtliche und nahe an der Küste auch konfuse Dünung. Heute sind es denn mal 2 m. Ich gebe zu, mir haben die Rias in Nordspanien besser gefallen, Tapas hin oder her!
Dieses Mal erreichen wir eine halbe Stunde vor Ankunft der Hafeneinfahrt das Hafenmeisteramt bzw. die Hafenmeisterin, die uns versichert, dass die Einfahrt heute ganz normal möglich ist. Das tut insbesondere mir ganz gut. Póvoa de Varzim an und legen ein flottes Anlegemanöver gegen den Wind hin. Lediglich die Fender wollen immer wieder nach oben wegflutschen. Aber das regelt man denn eben zwischendurch. Hier in diesem Ort wird der Sao Joao tagelang gefeiert. Ich glaube, bei uns heißt der Tag Johannistag und dauert auch nur einen Tag. Hier werden alle Fenster geschmückt und aus vielen (!) Lautsprechern der Stadt erklingen traditionelle Weisen. Dieser Ort ist gänzlich anders als Viana – mehr ein Badeort mit Promenade, Casino und einer schicken Fußgängerzone. Auch positiv fällt auf, dass die Portugiesen die für uns ungewohnte Siesta von 14 bis 17 Uhr nicht kennen. Hier kann man ganz wie in Deutschland auch einkaufen oder eine Kleinigkeit essen gehen, ohne wie in Spanien dauernd auf die Uhr schauen zu müssen.
Abends geschieht dann endlich das Unfassbare: wir grillen! Seit Wochen fasele ich Manfred die Ohren voll, dass ich gerne mal wieder grillen möchte und habe vorsorglich fertig marinierte und vorgekochte Rippchen (seit geraumer Zeit) im Kühlschrank. Hier finden wir die Gelegenheit. Zugegeben ist der Ausblick auf diverse aufgebockte und zum Teil aufgegebene Schiffe nicht atemberaubend, aber die Sonne kann auch hier ungehindert ins Meer plumpsen. Dann schauen auch noch David und Gill um die Ecke mit einer Flasche Portwein und der Abend kann beginnen. Da es recht bald kühl wird, verziehen wir uns an Bord von AURIGA. Bei Kerzenschein und Portwein lässt sich herrlich plaudern.
Am Samstag, 25.6.2016 steht der Besuch der Stadt Porto am Fluss Douro an. Wir steigen ganz bequem in die S-Bahn in Póvoa ein und in gut einer ¾ Stunde sind wir schon da. Tolle, mit sehr viel Stuck und Schnörkel verzierte Bankhäuser, Geschäfte und Kirchen lassen uns wieder mal mit dem Blick nach oben durch eine neue Stadt wandern (daran erkennt man wohl auch Touristen?!). Am besten gefallen uns der Bahnhof mit seiner aufwändig gekachelten Warte-/Wandelhalle und das ehemalige „IHK“- Gebäude (Name habe ich vergessen). In letzteres wären wir gern gegangen, da es aber nur mit einer Führung möglich war und die anstehende auch noch in Französisch war, sind wir denn doch weiter gegangen.
Und dann begehe ich mit meinem Vorschlag den Fehler des Tages: Touristenbus fahren! Haben wir noch nie gemacht, sollte unsere Premiere und „Derniere“ sein. Ein gelber Bus ohne Dach, so dass die ganze Zeit die Sonne die Kopfhaut rösten kann, Erklärungen aus Knopfhörern (die nie bei mir im Ohr halten) von einem Übersetzer mit grauenhaftem Deutsch zu unauffindbaren Gebäuden und zu guter Letzt, weil es so schön ist, in sengender Hitze mitten in der Stadt rumzustehen, ein Stau. Grund ist ein Baukran, der mit seinem Hinterteil in die Straße rein ragt. Wir sind der 1. von ca. 6 Touribussen, die vor sich hinmorcheln. 3 Stunden Zeit, die wir besser hätten nutzen können, sind dahin und wir ärgern uns gewaltig. Ich bin durstig, müde, genervt und verschwitzt. Trotzdem wagen wir uns in das Getümmel am Douro. Hier ist das Altstadtviertel „Ribeira“ und zu Wasser wie zu Lande ist an diesem Samstag alles unterwegs, was Beine hat, Haut oder Motorkraft zeigen will. Mir reicht es recht schnell und mit müden Beinen geht es steil bergauf (durch steile Gassen, haha) grobe Richtung S-Bahn Station. Na gut, wir müssen wieder hügelab und haben somit die Beine etwas umsonst angestrengt.
Zurück in Póvoa geht es nur noch in eine Sports Bar und die portugiesische Variante eines Burgers wird von Manfred verputzt, Francesinha heißt das und besteht aus 2 Toastscheiben, zwischen denen eine Scheibe Fleisch, eine Scheibe Wurst und Käse geschmolzen werden. Darüber wird ein Spiegelei gelegt und eine relativ schmackhafte rosa Tomatensoße gegossen. Praktischerweise kann man damit auch gleich alle lebendigen Pommes ertränken. Wir sehen das „Gericht“ bei vielen auf dem Teller liegen. Da heute aber auch noch Portugal gegen Kroatien (?) spielt und das „Restaurant“ an Lautstärke gewinnt, machen wir uns endgültig auf den Heimweg. (Der „Hamburger“ wurde überlebt!)
„Sonntag sollst du ruh‘n, sprach das Huhn“ Fast so machen wir es auch. Allerdings ist die Bettwäsche mal wieder dran, ich will endlich meine Muffins backen und die Toiletten sind auch für eine gründliche Reinigung fällig. Ebenso kümmern wir uns mit einiger Geduld um den in der Bilge unterm Motoraum zusammengelaufenen Schmodder (Hauptsächlich Diesel von der SEPRA-Filterinstallation im Winter). Natürlich kommt keine Sau an diese Vertiefung ran, wir zunächst auch nicht, mit nix nicht. Dann kommt Manfred auf die zündende Idee, den Schlauch und die Pumpe von der Ölabsaugpumpe einzusetzen. Hat geklappt auch die Muffins sind fertig. Und wir verbringen den Restnachmittag faul im Cockpit.
Abends sind wir eingeladen. David und Gill von der PRETTIEST STAR werden ihr Schiff hier liegen lassen, um für einige Zeit zurück nach Hause zu fliegen und wir wollen morgen 130 sm weiter nach Süden. Daher wird es ein Abschiedsabend, der uns allen nicht leicht fällt. Man gewöhnt sich schnell daran, nach dem befreundeten Schiff Ausschau zu halten und sich auf die 2 „Brexits“ zu freuen. Wir werden ordentlich mit Champagner, Käse und spanischem Schinken verwöhnt. Dabei verplaudern und verlachen wir auch den letzten Abend. Via Facebook werden wir jedoch den Kontakt pflegen können, so hoffen wir.
Montag um 9 Uhr legen wir ab, setzen rückwärts zur PRETTIEST STAR und werden ein letztes Mal gegrüßt. Los geht’s auf das blau glitzernde Meer. Wir haben den ganzen Törn bis nach Peniche beständigen Wind aus Nord zwischen 14 und 21 Knoten. Mit dem Ausbaumen des Yankees und Schoten der Fock zur anderen Seite nach außen über den Mittelpoller halten wir AURIGA damit gut in Fahrt. Es waren im Schnitt rund 6 kn, da wir ca. 130 sm (kleiner Schlenker außen rum um die Berlenga-Inseln) in 23 Stunden schaffen. Die Dünung inkl. Windsee beträgt so gefühlt zwischen 2 bis 3 m. Wäre sie gleichmäßig, gäbe es nichts zu meckern. Ist sie aber nicht. Wir vergleichen den Seegang mit der Elbemündung bei NW 6 und Gegenstrom. Tagsüber kann man die Bewegungen des Schiffes relativ gut auffangen, aber nachts… ich hopse und rolle in meiner Salonkoje trotz Leesegel wie in einer Achterbahn. An Schlaf ist fast nicht ranzukommen. Manfred kann das besser und ich beneide ihn glühend um diese Fähigkeit. Dankenswerterweise übernimmt er meine Wache aber eine Stunde früher als geplant und lässt mich bis 6.30 Uhr in meiner Koje liegen. Schön ist der Sternenhimmel ca. 20 Meilen entfernt von der Küste. Die tanzende Mastspitze mit der Dreifarbenlaterne zu beobachten, ist ein wirklich besonderer Moment und wiegt einige Widrigkeiten durchaus auf. Ob aus mir jedoch noch eine echte Blauwasser-Braut wird, stelle ich zum jetzigen Zeitpunkt stark in Frage. Die wahren Seestücke warten noch auf uns: Donnerstag, 30.6. geht’s los nach Madeira (ca. 4 Tage) dann nach rund einwöchiger Pause weiter zu den Azoren (ca. 4 Tage) und das längste Stück von den Azoren nach Südengland mit ca. 10 Tagen werden es zeigen!
Aber zurück zum Dienstag, 28.6.. Nach dem wohlverdienten Frühstück geht es für Manfred erst mal in die Koje, Schlaf nachholen, derweil ich zum Hafenmeister laufe und das Anmeldeprozedere sowie die üblichen Fragen kläre (Türchip zur Marina, die hier alle! verschlossen sind, WLAN, Supermarkt und Stadtplan…) Mittags sind wir soweit restauriert, dass wir den Rucksack für einen Strandbesuch planen. Jedoch, es weht zu stark und auch sehr kalt. So treibt uns wieder mal unsere Neugier rund um die Halbinsel von Peniche. Die zerklüftete Steilküste mit tosender Brandung fasziniert uns. So wandern wir die Straßen immer an der Küste lang, bis wir zum großen Strand von Peniche gelangen. Hungrig fallen wir in einer hübschen Strandbar über unser Sandwich und … natürlich mit Pommes und Bier her. Peniche wurde in vormaliger Zeit von 2 Forts beschützt, die durch eine Stadtmauer verbunden waren. Reste davon sind noch erhalten. Hingegen gibt es hier wie überall an diesen Küsten viele verfallene alte Stadthäuser. Und der weitläufige Fischereihafen jenseits der alten Stadtmauer ist zwar weit weg, seine Gerüche wehen trotzdem gelegentlich um unsere Nasen. Wie auch zu Hause an unserem Wohnort liegen hier die schönen und hässlichen An/Ausblicke sehr nahe beieinander.
Wenn ihr demnächst nun längere Zeit keine neuen Informationen in unserem Blog lesen könnt, dann begründet sich das durch unsere nun vor uns liegenden längeren Seestücke. Wir haben nicht den Ehrgeiz, den Blog via Iridium zu pflegen... Wir holen es dann beizeiten nach – versprochen!
Eure
Manfred + Ute
SY Auriga
Am Donnerstag, den 30.6. verlassen wir um 8.45 Uhr den Hafen von Peniche mit dem Ziel Porto Santo, eine Insel vor Madeira. Rund 530 sm auf dem Atlantik mit zumeist Wind von hinten erwarten uns . Wieviel Wind wir bekommen sollten, werden wir noch erfahren.
24 Stunden über insgesamt 4 Tage und 3 Nächte zu beschreiben, wäre etwas langweilig, für Nichtsegler allemal, für Segler wie für geübte Blauwassersegler ohnehin. Daher bekommst du, lieber Leser, einfach eine (geordnete) Zusammenfassung:
Wind
3 von 4 Tagen hatten wir satte 5 – 6 Beaufort. Die ersten 24 Stunden konnten wir mit ca. 130 ° zum Wind noch auf das Ausbaumen verzichten. Freitag um 18.30 Uhr durfte Manfred dann auf das Vorschiff und den Baum mit der Yankeeschot nach Steuerbord ausbaumen. Es folgten 3 Tage rollen vor dem Wind. Mal haben wir den Yankee eingerollt (meistens in meinen Wachen) und dann wieder etwas oder ganz ausgerollt. Wie das so üblich ist in der Seefahrt mit Rollsegeln…
Wetter
Tja, hmh, wir hatten von Sonnenschein und tollem Sternenhimmel geträumt. Was soll ich sagen, es blieb ein Traum. Sonnenaufgang erfolgte mit grauen Wolken und Nieselregen. Und auch tagsüber blieb es zumeist bedeckt. Damit war die tief blauviolette Wasserfarbe nur in kurzen Momenten zu bestaunen (irgendwie so zwischen 3000 – 5000m tief, aber ertrinken kann man ja bekanntlich auch in 2 m Wassertiefe, daher ist die Tiefe letztendlich irrelevant). Abends gab es Sonnenuntergänge, wie ich sie von der Nordsee kenne: Bedrohliche Wolken und sogar einen fetten Regenbogen. Nachts dasselbe Trauerspiel, so dunkel ist es nicht mal im Keller meiner Oma gewesen. Den Sternenhimmel haben wir partiell und für wenige Minuten sehen dürfen. Wir waren echt enttäuscht.
Wellen
Wir hatten durchgehend geschätzte 3 Meter hohe Wellen. Je nach Gemütslage erschienen sie auch höher, zumal sie von hinten auf das Schiff zurollten. Aber halt, es gab auch extrem unartige Wellen, die meinten, wenn sie ihren Kurs ändern und um 50 ° oder mehr versetzt zur Wellenmasse laufen, dass sie dann schneller sind. Blöd gelaufen, kann ich nur sagen, denn Auriga war im Weg! Entweder schmeißen sie das Schiff heftig auf die Seite (polter, kreisch, rausch…) oder sie fanden einen kurzen, schnellen Tod an unserer Bordwand. Das allerdings auch mit einem deutlichen Poooong. Tja, so ist das, wenn man nicht auf die anderen hören will! Ich verdanke einer dieser dämlichen-neunmalklugen Wellen einen super Parabel-Flug aus meiner Achterkoje auf den Fussboden … blind. Zum Glück ist nichts gebrochen, aber die fetten blauen Flecken kann ich momentan jederzeit gegen Manfred verwenden. Ich habe mich sehr erschrocken und bin anschließend wieder artig in unsere mit Leesegeln ausgestattete Salonkoje gekrabbelt. Gelernt habe ich daraus: nie mehr ohne Auffangnetz => Leesegel auf die hohe See.
Navigation
Ohne GPS würde ich als Blauwasser-Neuling nicht mehr fahren wollen. Astronavigation wäre die Alternative aus früheren Zeiten. Da wir jedoch selten die Sonne gesehen haben, wäre es ein echtes Suchspiel geworden, ob wir nun Madeira oder Amerika entdeckt hätten. Wir haben den „Go to“-Punkt einfach auf kurz vor Santo gesetzt und fertig war die Navigation.
Außerdem verschafft der Plotter mit allen AIS-Daten der Großschifffahrt ein sehendes Auge in der Nacht (ohne Mond und Sterne). So kann man recht früh erkennen, ob der Dampfer mit 2, 3 oder mehr Seemeilen an einem vorbeizieht und muss nicht aus Vorsicht oder Weitsicht die Segelstellung ändern. Das ist echter Komfort. Die letzten 2 Tage auf See haben wir fast kein Schiff „gesehen“. Hoffentlich haben mittlerweile alle Segler, die sich so weit draußen rumtreiben ein AIS….
Und wenn dann noch der Autopilot (hat bei uns noch keinen Namen, aber schon längst einen verdient) so klaglos und durchgehend steuert, dann gibt’s hierzu nichts zu meckern (wehe er streikt mal!).
Segel
Anderthalb Tage fuhren wir mit gerefftem Groß, dem Yankee (etwas eingerollt) und der Fock auf Backbord-Bug. Zweieinhalb Tage und Nächte ausgebaumt. Wir sind mit dem Rollsystem sehr zufrieden…. Mit den neuen Segeln sowieso. Sogar ich kann bis zu 6 Windstärken den Yankee (langsam) wegrollen. Bei mehr Wind brauche ich dann doch Unterstützung.
Auriga-Performance
Auch wenn diese Überfahrt sehr unkomfortabel verlief, sind wir von Auriga und dem Herrn Koopmans begeistert. Es zeigt ein tolles Seeverhalten und man fühlt sich doch recht sicher. Als gemäßigter Langkieler haben wir zwar auch ordentlich Hin- und Herrollerei erlitten, mit einem Kurzkieler wäre das aber wohl unerträglich gewesen (…für mich zumindest). Auch unter Deck erweist sich die Ergonomie als gut durchdacht. Schön ist es tatsächlich, wenn man 2 Toilettenräume hat, so kann sich die abgehende Wache bettfein und die aufkommende Wache frisch machen. Das ist echter Luxus. Auch das Kochen ging recht gut, wobei ich meinen Eintopf bzw. Gulasch aus dem Schnellkochtopfe immer wieder vorbereiten würde. Einen Abend hatten wir beide keine Lust auf hin- und herpurzelnde Schalen, Becher, Löffel, da hat’s dann die berüchtigte Dose Erbsensuppe auch getan.
Schlafen / Wachen
Wir wechseln uns mit dem Wachdienst alle 4- 6 Stunden ab. Je nachdem, wer gerade mehr Schlaf braucht, darf dann auch mal etwas länger in der muckeligen Koje liegen (meistens ich :-)). Bei starren Uhrzeiten setzt man sich nur unter Druck, denn auch das Wetter und die Wellen halten sich ja an keine Uhrzeit. Meistens haben wir den späten Nachmittag 2-3 Stunden zusammen im Cockpit gesessen und uns unsere Erlebnisse erzählt. Gleich nach dem Abendessen und Abwasch so gegen 19 Uhr legt Manfred sich hin. Ich wecke ihn meistens gegen 23.30 Uhr und er steht die sogenannte Hundewache bis 5 oder 6 Uhr morgens durch. Dann bin ich wieder dran. Na, so reduziert sich das Leben an Bord eigentlich auf das Wesentliche: sicher und schonend mit Schiff und Mannschaft über den Parcours zu kommen. Gern hören wir während der Wachen Musik. Meistens lese ich oder spiele hirnschonende Spielchen auf dem Tablet. So vergeht die Zeit … langsam, bis der andere seinen Dienst tun muss.
Essen
Wie bereits erwähnt, einfaches und kalorienreiches Essen vorzukochen, hat sich bislang sehr bewiesen. Gut waren auch die 6 kalten und in Zucker gewickelten Pfannkuchen. Die kann man so mit einer Hand essen und machen satt. Selbstverständlich nimmt sich jeder zwischendurch Schoki, Nüsse, Bonbons oder sogar Obst :-). Auf diesem Törn war aber selbst das Einschenken von heißem Wasser auf Fertig-Kaffee ein echtes Abenteuer… wo läuft das Rinnsal diesmal hin?!
Allgemein
Wir waren enttäuscht: vom Wetter, vom Wind und auch erwähnt werden muss, dass uns noch nicht mal Delfine besucht haben. Ich war wirklich an meine Reserven gekommen und sehr froh, als wir Sonntagabend in Porto Santo festmachen konnten. So einen Törn brauche ich echt nicht wieder und hoffe, dass uns Rasmus und Neptun für die restlichen zwei längeren Seestrecken ein bequemeres Bordleben ermöglichen werden. Wir haben genau 527 Seemeilen in 81 Stunden mit Etmalen von rund 160 absolviert. Das bedeutet eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,5 Knoten.
Am 7.7. legen wir früh um 8 Uhr ab und rauschen mit starker Backstagbrise die 17 sm nach Süden zur Isla Desherta. Eine gigantisch hohe Steilküste erwartet uns. Ganz klein am Fuße eines Geröllhangs befindet sich die Ranger-Station. Und tatsächlich kann man im Schutz einer niedrigen (künstlichen?) Mole eine der 3 Muring-Tonnen aufnehmen. Wir hatten einige Male wie vorgeschrieben gefunkt, jedoch alle Mann sind wech. So machen wir uns eigenständig mit unserem Dinghi auf, um die Rangerstation an Land zu besuchen. Es erwarten uns einige neuere Blockhäuser und Info-Tafeln über die Entstehungsgeschichte, die Flora und Fauna dieser einsamen Inselgruppe. Oben auf dem Plateau soll es einen Hubschrauber-Landeplatz geben – das glauben wir denn einfach mal so, zumal nichts darauf schließen lässt, dass es überhaupt einen Weg darauf gibt. Nachdem am frühen Nachmittag die Sonne auch raus gekommen ist, macht Manfred noch eine kleine Schnorcheltour, kommt aber enttäuscht zurück. Sehr viele Seeigel ab 3 m Wassertiefe und sonst ein paar kleine Fische. Zwei andere Ausflugsboote ( Segelyachten) liegen an den hinter uns befindlichen Moorings. Nachdem auch die Tagesbesucher sich von Manfred haben inspirieren lassen zu einem kleinen Sprung in das recht kalte Wasser, gehen die beiden Schiffe wieder „ankerauf“. Auch wir wollen die Nacht doch nicht hier verbringen, es weht ganz ordentlich und mittlerweile kommt auch einiges an Schwell über die bei HW teilweise unter Wasser liegende Mole. Wir ziehen uns im Gegensatz zu den Tagesgästen auf den anderen 2 Seglern gleich mal Ölzeug an, denn wir ahnen, was uns draußen erwartet, sobald wir auch nur etwas den Windschutz der hohen Küste verlassen haben. Und genauso kommt es auch: gegen Wind der Stärke 6 aus Nordwest motoren wir mit Stützgroß einen großen Bogen zurück zur Marina Quinta da Lorde. Fast 4 Stunden Salzdusche für Schiff und Skipper Manni . Schade auch, wir hatten gerade erst alles richtig schön sauber gemacht an Deck. Zurück in der Marina gibt es dann eine Süßwasserdusche auf dem Steg und natürlich auch für Auriga. Fazit für diesen Tagesausflug: es hat sich nicht wirklich gelohnt (vorsichtig ausgedrückt).
Freitag, den 8.7. nehmen wir einen Bus zu Hauptstadt Funchal. Die Altstadt ist wie zu erwarten voll mit Touristen, obwohl kein Kreuzfahrer im Hafen liegt, und „Anschnackern“, die uns zum Mittagessen in einem der vielen Restaurants überreden wollen. Wir ignorieren diese unangenehmen Zeitgenossen und flüchten in eine Galerie. Danach geht es weiter durch die Fußgängerzone und höher rauf zum wunderschönen Platz mit dem Rathaus und einem ehemaligen Jesuiten-Konvent. Mittagspause mit selbstgeschmierter Stulle unterm Baum schmeckt auch richtig gut. Weiter geht der Stadtbummel, bis Manfred sich magisch von einem kleinen vollgestopften Laden angezogen fühlt, der von Schrauben bis zu Tierfutter alles hat. Ein kleiner, dünner Mann versucht zu verstehen, was Manfred von ihm wünscht: eine 30iger Nuss, damit er irgendwann mal den Motor neu ausrichten kann. Mit viel Lachen, Gesten und Zeichnungen kommen wir der Sache allmählich näher. Sogar den Wunsch nach einer Schieblehre zum Ausmessen des Innendurchmessers können wir erfolgreich vermitteln. Auch 5 Unterlegscheiben mit einem Durchmesser von 20 mm werden gefunden. Toll, so ein Einkauf!
Später um 16.30 Uhr nehmen wir den „Schnell-Bus“ zurück zum Resort. Die Infrastruktur von Madeira profitiert enorm von den neu gebauten Schnellstraßen, die auf vielen hohen Brücken und durch lange Tunnel führt. Benutzt man die alten, gewundenen Straßen und Tunnels, so wie wir es zum Teil am folgenden Tag mit dem Leihwagen machen, kann man sich mit genügend Phantasie vorstellen, wie mühsam der Transport von Baumaterial, Lebensmitteln und sonstigem früher gewesen sein muss.
Abends kommt noch ein Schiff rein, ebenfalls windzerzaust und salzwassergeduscht. Es sind zwei Franzosen, die von den Azoren kommen und eigentlich direkt durch zum Mittelmeer wollten. Da ihr Wassermacher jedoch defekt ist, sind sie hierher abgelaufen und wollen die notwendigen Reparaturen hier machen. Wir laden die beiden spontan auf ein Glas Rotwein ein und erfahren einiges mehr über diese beiden Abenteurer namens Jean Louis und Francois.
Am Samstag, 9.7. bekommen wir unseren Leihwagen um 9 Uhr in das Parkhaus des Resorts geliefert: ein VW-Polo. Badesachen und Tagesverpflegung sind schnell gepackt und dann geht es los in den Norden von Madeira. Tiefe Schluchten, hohe grünbewaldete Berghänge und dazu ein tiefblaues Meer mit einer beeindruckenden Atlantikdünung erwarten uns. Wir wollen uns heute einen Überblick verschaffen, was zumindest den Nordteil der Insel betrifft, weil wir uns schon sehr gut mit dem Gedanken anfreunden, irgendwann per Flieger eine oder zwei Wochen Urlaub hier zu machen. Dann spätestens wollen wir auch die berühmten Wanderungen an den Levadas entlang nachholen. Hierfür fehlt uns momentan die Vorbereitung und Organisation der Transportmittel (oneway) und ich muss aufgrund meiner ausgeprägten Höhenangst passende Wege finden. Denn schon beim Autofahren in den steilen Serpentinen muss ich mich doch das eine oder andere Mal sehr zusammen reißen, obwohl Manfred absolut sicher und vorausschauend fährt. Das ist echt ätzend für uns beide. Aber besser Höhenangst als Seekrankheit was?! Mit einigen Pausen zwischendurch befahren wir die Nordküste ca. bis zur Hälfte und nehmen dann ab Sao Vincente wieder die Schnellstraße zurück (die auch spektakulär hohe Schluchten in langgezogenen Kurven mit bis zu 11 % Gefälle aufweist!) nach Quinta da Lorde. Es gibt einen Zwischenstopp in Machica, wo wir im großen Supermarkt unsere Vorräte an Trinkwasser und Lebensmitteln für die am Montag startende Überfahrt zu den Azoren auffüllen.
Abends haben wir uns mit Jean Louis und Francois verabredet, das Fischerfest in Canica zu besuchen. Mit dem Leihwagen sind wir schnell, aber auch zu früh da. Auf der Bühne direkt am Meer ist noch nichts los. Es ist ziemlich windig und somit frisch, trotzdem laufen die jungen (oder die, die sich dafür halten) Chicas in der neuesten Schuhmode und mit kurzen Röckchen die Hafenmeile rauf und runter. Nachdem wir uns in einem örtlichen Lokal noch einen 2. Drink gegönnt haben, geht das Bühnenprogramm los. Eine portugiesische Sängerin sorgt für die Stimmung und mehr und mehr Menschen finden sich ein. Auch wir tanzen ausgelassen zu den Klängen, bis es Zeit für die Heimfahrt wird.
Sonntag, den 10.7. wollen wir faul am „Strand“ verbringen. In Calheta (Süd-West-Madeira) soll es einen künstlich aufgeschütteten Strand (Marokko-Import) geben, der gleich neben der Marina ist. Somit schlagen wir gleich 2 Fliegen mit einer Klappe. In gut einer Stunde sind wir über die Schnellstraße auch schon da. Wie immer gibt es erst mal einen leckeren Kaffee, nach dem wir mittlerweile süchtig sind. Dann stürzen wir uns in das Strandgetümmel, da an einem Sonntag selbstverständlich auch viele Einheimische und Jugendliche dieselbe Idee hatten. Wir finden auf dem gutbesuchten Strand eine relativ ruhige Stelle und machen es uns unter einem (Leih-)Sonnenschirm auf den (Leih-) Strandliegen bequem. Das Wasser ist angenehm temperiert und die Badebucht durch hohe Molen vor der starken Atlantikdünung ausreichend geschützt. So machen andere Leute also Urlaub, denken wir. Auch schön ;-)
Trotz Schatten ist die Sonne recht stark und wir sind nach 4 Stunden am Strand genügend durchgegrillt. Die Rückfahrt wollen wir zum Teil an der alten Küstenstraße absolvieren. Aber auch hier geht es zum Teil sehr steil und eng bergauf- und ab. Wir biegen ab Ponto do Sol also wieder auf die Schnellstraße ein. Mittlerweile haben wir auch die Klimaanlage im Auto gefunden… herrlich!
Abends sind wir eingeladen an Bord der Sargamatha, auf dem uns Jean Louis einen super hausgemachten Spezial-„Planters Punch“ versprochen hat. Damit hat er nicht zu viel versprochen und wir plauschen noch 2 Stunden mit ihm. Heute Abend ist aber auch das EM-Endspiel zwischen Frankreich und Portugal. Francois kann sich dem nicht entziehen und geht Fussball-gucken. Wir müssen sowieso zeitig ins Bett, da wir nur morgen ein Wetterfenster für unsere Überfahrt zu den Azoren haben.
Am Montag, den 11.7. wird vorgekocht, noch mal etwas saubergemacht und hauptsächlich: gewartet. Wir warten nämlich auf unsere wieder aufgefüllte Gasflasche, die laut Aussage der Resort-Mitarbeiterin heute Mittag um 13 Uhr eintreffen sollte. Tja, wer das glaubt, ist naiv. Wir nämlich! Um 13 Uhr bekommen wir als Zielzeit 14.30 Uhr angesagt. Um 14.30 Uhr gehen wir dann schon reichlich genervt zum Hafenbüro, nur um zu hören, dass es wohl erst 18 Uhr wird. Da hat die gute Frau aber nicht mit uns gerechnet: wir können echt böse werden und die Arme bekommt die volle Ladung Frust über die diversen Ausreden auch ihrer Kollegen zur immer wieder verzögerten Eintreffzeit zu spüren. Sie telefoniert und telefoniert und welch‘ Wunder: um 16 Uhr soll die olle Gasbuddel denn final eintreffen. OKAY… wir machen einen kurzen Anti-Frust Spaziergang, weil unsere Auslaufzeit sich immer mehr nach hinten verschiebt (und wir wissen, dass es ab Dienstag bis Freitag mit bis zu 6 Windstärken hier wehen soll). Der Kap-Effekt hier auf Madeira ist enorm, wie uns auch Jean Louis bei Rundung des Ostkaps bestätigt. Schlussendlich nutzen wir dann die Zeit noch für eine Dusche und setzen uns direkt in ihr Büro, um unsere Ernsthaftigkeit bzgl. der heutigen Abreise zu demonstrieren. Und tatsächlich: um 16.10 Uhr kommt der Angestellte mit dem Auto und unserer Gasflasche im Kofferraum. Schnell wird die Rechnung ausgestellt und zur Ehrenrettung der Marina muss gesagt werden, dass uns die Liegegebühr für eine Nacht erlassen wird. Auch die Gebühr für das Auffüllen der Gasflaschen hält sich mit 17 Euro echt in Grenzen. Erleichtert zischen wir nun ab zum Schiff, Manfred baut die Gasflasche schnell wieder in die Kiste in der Achterpiek ein und wir werden von Francois und Jean Louis beim Ablegen (mittlerweile wieder sehr böig hier im Hafen) unterstützt.
Wie zuvor beim Autofahren beobachtet, weht es um das Ostkap noch gehörig weiter bis zur Höhe des Flughafens. Wir machen nur unter Genua (sprich Yankee) 6-7 kn Fahrt, bis dann ziemlich plötzlich der Wind aufhört. In aller Ruhe motoren wir an der traumhaft schönen Südküste von Madeira entlang. Es gibt Spaghetti mit Tomatensauce und dann geht Manfred schon mal in die Koje. Ich habe eine der schönsten Abendfahrten der ganzen Reise ganz für mich alleine. Aber alles hat seinen Preis, wie ich oft behaupte. Mit dem Dunkelwerden passieren wir auch das westlichste, hohe Kap mit dem Leuchtturm Ponto do Pago. Naiv wie ich bin, denke ich, dass der Wind hier zumindest so nach und nach wieder einsetzen wird. Zu kurz gedacht! Recht unvermittelt motore ich durch eine steile Welle. Und wenig später geht der Windmesser von 3 kn auf 29, 30, 31, 32 kn hoch! Kreisch: „Manni, du musst hochkommen, wir müssen was machen!“ Mit moralischer Unterstützung aus dem Niedergang rolle ich schnell die Fock aus und der Motor wird ausgestellt. Nachdem Manfred sich dann auch in seine Klamotten geschmissen hat, setzt er noch das Backstag. So ein Start gleich in der ersten Nacht macht einen ganz schön fertig: der Körper hat sich noch nicht an den Seegang gewöhnt, das Schiff macht heftigste Bewegungen, das Deck und das Cockpit werden von Salzwasser eingedeckt und überhaupt: was für eine Schreck in der Abendstunde….
So verbringe ich diese 1. Nacht mal wieder schlaflos bis zu meiner Morgenwache. Auch Manfred ist etwas blass um die Nase, kann aber gut schlafen. Unser Wach- Rhythmus ist noch nicht eingespielt, aber schon am Dienstag, den 12.7. lässt sich der Wind auf 15 – 20 kn „herunter diskutieren“.
Ein kleiner Schreck noch an Tag drei, als wir nach einer Wolke totale Flaute haben und diese zum Batterieladen nutzen wollen: der Motor geht nach wenigen Sekunden wieder aus! Nach Entlüften läuft er wieder und die Fehlersuche kann beginnen. Es stellt sich heraus, dass eine Einspritzleitung an der Pumpe nicht richtig fest ist und Diesel tropft – wo Diesel raus kann, kann im Stillstand auch Luft wieder rein…an die Überwurfmutter ist zwar schwer ranzukommen, aber irgendwie bekommen wir sie wieder festgezogen und es kann entspannt weiter gehen. Damit haben sich auch die Fragen mit erledigt, warum der Motor im Standgas niedriger drehte und woher der Diesel in der Bilge kam…
Endlich haben wir aber das Wetter, von dem wir schon seit der Biskaya Überquerung träumten: Nachts blinkern uns die Sterne an, der Halbmond glitzert auf dem Wasser, es bleibt ziemlich warm und die Welle wird endlich auch mal vernünftig. Es folgen 2 Tage herrlichstes und ruhiges Segeln auf tiefblauem Wasser.
Sogar Delfine besuchen uns, was ich als gutes Omen werte. Unser Wasservorrat ermöglicht uns eine gelegentliche Dusche auf dem Achtercockpit, der Kühlschrank liefert kalte Getränke und wir träumen und lesen so vor uns hin. Wie sagten schon die Blues Brothers: „Es ist dunkel, der Tank ist voll, wir tragen Sonnenbrillen….
All’s well auf Auriga
Ich sitze hier in Ponta Delgada vor meinem Laptop mit kratzendem Hals und Pfefferminztee nach einer recht schlaflosen Nacht. Manfred, Heiko und Heike sind mit dem Mietauto auf Sao Miguel unterwegs, den Westen von Sao Miguel zu erkunden. Ich bemitleide mich gerade, weiß aber, dass die anderen drei heute stressfrei die Serpentinenstraßen befahren können, die 25 % Gefälle haben. So kann ich mich heute etwas ausruhen und die drei haben ihren Spaß (hoffentlich).
Aber zurück zum Anfang, letztem Samstag auf Santa Maria. Wir haben tatsächlich das Blues-Festival in Anjus besucht. Es ist echt aberwitzig, mitten im Atlantik auf einer der kleinsten Inseln der Azoren solch‘ ein 3-tägiges Festival zu organisieren. Viele Besucher haben auf den wenigen Wiesen und Vorgärten ihre Zelte aufgeschlagen und genießen neben der musikalischen Attraktion auch den Zauber dieses kleinen Ortes und des allabendlichen Sonnenuntergangs. Wir sind ebenfalls fasziniert. Allerdings muss man wissen, dass die Portugiesen und auch Azorianer nicht vor 23 Uhr mit dem Feiern anfangen. So auch hier. Wir vertreiben uns die Zeit mit dem Besitzer und den 2 Mitseglern des Herreshoff-Repliks, der Ketsch namens Tioga. Die erste Band ist nicht so ganz nach unserem Geschmack und so beschließen wir, doch recht bald den Heimweg an zu treten. Daumen raus funktioniert so früh in der Nacht natürlich nicht, weil die Besucher noch eher zum Ort hinfahren als wegfahren. Dank gebührt dem netten jungen Polizisten, der uns per Handy mal eben so eines der gut beschäftigten Taxis organisiert.
Gut, das wir nicht so spät ins Bett gekommen sind, denn heute, am 17.7. wollen wir auch endlich mal wieder die Wanderschuhe anziehen. Es geht kurz vor Mittag los zur Baia Formosa. Laut Wanderkarte eine mittelschwere Wanderung mit rund 6,2 km Länge. Wir haben heute zum Glück eine frische Brise und gelegentliche Wolken, sonst wären wir definitiv zu spät unterwegs gewesen. Der Weg führt entlang der Steilküste, auf den hochgelegenen Wiesen mit Zaunübertritten oder Durchgängen (nur für Menschen gedacht, die nicht dicker als ein Kuhkalb sind!) nach Osten. Wieder mal tolle Rundum-Blicke und neue Pflanzen, deren Namen wir fast alle nicht kennen. Manfred bricht mir aus dem hiesigen bambusartigen Ried einen Wanderstock, der mir bei der folgenden serpentinenartigen Strecke eine große Hilfe ist. Als Flachländer ist es ziemlich anstrengend, diese Wege zu gehen. Als wir schon denken, „na, wenn das mittelschwer war, dann ist das nicht so schlimm“ kommt der wohl anstrengendste Teil der Wanderung zum großen Sandstrand von Formosa. Es geht über Millionenjahre alte, natürlich erkaltete Lavabrocken und –flüsse direkt an der Atlantikbrandung auf recht schmalen Wegen (zum Teil mit Seilen an der Felswand abgesichert, an denen man sich festhalten kann) entlang. Obwohl an den allerschwierigsten Stellen sogar kleine Holztreppen angebracht wurden, bleibt es anstrengend, denn jeder Tritt will gut überlegt sein. Ein Sturz auf diese scharfkantigen Lavabrocken ist eine echt schlechte Option. Meine Oberschenkel zittern mittlerweile und so sind wir froh, im kleinen beschaulichen Badeort eine kleine Stärkung zu uns nehmen zu können. Und dann geht es endlich in die gewaltigen (schönen) Wellen. Welch‘ Hochgenuss! Toll finden wir auch, dass es hier an den Stränden überall kostenlose Süßwasserduschen gibt, die wir gern in Anspruch nehmen. Gegen 18 Uhr halten wir den Daumen raus und drei nette junge Mädchen fahren uns zurück nach Vila da Porto. Auf diesen kleinen Inseln funktioniert dasTtrampen wirklich gut, weil die Einwohner wissen, wie selten die Busse fahren. Durch das Blues-Festival sind zudem alle Mietautos besetzt und die Taxifahrer sind ebenfalls gut beschäftigt.
Am Montag den 18.7. lackiert Manfred einige kleinere Roststellen über, um schlimmeren Rost zu verhindern. Dann nehmen wir (endlich mal) einen Bus und fahren zur Ortschaft Santa Barbara. Dieses Postkarten-Dörfchen hat außer der obligatorischen Kirche und einem Kaffee nur gut gepflegte Häuser zu bieten. Hier auf Santa Maria hat sich die Sitte durchgesetzt, dass die Häuser (fast) alle in Weiß angemalt sind. Je nach Dorf sind dann die Fenster und Türen in Rot, Blau, Grün oder sogar Pink umrandet.
Wir folgen heute der „Haupt“-Straße ca. 1,5 km aufwärts - vorbei an den hier überall üppig blühenden Hortensien. Bald darauf haben wir auf der ebenfalls sich eng und steil windenden Straße runter zur Ortschaft Sao Lorenco gigantisch-kitschig-schöne Ausblicke. Diese nordwärts ausgerichtete Bucht ist eine der schönsten auf dieser Insel: Hier sind die Hänge terassenförmig angelegt und mit Weinstöcken bepflanzt. Im Kontrast mit den schmucken weißen Häusern und dem tiefblauen Meer verschlägt es einem schon etwas die Sprache. Unten angekommen, finden wir ein sogenanntes Meerwasserbecken zwischen den schmalen Sandstreifen an der recht hohen Mole (muss hier im Winter ordentlich hoch hergehen…). Das Meerwasserschwimmbecken ist aber auch etwas „langweilig“, obwohl die Wellen hier noch um einiges größer sind als am gestrigen Praiha Formosa. Wir trauen uns nur ins Wasser, weil auch andere Badende das Spiel mit den Wellen genießen. Es ist ein herrlicher Spaß, durch die Wellen zu tauchen oder paddelnd im weißen Schaum mit zu „surfen“. Nur entschlossene „Durchtauch- oder Mitsurf-Manöver“ retten einen davor, ungewollt durchgeschleudert zu werden.
Zurück geht es dann ebenfalls per Anhalter. 3 junge Azorianer von der Hauptinsel Sao Miguel, die hier zum Blues Festival wohl Urlaub gemacht haben, erbarmen sich unser, als wir die wenigen Autos mit unserem Daumen zum Anhalten animieren versuchen. Dafür werden sie bei uns an Bord auf ein kleines Bierchen eingeladen.
Zwischenzeitlich haben sich die „Heiks“ von der flying fish (lesenswerter Blog: www.syflyingfish.de) per Mail gemeldet. Sie sind in Ponta Delgada und wir freuen uns riesig darauf, die Beiden endlich kennen zu lernen. Eigentlich hätten wir heute am Dienstag, den 19.7. die 50 sm segeln/motoren können, wäre da nur nicht der starke Nordwind gewesen. Das lassen wir denn aber schön bleiben und kümmern uns lieber noch mal um Auriga: Manfred kontrolliert die Ausrichtung der Maschine und es wird sogar mal wieder staub-gesaugt. Außerdem backen wir zum 1. Mal auf dieser Reise selber Brot (Vollkorn-Backmischung von Ikea oberlecker!) Der Rest des Tages wir dann einfach mal vertrödelt – muss auch sein, finden wir.
Mittwoch früh um viertel vor acht legen wir ab. Aufgrund unserer Erfahrungen mit Madeira motoren wir in 2-3 Meilen Abstand zur Westküste von Santa Maria entlang, bis auch das nördlichste Kap gut querab liegt. Der Wind bleibt jedoch moderat und so setzen wir zweieinhalb Stunden nach Start die Segel. Die Sonne scheint und wir sehen sogar eine große Schildkröte! Jetzt wäre denn auch langsam mal Zeit für die ersten Walbesuche, aber die sind heute irgendwo anders zum Kaffee einladen?!
Später am Nachmittag dreht der Wind von Nordost auf Nordwest und nimmt bis auf 4 Windstärken zu. Da auch die Waliser Segelyacht „Gwawr“ (geschätzt 48 Fuß lange Jeaneau ) mit Dennis und Sarah aus Vila da Porto mit uns gemeinsam nach Ponta Delgada unterwegs ist, haben wir schon den Ehrgeiz, diese nicht an uns vorbei ziehen zu lassen. Es klappt nicht ganz, wird uns aber von unseren „Gegnern“ später im Hafen schön geredet … freundliche Leute, die wir hoffentlich auf Teirceira wieder treffen werden.
Gegen 18 Uhr legen wir in Ponta Delgada an und sehen auch gleich die ebenfalls von Herrn Koopmans gezeichnete Victoire „flying fish“ mit den „Heiks“. Bald darauf kommt auch Heiko vorbei und lädt uns zum Abendessen ein. Wir machen uns und Auriga kurz frisch und werden dann selbst mit einer riesigen Käseplatte, frischer Ananas und Rotwein verwöhnt. Schnell kommen wir überein, dass wir uns hier auf der Insel gemeinsam ein Auto für 2 Tage mieten wollen. Heiko ist so nett und will sich darum kümmern.
Donnerstag, 21.7.2016
Heute habe ich meine Mutprobe: ich will zum Friseur! Manfred und ich bummeln durch die Stadt auf der Suche nach einem Friseurladen mit Sprachkenntnissen in Englisch. Wir haben Glück und ich habe um 15 Uhr einen Termin bei „Marcia“. Vorher finden wir endlich auch einen Laden, in dem wir 2 kleine Dosen mit Farbe für unser „Gemälde“ erstehen können (die Deutschland-Flagge wird kurzerhand gestrichen, weil sie 3 Extra-Farben benötigt :-))
Da wir abends die Heiks zum Spaghetti-Bolognese Essen eingeladen haben, erledigen wir noch die erforderlichen Einkäufe und dann mache ich mich auf zu meiner Mutprobe. Und was soll ich sagen: Glück gehabt! Die gute Frau versteht ihr Handwerk und wenn man davon absieht, dass zweifingerbreit Abschneiden hier locker dreifingerbreit ist, bin ich hoch zufrieden (Fotos folgen!).
Abends können wir endlich mal wieder den Tisch schön decken und in Gesellschaft essen. Heike bringt sogar noch einen frischen Salat mit und wir essen bis zum Platzen. Für die kommenden 2 Tage werden wir ein Auto haben und schmieden Pläne, was wir anschauen, erwandern und bebaden wollen. So endet der lauschige Abend bei Portwein und Kerzenlicht im Cockpit - fast wie zu Hause.
Freitag, 22.7.2016
Um 9.30 Uhr stehen wir voll ausgerüstet vor flying fish und holen mit ihnen gemeinsam das Auto von der nahe gelegenen Verleihfirma ab. Dann geht es über die Schnellstraße zügig nach Ribeira Brava an der Nordküste, wo wir frühstücken wollen. Der Ort hat sich noch etwas mehr Ursprünglichkeit als Ponta Delgada (mit seiner modern und nicht besonders ansprechenden Häuserfront zur Seeseite) bewahrt. Zudem wird hier gerade ein Mittelalterfest aufgebaut und wir nehmen uns vor, evtl. auf dem Rückweg erneut halt zu machen.
Zuvor jedoch wollen wir die Teeplantage Gorreana www.gorreana.de/plantage/ besuchen. Wenn bloß die verflixte Navigation mit Papierkarten nicht wäre. Meine Fähigkeiten, Heiko zu lotsen, enden das eine oder andere Mal in der undiskutierbar falschen Richtung. Es ist wohl doch besser, wenn Heike ihren Mann wie gewohnt lotst. Die beiden sind ein eingespieltes Reiseteam und haben uns spürbar jede Menge Erfahrung voraus. Und so kommen wir denn doch noch gegen Mittag in der Teeplantage an. Wir bewaffnen unsere Füße mit Wanderschuhen und auf geht es zwischen den reihenförmig angelegten Teebüschen (sagt man das so?) aufwärts. Leider scheint heute keine Sonne und macht das Fotografieren recht schwierig. Heiko und Heike sind beide mit Kameras und viel mehr Ehrgeiz als wir unterwegs…. wir knipsen halt nur ;-)
Anschließend besuchen wir die Teeplantage Gorreana für die Fabrikation des hiesigen schwarzen und grünen Tees und dürfen uns sogar gegen eine kleine Spende frei mit Tee verköstigen. Sehr lecker, auch wenn ich als Ostfriese mehr auf Assam-Tee geeicht bin. Wir sind wohl außerhalb der Erntezeit zu Besuch, denn die Maschinen laufen nicht. Bedauerlicherweise finden sich auch keine Erklärungen zu den Abläufen der Teefermentation, -sortierung und Trockung. Es handelt sich hier um eine der ältesten Teeplantagen von Sao Miguel, das zumindest können wir in Erfahrung bringen.
Nun denn, langsam meldet sich der Hunger wieder und wir fahren wieder runter zur Küste in das Dörfchen Maia mit der Hoffnung, ein im Reiseführer empfohlenes Restaurant zu finden. Die Suche gestaltet sich recht schwierig und als wir es endlich gefunden haben, war die Küche leider schon geschlossen. Glücklicherweise finden wir an der „Haupt“straße einen Imbiss, der die auch hier üblichen Hamburger mit Pommes oder Omeletts anbietet.
Nach dieser Mittagspause und einem schnellen Bad im Meer geht die Tour weiter zur Ostküste. Hier hat es uns der Ort Nordeste angetan. Die Fotoapparate werden gezückt und die besten Perspektiven gesucht. Dann soll es zum nächsten „Miradoro“ (frei übersetzt „schöner Aussichtspunkt“) gehen. Wenn da nur nicht die Straße mit 25 % Gefälle wäre! Es handelt sich um einen Leuchtturm, der allerdings auch oben von 2 Aussichtspunkten aus gut zu sehen ist. An diesem Punkt unserer Tour angelangt, verweigere ich einfach mal die weitere Mitfahrt und bitte darum, mich mit meinem Rucksack oben stehen zu lassen und bei der Rückfahrt wieder mit zu nehmen. Zum Glück scheint die Sonne für hübsche Aufnahmen nicht und es wird allgemein auf diese steile Serpentine verzichtet…
Abends landen wir wieder in Ribeira Grande und genießen das bunte Treiben auf dem mittelalterlichen Fest. Viele Schausteller (und Bewohner) haben sich kostümiert, es gibt musikalische Umzüge und kleine Tanzvorführungen. Wir machen es ins „in der 1. Reihe“ mitten im Volk mit einem Grillteller und Vinho Verde gemütlich. Am besten gefällt uns die ca. 30-köpfige Trommelgruppe, die zu späterer Stunde auf der Treppe hoch zur Kirche ihre Schlegel und Trommelstöcke wirbeln lassen.
Dank Google finden wir dann sogar aus der vielfach mit Sperrungen versehenen Stadt wieder raus auf die Schnellstraße und sind um 23 Uhr zurück in Ponta Delgada.
Und somit sind an dem heutigen Tag angekommen – siehe oben. Falls ihr Bilder vermisst, dann bitten wir um Nachsicht, weil auch hier wie schon auf Santa Maria das Internet sehr schwach ist. Wir versprechen, diese bei besserer Verbindung nachzuladen!
Und noch was müssen wir mal an dieser Stelle loswerden, nämlich zum aktuellen Tagesgeschehen auf dem „Festland“: soweit möglich, verfolgen wir natürlich auch die aktuellen Nachrichten zum Brexit, zum politischen Desaster in der Türkei und den jüngsten Attentaten in Europa. Es bedrückt auch uns während unserer Reise und hier mitten im Atlantik sehr, wie sich die Welt momentan verändert. Der Begriff „Betroffenheit“ ist ein wenig zu schwach für das mulmige Gefühl, welches sich bei uns breit macht. Uns Mitgefühl geht an alle Angehörigen, die in dieser Zeit liebe Menschen so unversehens verloren haben.
Jedoch: die Hoffnung auf ein Abebben von nationalistischen Extremen und terroristischen Attentaten geben wir nicht auf!
Eure
Manfred & Ute
23.7. – 2.8.2016 Sao Miguel – Terceira – Faial
Wir verbummeln noch den Sonntag in Ponta Delgada in einem schönen öffentlichen Park und im großen Einkaufscenter. Montag soll es dann weiter gehen nach Terceira. Die 90 sm werden wir mit einer Nachttour hinter uns bringen, da wir auf die Öffnungszeiten des Hafenbüros angewiesen sind. Der Hafen Angro do Heroismo ist recht klein und man braucht vom Hafenmeister eine Platz-Zuweisung. Die Überfahrt dauert ca. 17 Stunden und verläuft ohne besondere Vorkommnisse. Als wir ankommen werden, wir tatsächlich zunächst an den Warteschlengel verwiesen, der recht unruhig ist. Aber auch der am späten Vormittag zugewiesene Liegeplatz an einem Finger ist sehr rollig. Wir versuchen sämtliche Tricks, (mit Leinen, Ruckdämpfern und mit Wasser gefüllter Pütz) um die heftigen, ruckartigen Bewegungen zu dämpfen. Das Resultat ist nur geringfügig besser. Auch den Nachbarliegern, eine holländische Flottille von 13 Schiffen, die von Holland aus eine Azorenreise machen – die Ocean People – geht es nicht besser.
Nachmittags erkunden wir per Linienbus den Südosten und den Ort Praia da Victoria von Terceira. Diese Insel ist „das Sylt des Nordens“ – so gepflegt und mit schönen Häusern besiedelt war bislang noch keine Insel. Auch Praia da Victoria mit dem einzigen großen Sandstrand gefällt uns gut. Es hat ein schönes Badeort-Flair.
Abends werden wir von Guido, Skipper und Eigner der „Playmobil“ (eine 37“ Breehorn) angesprochen. Er ist als einziger Deutscher mit seiner Crew bei den Ocean People mit dabei und nutzt die Meilen für seinen „Yachtmaster Ocean“. Wir erzählen die üblichen „woher - wohin“- Geschichten. Guido und alle anderen Holländer sollten uns noch öfter im Hafen über den Weg laufen :-)
Am Mittwoch, den 27.7. haben wir ein Leihwagen – den besten bislang. Damit bereisen wir die malerische Westküste von Terceira, halten an diversen Aussichtspunkten, sogenannten Miradouros an und freuen uns über das Panorama. In Bisquitos bade ich zum ersten Mal in vulkanisch geschaffenen Badebecken. Später zur Mittagspause finden wir für dieses besondere Badevergnügen jedoch noch einen viel schönen Ort: Quatro Ribeira. Bei Ebbe ist es recht unspektakulär, bei Flut jedoch brandet die Atlantikdünung über die scharfen Felsen und füllt sozusagen das Schwimmbecken neu auf, ohne dass man als Badender in der Dünung hin- und hergeworfen wird.
Das Hochland von Terceira, „Terra Brava e Criacao das Lagoas“, besteht aus einer endemischen Strauch- und Baumwelt – knallgrün und undurchdringlich neben der Piste (Straße wäre etwas zu viel gesagt) Wir sind fasziniert. Dieser Bewuchs soll auch in Teilen Europas bis zur letzten Eiszeit vorgeherrscht haben.
Dann besuchen wir endlich mal 2 Vulkanhöhlen: die „Algar do Carvao“ zeichnet sich durch eine trichterförmige Öffnung zur Oberfläche aus. Rund 220 Stufen runter und wieder rauf sind es wert, sich diese Höhle anzuschauen. Ebenso interessant ist die „Gruta do Natal“. Beide Höhlen entstanden durch unterirdische Lavaflüsse.
Abends müssen wir natürlich den Leihwagen auch zum Großeinkauf nutzen. Ähnlich wie in Elmshorn besteht Angra jedoch auch aus unzähligen Einbahnstraßen. Leicht genervt laden wir die Einkaufstüten an Bord ab und verstauen unsere neuen Köstlichkeiten in Kühlschrank und Staufächern. Zur Belohnung für diesen ereignis- und eindrucksreichen Tag gehen wir abends lecker essen. Und na klar: wir treffen die Crew der Playmobil im Restaurant wieder. So wird auch dieser Abend recht unterhaltsam, bis wir todmüde ins Bett fallen.
Am Donnerstag, 28.7.16 ziehen wir mal wieder die Wanderschuhe an und laufen rund um den „Monte Brasil“. Ca. 3 Stunden rauf und runter geht die Tour und ist als „einfach“ deklariert…. Also von mir bekommt der Weg ein „mittelschwer“. Nachmittags fährt uns doch glatt ein duseliger Belgier mit seiner Yacht fast unser Dinghi ab, weil er unser Angebot, sein Schiff zu verlegen mit unserer Begleitung, ablehnt. Dafür hat er nun Leinen im Propeller… selber schuld. Unser Geräteträger in dem Daisy hängt, ist leicht verschoben, Manfred kann diesen jedoch wieder gerade richten. Auch später kommt keine Rückfrage nach möglichen Schäden bei uns oder eine Entschuldigung von dem Idioten. Sei’s drum, wir haben echt noch Glück gehabt.
Am Freitag, den 29.7. legen wir ab – es soll endlich nach Horta gehen, auch wenn wir damit auf den Besuch von Sao Jorge (Hafen Velas, der sehr schön sein soll), wo die „Ocean People“ gestern hingesegelt sind, verzichten. Die Sonne brennt und wir haben bis auf die letzten 2 Stunden keinen Wind. Dafür sehen wir 2 x treibende Schildkröten!
In Horta müssen wir eine Nacht an der Außenpier liegen, da wir zum Anmelden heute bereits zu spät sind. Macht nichts, weil das Peter’s Sports Café ruft. Wir machen uns landfein und betreten mit hohen Erwartungen diese Gralsburg der Segler. Das Café selbst ist ziemlich voll und wir können uns nur nach draußen auf die Hafenmauer verziehen. Der Gin Tonic schmeckt nach nix und ich bin vom ganzen Flair enttäuscht.
Am Samstag verlegen wir unser Schiff nach dem Anmeldeprozedere bei 4 Ämtern (Zoll, Hafenpolizei, Einwanderungsbehörde und Yachthafen) längsseits an eine holländische Bestevaer“ die „Stayer“. Das nette Paar will morgen ablegen und wir können sie dann liegeplatztechnisch “beerben“.
Außer das wir das obligatorische Bild auf der Hafenmauer gemalt haben, verbummeln wir 3 Tage in Horta und der näheren Umgebung. Es ist mittlerweile so heiß geworden, dass wir beide keine Lust mehr auf das Wandern haben. Wir baden in Porto Pim, dem ehemaligen Hafen von Horta, segeln mit Daisy ein wenig im Hafenbereich rum und machen mal wieder Wäschewaschen. Auch die „Ocean People“ treffen ein und wir verabreden uns, mit der Truppe gemeinsam zur gegenüber liegenden Insel Pico per Fähre zu fahren. Eigentlich dachten wir, dass die Gruppe eine geführte Busreise oder ähnliches vorhat – das war ein Fehler. Die Holländer sind so sportlich und wollen den Pico mit fast 2500m besteigen. Als wir das erfahren, rudern wir zurück und machen nur die Fährfahrt mit. Wir kommen per Anhalter an die raue Nordwestküste und besuchen winzig kleine Fischer- bzw. Weindörfer. Die Bewohner von Pico hatten früher ein hartes Brot – in den künstlich geschaffenen Lavasteinfeldmauern wird Wein angebaut. Die Weinfässer wurden per Ochsenkarren zum „Hafen“ gefahren und dort nach Horta verschifft. Einige Spurrillen dieser Karren sind noch im weichen Lavagestein zu finden. Gegen Mittag geht es jedoch zurück zum Hauptort Magdalena. Hier finden wir auch wieder ein schönes Meerwasserschwimmbecken und erfrischen uns zum letzten Mal im Atlantikwasser der Azoren. Mit der Nachmittagsfähre sind wir rechtzeitig zurück, um uns auf die für morgen angesetzte Überfahrt nach England vorzubereiten: Wasser in Kanistern bunkern (Wo haben wir die verflixten Kanister damals vor 4 Monaten bloß verstaut?!) Dingi auf dem Vordeck festzurren und Essen vorkochen.
Wir meinen, ein halbwegs gutes Wetterfenster gefunden zu haben….
3.8. – 13.8.2016 Atlantik
Am Mittwoch, den 4.8. um 10 Uhr legen wir ab. Auch die Heik’s mit der Flying Fish starten an diesem Tag, aber von einem anderen Hafen die Überfahrt. Wir werden uns per Mail über Iridium bzw. Pactor-Modem unterwegs verständigen.
Wir segeln mit Backstagbrise an Sao Jorge (müssen wir irgendwann noch mal besuchen) und Graciosa vorbei, das Ganze bei herrlichem Sonnenschein mit Kurs 35° gen Nordosten. Zwischen diesen Inseln und noch lange danach haben wir eine unruhige Welle, aber dafür machen wir gute Fahrt. Der Wind pendelt zwischen 3 – 5 Beaufort. So geht es eigentlich die nächsten 2 Tage weiter und spült uns mit Etmalen von 142 sm und 120 sm recht schnell nach vorn. Die Heik’s haben nicht ganz so viel Glück mit dem Wind – sie befinden sich ca. 50 sm weiter südöstlich von uns und somit auch von dem Tief, welches uns am Rand diesen Wind bietet.
Am Freitag, den 5.8. geschieht das, wovon ich schon die ganze Zeit träume: ein Pottwal besucht uns! Circa 30 m an Backbord bläst er aus, lässt sich nach wenigen Minuten zurückfallen und „biegt“ nach Osten ab. Gänsehaut pur war das!
Die nächsten Tage haben wir weiterhin Südwest-Wind, der jedoch so langsam einschläft. So müssen wir 2 Tage motoren, um Strecke zu machen. Unser Iveco hat viele PS aber auch den Nachteil, recht laut zu sein. Das ist auf die Dauer nervig, vor allem, wenn man tief schlafen möchte. Wir machen ca. alle 4-5 Stunden Wachwechsel. Manfred kann wie immer gut schlafen, ich bin in der Disziplin „Schlafen auf See“ zwar besser geworden, komme jedoch nicht so ganz auf meine „Schlafkosten“. Nacht bekommen wir immer wieder Nachricht, wie es der Flying Fish ergeht. Die sind leider nicht so gut vorwärts gekommen wie wir. Wir drücken ihnen jedoch immer wieder die Daumen, dass ihr Mr. Perkins keine Zicken mehr macht.
Montagnacht um 2.30 Uhr werde ich von Manfred mit den Worten geweckt: „Du musst mir helfen, das Großfall ist gebrochen. Wir müssen die Segellatten rausziehen und das Großsegel bergen“. Ausnahmsweise hatte ich tief geschlafen, der Schock über diese Nachricht war umso tiefer. Schnell angezogen, Rettungsweste an und dann Manfred helfen, die Segellatten aus dem sich aufstauchenden Segel zu ziehen. Zum Glück hat Manfred das Großsegel ausgerollt, als wir noch keinen Wind haben. Trotzdem ist es ein beängstigendes Gefühl, 500 Meilen von jeglicher Küste entfernt mitten in der stockfinsteren Nacht bei Decksbeleuchtung ein 46m² Segel inkl. Latten zu zweit zu bergen. Dabei muss man wissen, dass wir das Großsegel in den Mast einrollen und die Segellatten demnach senkrecht angebracht sind. Also alles nicht so einfach wie bei einem konventionellem Großsegel.
Nach anderthalb Stunden war es aber geschafft und: das Großsegel musste wieder gesetzt werden. Wir haben die Dirk als Großfall genutzt. Unser Dieselvorrat reicht noch nicht aus, um nach England zu motoren und viel Wind sollten wir laut den GRIB-files nicht bekommen, zudem mehr oder weniger von vorn. Wir sind also auf die 46 m² Segelfläche hinter dem Mast angewiesen. Damit haben wir ein digitales Großsegel. 0 = es ist ganz unten, 1 = es ist 100% gesetzt. Einrollen / Reffen is‘ nicht! Wie wir bald vermuten und wie es sich später auch herausstellt, ist jedoch nicht das Großfall selbst gebrochen, sondern am unteren Teil der Wirbelanlage oben innerhalb des Mastes war ein Bügel abgebrochen. So nach und nach kamen wir auch auf die mögliche Ursache: früher hatte Auriga ein Dacron Segel ohne Latten, nun ist das Großsegel jedoch durchgelattet, etwas mehr ausgestellt und aus Laminat. Da wirken natürlich ganz andere Kräfte auf die festen Punkte, an denen das Segel angeschlagen ist, insbesondere, wenn es im Seegang flappt. Wir hoffen, dass das gebrochene Teil in England zu schweißen ist, so dass wir das Groß wieder normal nutzen können. Es sind ab England auch immerhin noch rund 800 sm bis Glückstadt!
Mit dem gesetzten Groß sind wir bis Donnerstagabend, 11.8. , weiter gekommen. Eine Kaltfront erwischte uns noch, brachte glücklicherweise nur 4-5 Windstärken. So konnten wir mit dem voll gesetztem Groß recht gut durchsegeln.
Ich war allerdings mit den Nerven ziemlich fertig und habe mir alle möglichen Szenarien ausgedacht. Manfred ist zum Glück aufgrund seiner Erfahrungen gelassener und konnte mich immer wieder beruhigen. Die Nachtwachen alleine im Cockpit waren für mich das schlimmste, aber sobald dann tagsüber die Sonne schien, war die Welt auch wieder in Ordnung.
Von Donnerstagnacht bis Samstagmittag, den 13.8. haben wir noch ein Geschenk von Rasmus bekommen. Nunmehr mit einem gut östlichen Kurs von ca. 80° bekamen wir 4-5 Windstärken aus Südwest. Mit ausgebaumtem Yankee und außen geschoteter Fock machen wir um die 6 kn Fahrt Richtung Islands of Scilly. Zum Glück hatten wir vorher schon das Großsegel in aller Ruhe geborgen und am Baum beigebändselt. Auch die Segellatten wurden sicher und gut gegen Verlust gestaut.
Samstagmittag ist es dann endlich soweit: Landfall! Wir segeln im Nieselpiesel mit wenig Sicht auf Bishop Rock zu, machen sicherheitshalber auch das Radar mit an und motoren durch das betonnte Fahrwasser zum Hafen von St. Marys. Hier bunkern wir an der Pier erst mal gegen Ein-Pfund-Stücke ordentlich Wasser (bäh, hat einen ekeligen chlorigen Beigeschmack) und verholen uns an eine der vielen Mooring-Tonnen. Dann endlich das Anlegerbier & Tüte Chips. Endlich wieder „Land unter den Füßen“, auch wenn es noch schwankt.
13.8. – 16.8.2016: Islands of Scillys: St. Marys
Diese kleine Insel ist perfekt für den Landfall nach 10 Tagen – es gibt inseleigenes Obst und Gemüse, von dem wir uns gleich mal für 12 englische Pfund in einem “Farmers Deli” eindecken. Zudem locken viele kleine Geschäfte und Souvenirläden in "Hugh Town“ zum ausgiebigen Bummeln. Auch die Landschaft ist abwechslungsreich und geschichtsträchtig. kurzum: wir sind im Paradies!
Abends genießen wir einen Sundowner am Strand von Port Cressa und hauen uns anschließend den Bauch voll mit fetten Pommes, Steak und Salat, bis wir müde zum Dinghi-Dock (eine schwankende Plattform, an dem alle Mooring-Lieger ihr Beiboot parken) wanken.
Den Sonntagmorgen verbringen wir ganz fleißig mit Bootspflege. Die wichtigste Aufgabe hat Manni jedoch, in dem er den Topwirbel aus der Rollanlage nach unten holt. Unsere Schadensvermutung war richtig, der u-förmige Bügel ist gebrochen und aufgebogen. Vielleicht finden wir ja hier in St. Marys einen Schweißer, der uns dieses Teil kurzfristig reparieren kann?
Nachdem wir am Vormittag fleißig waren, kommt jetzt das Vergnügen. Wir fahren Slalom zwischen allen anderen Schiffen zum Dock und parken unsere Daisy dort. In Shorts und T-Shirt erkunden wir die alte Festung („Garrision“) in der mittlerweile ein richtig schönes, altes, englisches Hotel seine Gäste verwöhnt. Dann folgen wir dem Fußpfad rund um die Südwestecke entlang der alten Verteidigungsmauern mit etlichen Geschützstellungen (ist es typisch englischer Humor, wenn eine dieser Kanonenstellungen „Morning Glory“ heißt?!). Am späten Nachmittag springen wir am Strand von Port Cressa noch mal in die Atlantikfluten, die hier doch um einiges kälter als auf den Azoren sind – wen wundert‘s.
Am Montag, den 15.8. telefonieren wir mit einem örtlichen Schweißer, der sogar heute noch! unser Teil schweißen würde. Also nix wie hin. Die Wartezeit verbringen wir mit, na ratet mal – genau: shoppen. Heute hat Manfred mehr „Glück“ als ich und es steht ihm ausgezeichnet.
Zurück zum Schweißer und um 30 Pfund leichter, nehmen wir das überaus kostbare Teil mit an Bord, wo Manfred es gleich wieder anbaut. Das Großsegel können wir nicht setzen, da zu viel Wind aufgekommen ist. Weil auch alle anderen Segler aus demselben Grund von den vielfältigen Ankerplätzen in die Bucht von St. Marys kommen, werden die Mooring-Tonnen knapp. Wir bekommen eine große Hallberg-Rassy als Mooringpartner. Die Schiffe werden wie auch an Land üblich gut miteinander vertäut und abgefendert. Die Brigantia-Crew, eine Segelgemeinschaft vom Bodensee, die dieses Schiff betreibt, lädt uns zum Dank zum Essen bei ihnen an Bord ein. Es wird ein netter Abend.
Auch am Dienstag weht es weiterhin mit guten 5 Windstärken aus Osten, somit ist unsere Bucht ohne Schwell und perfekt. Morgen sagt der Wetterbericht grauen Himmel und wenig Wind als Vorbote eines kleineren Tiefs voraus und wir planen, die 65 sm nach Falmouth in Angriff zu nehmen. Zum Wochenende hat sich ein ausgewachsenes Sturmtief angekündigt, welches wir denn doch lieber in einem geschützten Hafen „abwettern“ wollen. Zunächst aber genießen wir das herrlich sonnige Wetter und wandern die Nordwestküste entlang. In „Juliets Garden“ gibt es das weltbeste Eis. Und wenig später bestaunen wir eine ausgegrabene Siedlung aus der Eisenzeit: Halangy. Die Hausumrisse und Vorratskammern aus Feldsteinen sind immer noch gut erkennbar und ich bewundere einmal mehr, vor wie langer Zeit die Menschen schon in diesem durchaus rauen Klima ihre Nahrung hier mühsam dem Meer oder dem Boden abgerungen haben.
Aber zurück in die Gegenwart: Wir wandern weiter durch das Inselinnere. Hübsche Straßenschilder weisen uns den Weg zu einer etwas verwilderten Gartenanlage „Garregh Dhu Garden“. Danach kommen wir in einer kleinen Galerie & Potterie mit dem älteren Besitzer und Künstler ins Gespräch. Als er erfährt, dass wir hier mit unserem Schiff sind, bekomme ich sogar ein kleines Bildchen geschenkt, was natürlich zur Folge hat, dass wir ein kleines Porzellandöschen nun unser eigen nennen…
Der alte Ort, passenderweise „Old Town“ genannt, befindet sich auf der Ostseite von St. Marys. Auch hier gibt es eine kleine, flache Bucht für Fischerboote. Es ist ein sehr entspannter Ort. Überhaupt sind alle Scillonians hier auf St. Marys überaus freundlich und zuvorkommend. Es wird gegrüßt und ungefragt bei der Orientierung geholfen. Wir fühlen uns hier ausgesprochen wohl.
Ach, und selbstverständlich probieren wir die frisch zubereiteten Pasties (Teigtasche mit Fleisch, Käse und/oder Gemüse gefüllt) und sind abends im Mermaid Inn, eine richtig schöne Kneipe, wo man auch mal mit anderen Mooring-Nachbarn ins Gespräch kommt.
Auffällig für mich sind etliche Mädchen. Viele sind „gut im Futter“, tragen aber hautenge Jeans, Shorts, Kleidchen und zeigen viel von ihrer Haut. Ich beglückwünsche sie insgeheim zu ihrem Selbstbewusstsein. Selbstverständlich gibt es auch hier etliche sehr hübsche Frauen und Männer, aber dieser besondere Kleidungsstil muss doch mal erwähnt werden. Und das Vorurteil, dass Engländer die Sonne nicht so gut vertragen, kann ich hier auch bestätigen – viele laufen doch arg rothäutig am Hafen lang zu den Ausflugsbooten, die die anderen Inseln der Scilly‘s aufsuchen. Wir sparen uns den Besuch dieser Inseln und weiterer Ankerplätze auf – denn eines ist sicher: wir kommen wieder!
Es ist Mittwochmorgen, der 17.8. und wie angekündigt diesig und grau. Wir sind um 6 Uhr aufgestanden und können mit Unterstützung der Brigantia-Crew unser Großsegel recht zügig im lauen Wind setzen. Dieser Tag ist mal wieder einer, den man am liebsten in seinem Gedächtnis streichen will. Es ist so eine feuchte Luft und somit schlechte Sicht, dass wir vom Festland gar nichts zu sehen bekommen. Es ist, als wäre man mitten im nirgendwo würde das AIS nicht andere Schiffe anzeigen und die eine oder andere Tonne einen Heulton abgeben. Bei Lizard Point erleben wir ekeligsten Seegang und ich merke an, dass wir alle weiteren Kaps oder „Points“ mit erheblich mehr Abstand passieren sollten. Das einzig Positive war heute, dass wir von Guido mit der Playmobil hören. Er wie auch alle anderen „Ocean People“ sind nach ebenfalls 10 Tagen auf See auf dem Weg nach Falmouth. Die Einfahrt in die Flussmündung ist soweit kein Problem, Problem ist nur, dass alle Hafenmeister, die wir per Funk erreichen, uns keinen freien Liegeplatz mehr anbieten können. Wir finden jedoch „Playmobil“ längsseits an 2 anderen holländischen Schiffen und er weist auf eine Swan hinter ihm an der Pier, bei der wir uns nun kurzerhand selbst einladen. Die beiden älteren Herren meinen zwar, dass sie uns mit der Auslaufzeit von 6 Uhr morgens schocken können, das klappt aber ja nun für uns Nordsee-Segler nicht.
Somit können wir am Donnerstagmorgen einen schönen Längsliegeplatz erben. Der Vormittag wird mal wieder für das längst fällige, aber elendige Wäschewaschen und schwierige Wäschetrocknen „verbraucht“. Am Nachmittag schaut auch mal wieder die Sonne raus und wir bummeln durch die sehr lebendige Hafenstraße in Falmouth. Ziemlich viele schöne und auch kitschige Läden, ziemliche viele Menschen und an jeder Ecke ein Pub oder Café – Herz was willst du mehr?!
Am Freitagmorgen, 19.8. regnet es Hunde und Katzen. Auch der Wind hat bereits zugenommen. Somit können wir endlich mal reinen Gewissens ausschlafen und rumschlummeln. Erst am späten Vormittag reißt der Himmel auf und der Wind legt noch mal einen Zahn zu. An einen weitere Wasch-Arie mit Wäscheaufhängen ist nicht zu denken und wir bummeln stattdessen erneut in dieser lebendigen Hafenstadt. Für den doch lang gewordenen Rückweg entdeckt Manfred glücklicherweise per Google Maps eine kleine, urtümliche Personenfähre, die uns schnell wieder zurück zur Pendennis-Marina bringt. Abends laden wir Guido zum Pfannkuchen-Essen ein und wir verputzen diese selbstgemachten Kalorienbomben mit Blaubär-Kompott, Nutella oder Zucker. Anschließend besichtigen wir endlich mal Guidos schicke Breehorn 37, wie wir dieses seit den Azoren vorhatten (s. auch: www.segelyacht-playmobil.de). Er hat den Innenausbau selbst mit designed und bauen lassen. Viele pfiffige Lösungen und Details finden sich hier an Bord. Hätten wir nicht schon Auriga, dann muss ich zugeben, wäre ich etwas neidisch …
In der Nacht zu Samstag drücken einige Böen selbst Auriga auf die Seite. Sie kündigen sich mit einem Heulton an und fallen direkt anschließend über alle Masten, losen Schoten und Segelbaumkleider her. Ich möchte momentan auf keinen Fall draußen auf See sein. Eigentlich sollte dieses Wochenende noch weitere Regatten der Halbtonner-Meisterschaft hier stattfinden, die seit gestern Nachmittag aber wohl gecancelt wurde. Somit ist das laute Gewusel hier auf unserem Steg auch vorbei :-) Samstagmorgen wird mal wieder staubgesaugt und der Iveco bekommt frisches Öl. Wir sind zufrieden, denn nun ist Auriga wieder fit und voll einsatzfähig.
2.8. – 24.8.: Cornwall und Devon: tolle Häfen und historische Städtchen
Auch der Sonntag verläuft in Falmouth stürmisch und regnerisch. Wir trauen uns, einen 2-stündigen Spaziergang rund um die Landspitze Pendennis zu unternehmen, kehren aber gern anschließend in eine Cornish Bakery ein und schlagen mal wieder die Kalorien auf dem Teller tot. Abends machen wir weiter: Fish und Chips mussten endlich sein. Morgen geht es immerhin weiter auf See. Wir wollen in eine Flussmündung zu einem alten Schmuggler- und Piratennest namens Fowey.
So legen wir am Montagmorgen gemeinsam mit der Flottille der „Ocean Peoble“ ab und rollen bald darauf den Yankee und die Fock aus. Die Flottille will heute noch nach Dartmouth – gut 70 sm weiter nach Osten, wir haben nur 23 sm vor der Nase und lassen es gemütlich mit Wind von hinten angehen. Wobei man unter Gemütlichkeit sicher nicht das kalt-nasse Wetter mit grauem Himmel versteht. Ich bin durchgefroren, als wir gegen 14.30 Uhr eine der blauen Mooring-Tonnen für besuchende Yachten zu fassen bekommen haben. Schnell wird das Dinghi runtergelassen und ich ziehe mir die selbstgestrickten Socken an (Danke, liebe Kirsten!). Dann geht es per Boot über den Fluss zum Dinghi-Dock. Fowey ist ein malerischer Ort mit knuffigen kleinen Gassen, Geschäften und Kneipen. Wir finden (wieder mal) ein pittoreskes kleines Teehaus: Cream-Tea und Kuchen machen die Füße schnell warm. Bummelnderweise kommen wir an der nächsten Kneipe vorbei und bestellen uns denn noch ein Bier (Pint = ca. halber Liter) und einen Rotwein. Wir dürfen an einem Tisch mit 2 anderen netten Herren sitzen. Wie sich herausstellt, sind es Iren, die schon lange hier in der Gegend wohnen, auch bereits in Deutschland waren und sich sehr für unsere Reise interessieren. Während wir zu weiteren 2 Bier/Rotwein genötigt werden, bekommen wir noch gute Tipps für die nächsten Häfen. Nach dieser Druckbetankung (die beiden Herren wurden zum Dinner erwartet und wurden rechtzeitig vor dem nächsten Drink quasi aus der Kneipe aufgepickt) weigere ich mich, hiernach noch Essen zu kochen. Somit verbleiben wir in der Kneipe und essen uns wieder halbwegs nüchtern. Anschließend fühlen wir uns sogar noch in der Lage, den Fluss ein Stück weit mit Daisy hoch zu motoren. Sogar das Anlegen am Mutterschiff klappt noch und wir fallen müde ins Bett.
Am nächsten Morgen klopft nicht der Kopf, aber der Hafenmeister: an den Rumpf. Er erleichtert uns um 25 englische Pfund. Wer glaubt, dass England die üblichen Hafen- und Mooringgebühren veranschlagt, wird heftig schlucken müssen. Wir wussten bereits, dass die Hafengebühren recht üppig ausfallen würden: so durften wir bereits in Falmouth rund 200 Pfund bezahlen, die uns das Anbinden für 4 Nächte zugestanden. Hin und wieder überkommt uns denn doch Wehmut: in Portugal inkl. Madeira und Azoren war das Leben um gut 2/3 günstiger – das betrifft übrigens auch alle weiteren Lebenshaltungskosten (Kaffee für 70 Cent!).
Sei’s drum, so schnell werden wir hier nicht wieder herkommen können. Wir motoren mit unserem Dinghi noch mal rüber nach Fowey, gönnen uns ein gutes Frühstück (weil uns das Brot ausgegangen war) und besuchen anschließend noch den gegenüber liegenden Ort Polruan. Ich könnte hier fast jedes Cottage bewohnen – etliche sind liebevoll gepflegt und haben einen fantastischen Ausblick auf den Fluss oder das Meer.
Aber wir müssen weiter: Salcombe hieß der Tipp der beiden Herren vom Vorabend. Die zu überwindende Distanz beträgt immerhin 40 sm, von denen wir 36 Meilen bei nunmehr Sonnenschein und mit Backstagbrise segeln können. Die englische Küste und das eine oder andere Kap zieht an uns vorbei (fast keine wilden Wellen). Die Ruhe währt, bis wir ca. 2 sm vor der fjordähnlichen Einfahrt die Segel einrollen wollen und derweil schon mal den Motor anmachen. Nach 5 Minuten verblubbert jedoch der Lärm – Schiet, was ist das denn? Manfred verschwindet schnell im Motorraum und findet zumindest den Fehler: Luft im Dieselfilter. Er entlüftet die Leitungen und wir können nach 10 Minuten die Maschine wieder starten. Blöd wäre es gewesen, wäre es uns auf der Barre zur Flussmündung mit 2-3 kn Strom passiert. Wir ärgern uns sehr. Davon abgesehen offenbart sich uns beim langsamen Einlaufen in diesen „Fjord“ (ist kein Fluss, sondern eher eine Mini-„Ria“) ein herrliches Sommerparadies. An Land stehen prachtvolle Häuser, auf dem Wasser tummeln sich Jollen, Ruderboote, Fähren und Standup-Paddler. Wir nehmen die nächstbeste Mooring-Tonne und Manfred geht noch mal auf Fehlersuche. Lediglich bei der Kraftstoff-Förderpumpe war etwas ausgelaufener Diesel zu finden. Manfred zieht noch mal alle Verschraubungen nach – die Ursache ist aber unserer Meinung nach noch nicht sicher gefunden.
Zum Trost gibt es leckeren Salat mit Schafskäse endlich mal wieder am Cockpit-Tisch. Unsere Augen wissen bei dem bunten Treiben gar nicht, wo sie zuerst hinschauen sollen. Aber auch hier wird es irgendwann dunkel und wir fallen müde in die Koje.
Am Dienstag, den 23.8.2016 hat Manfred Geburtstag. Er hätte sich kaum einen schönen Ort und kein besseres Wetter aussuchen können, um seinen Ehrentag zu feiern. Es wird ein herrlicher, sonniger Sommertag mit Temperaturen weit über 20°. Einige kleine Geschenke haben den Weg auf den Gabentisch gefunden – den Rest gibt es dann irgendwann, wenn wir wieder zu Hause sind. Dafür wird Manfred mit einem üppigen Frühstück und einem Tag ohne Widerrede oder Gegenvorschläge bei Laune gehalten. Wie bereits in Fowey, motoren wir zwischen den vielen Mooring-Liegern zum gut besuchten Dinghi-Dock und bummeln anschließend durch die Einkaufsgasse und die malerische Küstenstraße entlang. Versprochen: sobald wir mal wieder gutes Internet haben, werden wir viele tolle Bilder hochladen!
Den Nachmittag verbringt Manfred „Geburtstagskönig-gemäß“ in der Hängematte an Bord. Ein Buch zu lesen fällt bei den vielen Aktivitäten rund um unser Boot herum sehr schwer und wir geben es bald auf. Dafür bekommt Manfred auf dem Vordeck endlich mal die Haare geschnitten (neue Technik: „Mit-dem-Wind-Schneiden“) Es wird eine halbwegs passable Frisur. Zum Abendessen haben wir uns ein dickes Rumpsteak mit grünen Bohnen an Land besorgt. Frisch zubereitet in der Pfanne und verspeist in der Abendsonne im Cockpit werden doch wohl Seglers Träume wahr oder?!
Am Mittwoch (nachdem wir gecheckt haben, ob wieder Luft im Dieselfilter war – alles bestens – warum auch immer…) lassen wir die Mooring-Tonne los und motoren wehmütig weiter. Heute ist kein Wind zu erwarten. Somit werden die heutigen 22 sm motort. Wir müssen endlich auch mal wieder unseren Dieselbestand auffüllen – dies machen wir an einer „Fuel Barge“ in Brixham. Wie man uns versichert, hat der Treibstoff keinen Bio-Anteil. Nach dieser Unterbrechung motoren wir an der „englischen Riviera“ entlang nach Torquay. In der riesigen Marina finden wir nach Funkansage des Hafenmeisters schnell den zuvor telefonisch reservierten Platz. Flugs sind wir dann auch auf dem Weg zum Hafenbüro für die obligatorische Anmeldung und zur Laundry. Da es in Falmouth letzte Woche so geweht und geregnet hat, ist der Berg Wäsche schon wieder stark gewachsen. Diese Marina hat tolle Waschmaschinen und was noch viel wichtiger ist: tolle Trockner! Die „W“-Wartezeit überbrücken wir mit einem Kaffee und wie soll es anders sein … bummelnderweise durch die belebte Einkaufsmeile. Hier reihen sich ein Billigladen und Fish & Chips / Burgerimbiss an den nächsten. Trotzdem des Rummels und der vielen (dicken) Touristen bekommt man das Flair eines alten englischen Seebades durchaus mit. Es gibt verschnörkelt gebaute Pavillons und beeindruckende Hotelfassaden zu bewundern, man muss nur den Blick nach oben oder in die Ferne richten. Wir lassen es momentan bewusst mal etwas relaxter angehen und genießen die Urlaubsatmosphäre. Vor uns liegen ja noch rund 600 sm, die wir in längeren Tagestörns bewältigen müssen.
Ziel Torquay: Am Mittwoch (nachdem wir gecheckt haben, ob wieder Luft im Dieselfilter war – alles bestens – warum auch immer…) lassen wir die Mooring-Tonne los und motoren wehmütig weiter. Heute ist kein Wind zu erwarten. Somit werden die heutigen 22 sm motort. Wir müssen endlich auch mal wieder unseren Dieselbestand auffüllen – dies machen wir an einer „Fuel Barge“ in Brixham. Wie man uns versichert, hat der Treibstoff keinen Bio-Anteil. Nach dieser Unterbrechung motoren wir an der „englischen Riviera“ entlang nach Torquay. In der riesigen Marina finden wir nach Funkansage des Hafenmeisters schnell den zuvor telefonisch reservierten Platz. Flugs sind wir dann auch auf dem Weg zum Hafenmeister und zur Laundry. Da es in Falmouth letzte Woche so geweht und geregnet hat, ist der Berg Wäsche schon wieder stark gewachsen. Diese Marina hat tolle Waschmaschinen und was noch viel wichtiger ist: tolle Trockner! Die „W“-Wartezeit überbrücken wir mit einem Kaffee und wie soll es anders sein … bummeln durch die belebte Einkaufsmeile. Hier reihen sich ein Billigladen und Fish & Chips / Burgerimbiss an den nächsten. Trotzdem des Rummels und der vielen (dicken) Touristen bekommt man das Flair eines alten englischen Seebades durchaus mit. Es gibt verschnörkelten Pavillons und beeindruckende Hotelfassaden zu bewundern, man muss nur den Blick nach oben oder in die Ferne richten. Wir lassen es momentan bewusst mal etwas relaxter angehen und genießen die Urlaubsatmosphäre. Vor uns liegen ja noch rund 600 sm, die wir in längeren Tagestörns bewältigen müssen.
Die Eindrücke stapeln sich momentan in unseren Köpfen. Englands Südostküste hat so viel Unterschiedliches zu bieten, so dass wir momentan wirklich nur „sammeln“. Sortieren im Kopf und im Bilderordner muss später erfolgen. Aber fangen wir doch mit der Fortführung hier im Blog an:
Am Donnerstag, den 25.8. machen wir einen Ausflug per Bus und Dampflokomotive von Torquay nach Dartmouth, wo in diesen Tagen eine Ruderregatta stattfindet. Das war auch der Grund, warum wir diesen malerischen Flusslauf, den Dart, einfach ausgelassen hatten.
Wir erwerben morgens 2 Tickets, die die Busfahrt nach Paignton und ab dort die Dampflok nach Kingswear und die Fähre nach Dartmouth beinhalten. Die vorbeziehende, sogenannte englische Riviera ist dicht gepflastert mit Vergnügungsparks. Aus dem Zugfenster bewundern wir die Wetterresistenz der englischen Urlauber. Es ist nieselig und diesig, trotzdem werden am Strand die Badesachen ausgepackt. Die Kinder stecken zumeist im Neoprenanzug. Damit lässt es sich auch bei diesen Konditionen hervorragend im Sand buddeln und baden. Die Eltern holen derweil ihre Sandwiches, Pasties und Süßgetränke raus und lassen sich den Tag nicht von ein paar Wolken vermiesen – bewundernswert.
Die Zugfahrt selbst mit allem Gerüttel, Gerüchen und Geräuschen ist ein tolles Erlebnis – Bahnfahren mit allen Sinnen sozusagen. In Kingswear auf dem ebenfalls nostalgisch angehauchten Bahnhof angekommen, setzen wir zügig mit der Fähre nach Dartmouth über. Auch dieser Ort ist eine Hochburg des englischen Segel- und Rudersports. Der Fluss Dart ist voll mit Anker- und Mooringliegern. Mitten zwischendrin finden die Ruderregatten statt. Wir bummeln durch die pittoreske Innenstadt, schnödern in den Geschäften und schönen Galerien, bis es Zeit für einen Tee und Imbiss wird. Dann geht der Bummel weiter. In einem weiträumigen Park lauschen wir einer Coverband namens „Wiskey Falls“. Alle sind in Sommerlaune – wir auch! Zurück mit Fähre, Zug und Bus genehmigen wir uns abends in Torquay an der Hafenpromenade wieder eine leckere „Schweinerei“, auch wenn der Blick auf die vielen übergewichtigen Menschen uns durchaus zu denken gibt.
Sonntag, 4.9. – 11.9.2016 Dover bis Texel/Vlieland
Den Sonntag nutzen wir endlich mal für einen Museumsbesuch. Hier in Dover gibt es ein tolles und kostenfreies Museum, in dem wir uns mit der wechselvollen Historie dieses Fährhafens vertraut machen. Den Kopf voll mit Informationen wandeln wir anschließend an der Seepromenade entlang. Es ist nicht wirklich kalt, trotzdem verziehen wir uns später zurück an Bord. Manfred berechnet schon mal, wie viele Meter und von welcher Art die Fallen und Schoten sein müssen, die wir im Winter austauschen möchten. Abends versuchen wir, den Tatort über das Internet zu sehen – es erscheint leider nur der Hinweis, dass das im Ausland nicht erlaubt sei. Warum? Wir wissen es nicht. Zum Glück liegen da noch einige DVD’s im Bücherschapp: Fack ju Göthe ist auch recht kurzweilig.
Montag, den 5.9. ist es regnerisch und zutiefst grau. Erst gegen 11.30 Uhr kommen wir aus dem Binnenhafen raus, da dieser das Wasser bis zur halben Tide staut. Wir werden von der Dover Port Control zum östlichen Hafenausgang geschickt. Wie eine große Fähre laufen wir hier aus. Dank AIS können wir draußen trotz der relativ schlechten Sicht die Verkehrstrennungsgebiete( vorschriftsmäßig im rechten Winkel) queren. Der Regen hat zum Glück aufgehört und wir freuen uns schon auf Dünkirchen. Oostende selbst ist zugebaut mit Hochhäusern und megalangen Shopping-Straßen. Das belgische Publikum ist noch fleißig am flanieren, als wir abends durch die Straßen wandern. Abends überbacken wir das von Heiko besorgte Frühstücksbaguette mit Schinken, Käse und Ananas – ächt lekker lieber Heiko!
Was wir nicht wussten: auch die Heik’s mit ihrer Flying Fish sind am Sonntag mit 7 Beaufort von Bologne nach Dünkirchen „geflogen“. Wir machen denn direkt bei ihnen längsseits fest. Die Wiedersehensfreude ist groß und wir begießen diese zusammen mit Bram und Inge von Hutting Yacht Capella in einem netten französischen Brasserie und bei uns an Bord (Motto: Restetrinken!). Schön war auch der Anblick unserer drei von Herrn Koopmans konzipierten Schiffe.
Freitag, den 9.9. geht der Motor um 5.40 Uhr an und wir legen ab Richtung Texel. Auch heute Vormittag ist zunächst der Motor unser Vortrieb. Um 10 Uhr setzt der Wind ein und wir können erneut den Yankee ausbaumen. Heute ist es nicht so böig wie gestern und wir kommen gegen 13 Uhr im Schulpengatt an. Die Welle ist mit 5 Windstärken aus Südwest trotz etwas Flutstrom unangenehm (Letztes Jahr hatten wir uns bei 7-8 Beaufort aus West nicht getraut, hier einzulaufen und wir finden, dass wir daran gut getan haben…). Um 14.30 Uhr binden wir Auriga im Yachthafen von Oudeschild/Texel an. Wir sind zwar vom frühen Aufstehen etwas müde um die Nase, aber unsere Neugier ist wie immer stärker. Zunächst gibt es die superleckeren holländischen Pommes spezial (Pommes mit Ketchup, Mayonnaise und frischen Zwiebeln) und Bitterballen. So gestärkt erkunden wir den kleinen Hafenort. Es ist ein wenig Postkarten-Holland und wir freuen uns schon auf die morgen geplante Radtour zur Nordseeseite.
Am 10.9. ist auch immer noch schönes Wetter. So macht das Aufstehen Spaß. Manfred hat wie immer die Fahrräder schnell rausgeholt und ausgestattet mit Wasser, Stranddecke, Handtuch, Bikini und zur Sicherheit einem Pullover radeln wir flott (dank des Rückenwindes) zur „Hauptstadt“ von Texel: Den Burg. Hier reiht sich auch wieder ein Geschäft an das nächste. Wir wundern uns, wie viele Urlauber hier noch unterwegs sind. Es ist brechend voll. Manfred streikt nach einer Stunde und will weiter – ich kann ihn ja verstehen, auch wenn ich es nicht zugeben will. So radeln wir durch das landwirtschaftlich geprägte, flache Binnenland weiter nach“ De Koog“. Schnell zum Strand heißt hier aber die Devise, um ja keinen Sonnenstrahl zu verpassen. Leider hat sich der Himmel mit Schleierwolken bezogen, es ist jedoch noch warm genug, um mich in die Nordseewellen zu rufen. Ausgestattet mit einem Windschutz machen wir eine schöne Nachmittagspause. Die Nordseestrände haben auch was, finden wir!
Um dem starken Gegenwind zu entgehen, fahren wir die westlich gelegenen Dünen entlang durch einen langen Wald. Es ist eine schöne Fahrradstrecke und wir müssen uns nicht allzu sehr in die Pedalen stemmen. In der Ortschaft „Den Hoorn“ radeln wir an einer Kneipe vorbei. Manfred ruft: „Stopp! Davon habe ich schon gehört. Das hier soll die 2. Whiskey-Kneipe nach „der blauen Maus“ an der Nordseeküste sein!“ Stimmt, jetzt wo er das sagt, fallen mir auch die lobenden Worte des Amrum-Wirtes der „blauen Maus“ ein. Wir gucken eigentlich nur kurz rein und wollen dann weiter. Da haben wir aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Wir werden vehement reingewunken und werden zu einem kleinen „Whiskey-Tasting“ genötigt. Es handelt sich um einen, hier auf Texel hergestellten ganz jungen Whiskey. Wir erzählen natürlich, woher unsere Neugier kommt. Schnell werden wir mit weiteren Informationen versorgt: auch auf Norderney gibt es eine unter Whiskey-Kennern hoch gelobte Kneipe, die wir unbedingt besuchen sollen. Das ist doch mal ein guter Tipp.
Trotzdem, wir müssen jetzt mal weiter *hicks*- 8 km können ganz schön lang sein. In Oudeschild müssen wir unbedingt noch mal die leckeren Pommes essen, bevor es die letzten Meter zum Schiff zurückgeht. Mittlerweile hat sich der Hafen gut gefüllt – viele Segler aus dem Ijsselmeer nutzen das außergewöhnliche Sommerwetter für eine Wochenendtour.
Als wir abends den Wetterbericht checken, machen wir nach diesem schönen Tag jedoch lange Gesichter: in den nächsten Tagen weht uns ein zum Teil strammer Ostwind entgegen und verspricht eine lange Kreuzerei. Ab Donnerstag wird das Wetter unbeständiger: die ersten Herbststürme kündigen sich an. Somit müssen wir Meilen nach Osten machen, solange wir noch etwas Südwind haben. Und das heißt: Vlieland ade! Dabei hatten wir uns so darauf gefreut, 2-3 Tage auf dieser muckeligen Frieseninsel zu genießen. Ein gebührender Abschied unserer 5-monatigen Auszeit sozusagen. Schöner Schiet, daraus wird jetzt nichts. Heute geht es zwar über das Wattfahrwasser nach Vlieland, das wir dann nur für einen Abend genießen dürfen. Montag machen wir entweder den langen Schlag nach Norderney (77 sm) oder sogar die Nacht durch nach Helgoland (130sm) je nach dem, wann wir den Ostwind auf die Nase kriegen.
Sonntag, den 11.9. wird aber wie jede Woche erst mal wieder sauber gemacht. Wir können erst ab 12 Uhr los, um zur rechten Zeit das Wattenhoch in der „Oude Vlie“ zu erwischen. Nun ist aber auch das Gefühl an Bord vorherrschend, zügig nach Hause zu kommen, bevor es auf der Nordsee ungemütlich wird. Regen und Kälte ist nicht der krönende Abschluss, den wir uns wünschen... wir motoren über eine spiegelglatte See durch das Wattenmeer mit seinen engen Fahrwassern. Die Sonne scheint und es wird richtig warm. Kurz vor Vlieland ruft Manni: „Guck‘ mal, da ist die „Stayer“ mit Douwe und Maike!“ Ich fass‘ es nicht: Ende Juli lagen wir zusammen an der Pier von Horta/Faial und nun treffen wir uns hier wieder. Das sich die magischen Momente im Seglerleben. Douwe dreht sofort um, als auch er uns gewahr wird. Nur durch 50 m Wasser getrennt, rufen wir uns unsere Erlebnisse seit deren Ablegen von Horta zu. Dazu wird gehopst und gewinkt, um unserer Freude Ausdruck zu geben. Aber sie genauso wie wir müssen weiter: die Tide wartet nicht.
Wir können an diesem Abend zum ersten Mal in Vlieland einen freien Boxenplatz nutzen. Normalerweise ist diese Insel von den Seglern gnadenlos ausgebucht. Wir machen uns schnell landfein und bummeln durch die wirklich malerische Dorfstraße. Dann gönnen wir uns ein leckeres Abendessen auf der Terrasse der „Oude Stoep“. Das hat uns schon im letzten Jahr so gut gefallen, als wir mit unserer lieben Freundin Gaby hier waren.
Nachtfahrt von Vlieland nach Helgoland.
Am Montag, den 12.9. legen wir mit viel Wehmut im Herzen um 7 Uhr ab und dürfen wie schon bei unserem Ankerbesuch Anfang Mai einen magischen Sonnenaufgang erleben. Auriga zieht an den friesischen Inseln vorbei – es ist hochsommerlich warm und wir genießen die wellenbefreite Nordsee. Zeitweise können wir segeln, aber auch einige Stunden Motorfahrt sind angesagt.
Allerdings hatten wir uns die „Begrüßung“ in Deutschland anders vorgestellt: als wir mit einem Kreuzschlag an den Windpark „Riffgat 1“ herankommen, werden wir über Funk von einer mauligen Dame des „Ems Traffic“ darauf hingewiesen, dass das Befahren verboten sei und wir doch bitte unverzüglich unseren Kurs ändern mögen. Sie (die Dame) hätte mit der Überwachung des Emsfahrwassers besseres zu tun, als Seglern die Annäherung an den Windpark zu untersagen. Ich verbeiße mir eine patzige Antwort, obwohl Manfred zu berichten weiß, dass der Sportschifffahrt bei Baubeginn zugesagt wurde, dass das Durchfahren des Windparks nach Fertigstellung erlaubt sei. Wir sind sauer, obwohl wir noch nicht mal da durchfahren, sondern die letzten Meter Höhe mitnehmen wollten. Sei’s drum, wir sind wieder in Deutschland…vor Rotterdam sind die Dampfer auf Anweisung der Revierzentrale uns querenden Seglern ausgewichen…
Zum Abendessen gibt es Labskaus mit Spiegelei und dann geht Manni in die Salonkoje. Wir haben beschlossen, bis Helgoland durchzufahren. Die Wetterberichte für die kommenden Tage sind momentan zu veränderlich, um eine ruhige Weiterfahrt von Norderney – angedacht war Freitag – zu gewährleisten. Die Helgoländer Düne ist ja auch ganz schön, um dieses phänomenale Sommerwetter zu genießen. Meine Wache ist gut ausgefüllt mit AIS Überwachung und Wenden. Letzteres stelle ich dann aber ein, weil der Wind einschläft und die Tide uns zurück „spült“. Der Motor röhrt und wir halten direkten Kurs auf die TG 9, an der der Tiefwasserweg für die Großschifffahrt beginnt.
Um Mitternacht werde ich abgelöst und dann darf Manfred weiter navigieren. Er entscheidet 2 Stunden später, wieder zu segeln und kommt mit wenigen Kreuzschlägen bis zur (berüchtigten) Tonne. Der Blick auf das AIS verursacht Schwindel. Jede Menge Schiffe von links und von rechts, dazu ein großes Feld von Ankerliegern, die wohl auf ihren nächsten Auftrag warten (und jederzeit Anker auf gehen können). Manfred lässt mich zum Glück länger schlafen, so dass ich das Gewusel erst in der Endphase miterleben darf. Nachdem wir aus dem gröbsten Verkehr raus sind, legt er sich für 2 Stunden hin.
Bei Helgoland angekommen, fahren wir direkt durch zur Tankstelle, um weitere 240l biofreien Diesel für den Winter zu bunkern. Anschließend geht es nur noch „um die Ecke“ in den Yachthafen. Und wer steht da winkend mit einem Tampen und einer Buddel in der Hand? Es ist Gerhard, unsere feste Anlaufstelle und Manfreds Freund schon aus alten Segel-Zeiten. Er nimmt unsere Leinen an und besucht uns kurz an Bord. Damit ist er der Letzte, der uns seinerzeit im Mai (per Funk) verabschiedet hat und der Erste, der uns in Deutschland willkommen heißt. Wir freuen uns sehr über diesen warmen Empfang, der am Abend noch von einer riesigen Portion Knieper - frei an Bord von Gerhard geliefert – gekrönt wird. Ganz lieben Dank, lieber Gerhard und Erika, die sogar an die Spezialgabel und an die Yoghurt-Mayonnaise gedacht hat.
Im Wohnzimmer der Kegelrobben
Am Mittwoch, den 14.9., nunmehr gut ausgeschlafen, machen wir uns gegen Mittag mit Schnorchelsachen bepackt auf zu Düne. Eine Sache wollten wir schon immer mal machen und das soll heute endlich wahr werden: Baden mit Robben!
Nachdem wir bei den Azoren noch hektisch vom RIB in den Kurs eines Delphins springen mussten, um einen Blick auf ihn (oder sie) im Wegschwimmen erhaschen zu können, ist das Verfahren für Robben erstaunlich simpel:
Man läuft am Badestrand ggf. etwas abseits der planschenden Menge mit Schnorchel-Ausrüstung bewaffnet ins etwa Brust-tiefe Wasser (natürlich unter Berücksichtigung des geforderten Mindestabstandes von 30m zu den Robben…), zieht sich die Flossen an, Brille vor die Augen und Schnorchel in den Mund. Dann langsam am Strand entlang flosseln…nach ungefähr 10 Sekunden merkt man, wie die erste Robbe sanft gegen die Flossen stößt oder daran knabbert, um neugierig zu erkunden, wer da wohl in seinem Wohnzimmer paddelt (die Robben können nämlich nicht lesen und wissen deshalb trotz der großen Warnschilder nichts von einem 30 Meter Sicherheitsabstand). Robben sind dermaßen neugierige Tiere, dass sie sich umgehend intensiv mit den neuen Mitbewohnern beschäftigen, mal unter durch tauchen, mal senkrecht im Wasser stehend schauen, was so passiert, mal einfach auf dem Grund bleiben und sich mit großen Kulleraugen ansehen, wer da wohl so über sie hinwegtreibt – nicht ohne sich einen zu grinsen, wenn man sich erschreckt, weil die nächste Robbe von hinten ankommt, um mit den Flossen zu spielen.
Dabei hat man ausreichend Gelegenheit, sich diese hübschen possierlichen Tierchen so in aller Ruhe aus nächster Nähe anzusehen – gern auch mal nur Zentimeter… Es fallen einem nicht nur die 5cm langen Krallen an den Vorderhufen auf. Ab und an gähnen einen diese knubbeligen Tierchen mal an und es kann das Gebiss betrachtet werden – muss man sich in etwa so vorstellen wie der brüllende Bär aus dem Zoo…
Spätestens dann erinnert man sich an die Geschichte der Schweinswale mit den eindeutigen Biss-Spuren, die in letzter Zeit am Strand gefunden werden. Nach einiger Zeit wird dann die Anzahl der neugierigen und grundsätzlich von hinten anrückenden Besucher so unübersichtlich, dass es einen unweigerlich zum Strand zurückzieht.
Eine supertolles Erlebnis und wir können nur jedem empfehlen, die Robben zu besuchen. Wir hoffen, dass das noch lange möglich ist, in vielen anderen Ländern wurden Tiere wie z.B. Schildkröten von Tauchern gefüttert und betteln aggressiv nach Futter, was nicht immer verletzungsfrei abgeht – einfach toll, wie verspielt und freundlich die Robben dem Menschen begegnen. Sollte doch mal eine Robbe neugierig zwicken, kein Problem, alle tragen eine Nummer am Schwanz wie die Kuh im Ohr. und können dann bestimmt angezeigt werden…die 1048 ist übrigens besonders neugierig - und noch so klein und niedlich…
Donnerstag, den 16.9.2016 verdödeln wir endlich mal den Tag. Ein kurzer Besuch bei Gerhard und Erika wird mit einem schönen Spaziergang über das Oberland fortgesetzt. Wir sind immer wieder fasziniert von den Basstölpeln, die in unmittelbarer Nähe zu den vielen Besuchern ihr Brutgeschäft betreiben und sich in keiner Weise von uns stören lassen. Es sind wunderschöne Tiere und wir können uns von unserem Beobachtungsposten schwer trennen. Aber der Kaffeedurst und Kuchenhunger treibt uns zur Inselbäckerei. Zurück an Bord genießen wir die erstandenen Leckereien. Und zum zweiten Mal in den viereinhalb Monaten wird die Hängematte aufgehängt und ausgiebig genutzt. Wurde ja auch mal Zeit! Abends machen wir in der bunten Kuh noch eine weitere nette Seglerbekanntschaft. Piet und Elke aus Bremerhaven mit ihrem „Seesack“ lassen sich den Caipi ebenfalls schmecken.
Freitag, den 17.9.2016 haben wir uns den Wecker auf 7.30 Uhr gestellt, weil wir eventuell doch noch ablegen wollen. Der Südostwind wird zwar im Laufe des Vormittages auf Süd drehen, allerdings kommt ein Gewitter auf. Wir verzichten auf dieses Abenteuer und bleiben einfach noch einen Tag. Hoffentlich bleibt es morgen bei dem angekündigten Nordost-Wind, um nach Cuxhaven zu kommen. Manfred prüft mal wieder die Maschine und stellt fest, dass der Seewasserfilter ziemlich zugewachsen ist. Ebenfalls ist der Deckel hierfür endgültig kaputt. Er verschwindet in den Tiefen unserer Stauräume und nach langem Suchen findet er auch das Ersatzteil. Na, mal wieder Glück gehabt.
Am Samstag den 18.9.legen wir nun endlich vom Helgoländer Yachthafe ab Richtung Cuxhaven. Wir können bei zunehmendem Nordost die Norderelbe noch gerade so anliegen und kommen nach nur viereinhalb Stunden in Cuxhaven an. Hier wird Auriga mit allen Gastlandflaggen geschmückt und das Deck geschrubbt. Sie soll bei Ankunft in Glückstadt einen guten Eindruck machen, denn wir vermuten, dass uns einige Segelfreunde bei der Ankunft begrüßen werden. Und so segeln wir Sonntag ab 11 Uhr erst einmal ein „langes Bein“ bis zum Glameiers Stak. Ich weigere mich auf diesen letzten Metern zu kreuzen. So motoren wir eine ganze Weile gegen den böigen Südostwind, bis wir ab Brokdorf noch einmal die Segel ausrollen können. Unsere Segelkameraden Nils und Anke Mester kommen uns mit seiner Ballad entgegen. Großes Gewinke und ein Vorfreude auf Freunde und Heimat macht sich breit. Im Glückstädter Außenhafen angekommen, müssen wir uns jedoch noch ein wenig gedulden, bis die Schleuse zum Binnenhafen aufmacht. Das fällt uns nun aber schon echt schwer!
Nach einer halben Stunde ist es denn so weit und wir laufen ein. Unser Hafenmeister Klaus, Reimer und Uwe nehmen unsere Leinen an. Zunächst denke ich noch, dass wir mit einer Runde Kaffee auskommen. Es dauert jedoch nur wenige Minuten, bis weitere Freunde eintreffen: Sekt und Champagner wird überreicht und sogleich in Pappbechern ausgeschenkt. Im Laufe der nächsten zwei Stunden wird Auriga im Cockpit und auf dem Achterdeck zur Bier- und Sektbar umfunktioniert. Es scheinen sich tatsächlich viele darüber zu freuen, dass wir wieder da sind ... schön!
Wir genießen es sehr, endlich mal wieder im Kreise unserer Freunde zu sitzen. Neuigkeiten werden ausgetauscht und erste Verabredungen getroffen - vielen Dank für den herzlichen Empfang ihr Lieben! Ein weiteres „Danke schön“ an alle fleißigen Blog-Leser und Kommentatoren – es hat Spaß gemacht, diese Reise mit euch gemeinsam erleben zu dürfen!
Nachdem wir nun wieder zu Hause sind, das Schiff leergeräumt und die Wäscheberge wieder verschwunden sind, beenden wir mit einem noch folgenden Fazit und einigen Statistikdaten diesen Blog.
Wir werden ja nun bestimmt gefragt, wo es uns am besten gefallen hat, was die schönsten Erlebnisse waren und welche Ausrüstung vielleicht überflüssig war. Daher fassen wir alle Punkte einfach hier zusammen und hoffen, nichts Wesentliches vergessen zu haben.
Tierwelt:
Der erste Besuch einer munteren Delfinschule vor der bretonischen Küste war herzergreifend schön. Auch alle weiteren Delfinbesuche haben uns jedes Mal fasziniert. Besonders in Erinnerung geblieben sind der nächtliche Besuch einer Delfintruppe, die in tiefschwarzer Nacht mit ihren Flossen fluorisierende Muster in unsere Bugwelle „gezeichnet“ haben. Auch die 4-6 Delfine – unserer Vermutung nach jugendliche Ausreißer – die uns bei ziemlich langsamer Segelei und geringer Bugwelle über zwei Stunden lang auf unserem Weg zu den Isles de Glenan begleitet haben, verursacht auch im nachhinein ein dickes Grinsen in unseren Gesichtern.
Äußerst spektakulär und Segler’s Traum war der Besuch des schätzungsweise 20 Meter langen Finnwales an unserer Backbordseite in max. 50 Meter Nähe. Den Besuch hatten wir am dritten Abend auf See von den Azoren nach England. Das „Puffffph“ seines Blas verursachte ungläubiges Staunen bei mir. Zum Glück war der Wal wohl nur etwas neugierig und hat sich artig wenige Minuten später zurückfallen lassen und drehte ab. Es war absolut magisch…
Und zu guter Letzt haben wir ja unseren Traum wahrgemacht, einmal mit den Seehunden oder Kegelrobben, die in den Gewässern rund um die Düne von Helgoland beheimatet sind, zu schnorcheln. Auch dieser Tag wird sich für ewig in unser Gedächtnis prägen. Respekt und Neugier hielten sich bei der Begegnung die Waage und das war auch gut so.
Die schönsten Inseln (Reihenfolge ohne Wertung):
Die schönsten (geplanten) Reiseziele:
In der lange vorab geplanten Reiseroute bilden sich bekanntlich die ersten Erwartungen – so auch bei uns. Einige wenige Ziele erweisen sich in der Realität denn manchmal und rein subjektiv aus minderschön. Wenn jedoch die Erwartungen mit der Realität übereinstimmen oder sogar noch übertroffen werden, dann fühlt man sich wie im 7. Reisehimmel. Dieses traf für folgende Destinationen zu:
Städte
Frankreich:
Spanien:
Portugal:
Azoren
England:
Aber die mit Abstand beeindruckenste Stadt war …. Brügge. Ist ja auch nicht umsonst Weltkulturerbe!
Dämlichkeiten:
Schon auf der Rücktour – 20 sm hoch gegenan von der Ilha Deserta zurück nach Madeira war uns beiden klar, dass dieser „Tagesausflug“ auf die Liste unserer Dämlichkeiten ganz nach oben gehört. Wir hätten wissen müssen, als wir morgens bei einer echt wilden Welle und zunehmenden Wind von 4-5 Windstärken den Rückweg "genießen" würden. Auch die unter Naturschutz stehende Insel mit seinen hohen Steilküsten kann gern Naturschutz für die Flora und Fauna bleiben – ungestört durch uns.
Die 2. Dämlichkeit ist uns auch auf Madeira passiert: der Abend der Abreise zu den Azoren war bis zum Sonnenuntergang malerisch. Querab vom Leuchtturm Ponta do Pargo erwischte uns der plötzlich einsetzende Kap-Effekt: von 3 kn Wind innerhalb von 5 Minuten auf über 30 kn Wind. Der Schreck war groß und die Erste der folgenden vier Nächte auf der Passage zu den Azoren somit sehr anstrengend. Wie gesagt, wir hätten es wissen und darauf vorbereitet sein müssen. Beruhigend für mein Seemannsgewissen war es, dass auch die erfahrene, dreiköpfige Mannschaft der TIOGA, die wir auf Santa Maria kennen gelernt haben, genau denselben „Effekt“ erleben durfte und das sogar unter vollen Segeln…. wir sind also nicht die einzigen „Blöden“.
Kleinkram & Segelalltag
Duschen / Sanitär:
Grundsätzlich hat sich in den letzten Jahrzehnten insbesondere in Frankreich einiges getan in Sachen Duschen und Toiletten. Auch in Spanien, Portugal und auf den Azoren waren alle sanitären Anlagen relativ modern, sauber und zumeist im Hafengeld inbegriffen. Herausragend waren die luxuriösen Duschen in Quinta da Lorde, auch wenn es einen Reparaturstau gab. Überraschend komfortabel waren die Einzelduschen in Torquay.
Preisniveau
Wenig überraschend: das Preisniveau war in Portugal am niedrigsten. Als Maßstab haben wir immer den Preis für einen Kaffee genommen, der auf dem Festland, ebenso wie auf Madeira und den Azoren zwischen 70 Cent und 1,20 Euro lag. Alle weiteren Lebensmittel waren im Vergleich zu Deutschland dort ebenfalls recht günstig. Hiervon ausgenommen sind hochprozentiger Alkohol oder internationale Marken, wie z.B. Nutella, die denn doch erheblich teurer waren als zu Hause.
Teuer ist ein gutes Stichwort: England ist mit Abstand das geldintensivste Revier. Insbesondere die Liegegebühren auch an den Mooring-Tonnen haben ein empfindliches Loch in die Reisekasse geschlagen. Dafür erhält man jedoch einen sehr guten Service vom Hafenmeister, Schleusenwärter und Marina-Angestellten.
Lebensmittelqualität
Na klar, zu Hause in Deutschland schmeckt es grundsätzlich am besten. Rechnet man den Faktor „gewohnter Genuss“ raus, hat es uns in Portugal und auf den Azoren am besten gefallen. Auf letzteren konnte man jedoch nicht immer davon ausgehen, frisches Obst und Gemüse zu erwerben. Viele frischen Sachen müssen wohl importiert werden und haben somit lange Wege inkl. teilweiser Tiefkühlung hinter sich - die Garantie für schnelles Verderben von Obst und Gemüse.
Erstaunlicherweise hatten wir selten Probleme, frisches Körner- oder manchmal sogar Vollkornbrot zu bekommen. Auch wenn die Konsistenz teils weich und „pappig“ war, konnten wir es gut essen. Trotzdem: gelegentliches Brotbacken hat geholfen.
Wer Fisch und Meeresfrüchte liebt, ist selbstverständlich auf der Gewinnerseite.
Was wir unterwegs gesucht haben:
Rapsöl (gab es erst in England wieder), Kandis und ich mag es kaum zugeben: Maggi-Würze.
Fleisch haben wir möglichst nur in Metzgereien oder an der Frischetheke im Supermarkt gekauft. Abgepacktes Fleisch haben wir, wie auch in Deutschland, weitestgehend gemieden oder bereut.
Was haben wir zuletzt am meisten vermisst?
Eigentlich und erstaunlicherweise recht wenig. Nur eines aufrichtig und von ganzem Herzen: eine Waschmaschine möglichst noch einen guten Trockner! Es war teilweise a) sehr teuer, a) schlechte Reinigungsleistung c) zeitraubend und nervig, weil auch andere Segler verständlicherweise ihre Wäsche waschen wollten.
Das Trocknen der Wäsche nahm viel Zeit in Anspruch und war nicht ganz risikoarm: „Regnet es gleich“? „Fliegt die Wäsche in den Bach bei den! Böen“? „Wo können wir noch im Salon das halbtrockene Sweatshirt aufhängen?“ Echt ätzend.
Seit Monaten hat Manni Auriga "renoviert": es gab neue Luken im Aufbau, die Winschpodeste sind jetzt aus Stahl und das komplette Deck ist frisch gemalt. Hinzu kamen noch viele, viele weitere technische und optische Maßnahmen, die im Detail unter der Kategorie "Winterarbeiten 2020/2021 zu finden sind. Seit Anfang April ist das Werkzeug weg geräumt. Ich konnte zusammen mit meiner lieben Freundin Gaby das Schiff drinnen einmal komplett saugen und wischen bis in die letzte Wegerungsleiste. Nun glänzt sie wieder: am Ostersamstag, 3.4.2021 hat Manni noch den Mast von oben bis unten geputzt und gewachst ... ferddich! Auch die Polster, die Bettdecken und Kissen sowie einige Bücher sind schon an Bord und es macht sich die gewohnte "Hygge" breit .
Wäre da nicht die häßliche Pandemie.Es gilt also, in Alternativen zu planen:
Im Mai werden wir hoffentlich Dänemark wieder besuchen dürfen. Daher folgen wir in dem Monat so in etwa der roten Route bis Skagen. Hoffentlich gibt es Ende Mai dann schon verlässlichere Aussagen zu Öffnungen insbesondere zur England und Schottland. Denn in Skagen fällt die Entscheidung, ob wir von dort Richtung Inverness und dem kaledonischen Kanal segeln - das wäre dann die grüne Route.
Falls das nicht möglich sein sollte oder einreisetechnisch noch zu unsicher ist, werden wir Schweden und die baltische See besuchen. Über den Trollhättan Kanal geht es in den Götakanal und von dort zu den Alands.
Also jede Menge falls und wenns und obs.
Wir stärken täglich unseren Optimismus, denn es kann doch nicht sein, dass unsere Grundrechte und die Wirtschaft auf Dauer so eingeschränkt werden.
Gern nehmen wir für die Ankunft in den Ländern Tests in Kauf und sogar 3-5tägige Quarantäne, wenn es denn sein muss. Und wer weiß, vielleicht kann man in England sogar eine Impfung kaufen!
Somit verbringen wir die letzten 3 Wochen vor dem geplanten Start Anfang Mai mit der täglichen Verfolgung der Nachrichten, bereiten aber unbeirrt unsere Abfahrt vor. Bedauerlich wäre es allerdings schon, wenn wir aufgrund der dann gültigen Regeln für Schleswig-Holstein keinen Abschied mit unseren Freunden feiern könnten. Aber auch hierzu verlässt uns unsere Hoffnung nicht - findet das dann doch auf der Binnenpier in Glückstadt und somit draußen statt.
Wir ziehen bei schönstem Frühlingswetter am Mittwoch, den 28.4.2021 an Bord. Freunde besuchen uns und wir plaudern noch einige nette Stunden. Die Wettervorhersage für Donnerstag lautet: Regen max. 8° Lufttemperatur und Wind aus Nordost – welch‘ Freude ;-)
Am Donnerstag, 29.4.2021 um 16 Uhr macht die Schleuse in Glückstadt auf und bei nun schönstem Regenwetter verabschieden uns einige wenige Freunde mit Winken von der Mole. Wir müssen vor der Schleuse in Brunsbüttel ca. eine 3/4 Stunde warten, bis wir reinkommen. Dann geht es zügig weiter bis zur Wartestelle für Sportboote namens Klein Westerland.
Eine unruhige Nacht später motoren wir bis Kiel, kommen recht zügig durch und können uns eine Viertelstunde Segeln bis Kiel Schilksee nicht verkneifen.
Ein Liegeplatz in 1. Reihe für die nächsten 3 Nächte ist unser – am 1. Mai ist die Bucht vor Strande voll mit 49-ern, Lasern, Aeros, Optis, Whasps, Motten und Kitern. Alle kommen direkt an unserem Heck vorbei zur Slipbahn… herrlich!
Aber noch schöner ist, dass wir die Heik’s wieder sehen, die mitten in der umfangreichen (und zähen) Schiffsübergabe ihres neuen „flying fish“ (ehemals „Düwel Ok“) sind. Wir suchen den Mittelweg zwischen „Helfen“ aber nicht „zur Last fallen“. Spät am Freitagabend freuen sich die beiden zumindest, dass wir sie bei uns an Bord zum Abendessen beköstigen dürfen.
Am Samstag spazieren wir zum Bülker Leuchtturm, genießen unseren Cappuccino im Strandkorb und bewundern die tapferen Kinder, die bei 8° Wassertemperatur und nicht unwesentlich höheren Lufttemperatur auf dem Wasser trainieren.
Am Sonntag ist Heiko so nett und fährt uns in die Kieler Innenstadt zum Corona-Schnelltest, den wir am Montag in Eckernförde benötigen. Nachmittags ziehen wir ziemlich fix bei den Heik´s die Genua hoch, bevor ein Gewitterguss mit Windböen das Unterfangen zum Abenteuer werden lässt.
Anschließend checken Manfred und die Heik‘s die Maschine und alle relevanten weiteren Leitungen, Pumpen und Verbindungen durch. Das Schiff stand eine Saison an Land, so ist es nicht weiter verwunderlich, dass einiges nicht wieder so funktioniert, wie es den Voreignern in Erinnerung stand. Grundsätzlich ist der Rumpf, der Motor und das Rigg aber in einem sehr guten Zustand und wir glauben, dass das Schiff viel Freude bereiten wird, wenn alles wieder gängig gemacht wurde.
Später am Abend geht es noch auf einen Abschiedsbesuch zu flying fish, bevor auch wir müde in die Koje fallen.
Das Sturmtief macht was es soll: jede Menge Regen und Wind. Wir sind quasi 2 Tage nur „unter Deck“ bis auf kurze nasse Ausflüge in die Eckerförder Innenstadt, zum Testzentrum und zum Hafenmeister. Dort müssen wir alle 2 Tage unser aktuelles Testergebnis vorzeigen. Die Gäste wie auch die Angestellten in den Geschäften sind alle sehr verspannt, um ja nichts falsch zu machen. Die Inzidenzen geben der Vorsicht ihre Berechtigung. Aber wir fühlen uns unbewusst sehr eingeschränkt und nicht wohl. Das mag zum einen auch am Wetter liegen, aber die permanente Überwachung und Abfrage der Testergebnisse nervt.
Am Freitag, 7.5.2021 ist meine Laune endgültig im Keller – ich bin die „maulende Myrthe“ ;-) es regnet und es ist kalt. Zum Glück für alle an Bord befindlichen Bewohner – Manfred und unsere stinkefaule Crew - klart es gegen Mittag auf und wir können einen schönen Spaziergang zum „Eimersee“ in Borby machen. Die Wälder sind zartgrün belaubt und das Gras glänzt noch von den letzten Regentropfen. Gekrönt wird der maulend begonnene Tag mit einem leckeren Stück Torte an der Strandpromenade.
8.5.2021 – es ist Samstag und wir wollen weiter. Zunächst geht es ein letztes Mal hier zur Corona Teststation, die mit langer Wartezeit, abstürzenden Servern bzw. schlechtem Internet keine Lust auf die unangenehme Prokelei in der Nase machen. Aber um 11 Uhr geht’s los – Ziel ist für heute Maasholm. Bei Sonnenschein und zartem Südwest geht es an Damp vorbei in die Schlei. Hier gönnen wir uns wie viele andere ein leckeres Eis auf die Hand und bummeln durch das beschauliche Maasholm. Der Hafen ist gut besucht … nicht nur von Heimathafenliegern. So fallen wir gar nicht weiter auf :-)
Sonntag früh um 8 Uhr klingeln wir den Hafenmeister in Maasholm aus seinem Bett und tanken satte 290 Liter – falls die Temperaturen wieder arktischer werden, ist zumindest die Dieselheizung gesichert. Bei Sonnenschein (endlich!) und 4 -5 Windstärken aus Süd segeln wir nur unter Yankee extrem gemütlich nach Sonderburg. Unterwegs haben wir von der englisch-sprechenden Corona Hotline in Dänemark die nötigen Informationen eingeholt, wie wir zu einem PCR Test kommen. Hierfür muss man sich unter https://coronaresults.dk registrieren und einen Strichcode generieren. Dann sollte man damit einfach zum nächstgelegenen Testzentrum gehen können und ohne Termin getestet werden.
In Sonderburg nehmen wir einen Luxusliegeplatz längsseits ein und werden vom hiesigen Hafenmeister freundlich in Empfang genommen. Stolz zeigt er uns die frisch renovierten Duschen und den
Grillplatz. Wie befreit laufen wir an der Promenade entlang Richtung Innenstadt. Heute ist es endlich frühlingshaft warm, auch die Dänen genießen in vollen Zügen das Wetter. Nachdem wir uns
schnell ein paar dänische Kronen besorgt haben, müssen wir dringend Pommes, Burger und ein kleines Fadöl probieren.
Auch hier achtet man auf Masken und Abstand, aber die zwanghafte Überwachung wie in den Modellregionen ist hier zum Glück kein Thema. Wer in einem Restaurant drinnen sitzen will, muss allerdings
auch in Dänemark ein max. 72 Stunden altes Testergebnis (oder eine Impfung) vorweisen.
Von Kerteminde segeln wir direkt in den Sonnenschein nach Ballen auf Samsö. Weiter geht es in kurzen Segeltörns durchs „Sneggelöp“ (Sjaelands Odde) nach Hundested, Gilleleje, Helsingör und Kopenhagen. Von Kopenhagen „fliehen“ wir vor dem angekündigten Sturmtief nach Ystad, wo wir heute ablandig an der Pier und ohne Schwell hervorragend liegen.
1. Ballen auf Samsö war leer und wir hatten endlich einen Tag Sonnenschein, während ringsherum die Gewittertürme über dem Festland zu sehen waren. Wir werden von einem netten dänischen Pärchen unterwegs fotografiert und tauschen später unsere Fotos aus. Mit Thomas und Annette von der „Cross Over“ verbringen wir einen netten Abend bei uns an Bord.
2. 2. Auf der Seestrecke nach Hundested bekamen wir Besuch von einer Brieftaube, die sich bis Hundested ein „Ticket“ gekauft hatte. Sie war sehr zutraulich und trippelte immer mal wieder in eine andere Ecke – sogar ins Cockpit – um ihre „Fähre“ kennen zu lernen. Das angebotene Wasser wurde dankend aufgenommen, die Körner und die Wallnuss-Brösel fanden keine Zustimmung. Überflüssig zu erwähnen, dass die nette Dame überall ihren Darminhalt hinterlassen hat. Kurz vor der Hafeneinfahrt ist sie ohne Abschied an Land geflogen. Das fanden wir etwas unfreundlich. Dafür hat sie am nächsten Tag auch die „Abfahrt“ verpasst ;-)
3. Gilleleje ist ein sehr schöner Fischerort, besonders in der Vorsaison, wenn noch keine Touristen den örtlichen Fischhandel überrennen. Es gibt alte reetgedeckte Fischerhäuser und der Kierkegard-Sti ist ebenfalls empfehlenswert. Mich erinnert die Landszenerie ein wenig an Bornholm.
4. Kopenhagen haben wir per Rad erkundet, nachdem wir uns dort auch haben testen lassen. Es ist eine tolle Stadt, deren Infrastruktur für Fahrradfahrer nichts zu wünschen übrig lässt. Per Rad erschließt sich die weiträumige Innenstadt, die vielen Schlösser und historische Gebäude wirklich gut.
Montag geht es weiter um die Ecke - sozusagen. Vorbei an einem gigantischen Wikinger-Steinschiff, welches selbst von See aus gut zu sehen ist. Wir baumen zeitweise den Yankee aus, bis wir mit Ostwind abends in Ahus im Fluß Helge A längseits anlegen. Bis in die späten Abendstunden rattern die LKW mit Absolut Wodka an unserer Pier entlang zur direkt gegenüber liegenden Wodka-Destillerie. Die kleine Innenstadt von Ahus im abendlichen Sonnenschein ist putzig. Wie immer verliebe ich mich in 3- 10 kleine Häuschen. Am Dienstag sieht die Welt aber anders aus – gegen Mittag fängt es an zu regnen, ach was, Sturzbäche kommen vom Himmel. Wir wollten noch einen Spaziergang zum nahegelegenen Strand machen und sind pitschenass geworden. Der Tag sieht uns draußen nicht mehr. So.
Weiter geht es am Mittwoch, den 26.5.2021 nach Karlskrona. In der Hanö-Bucht weht es aus SW mit satten 5 -6 Windstärken und es hat sich eine beachtlich hohe, dafür kurze Welle aufgebaut. Erst später am Vormittag zeigt sich die Sonne wieder. Aufgrund der starken Rollbewegungen klappert in den Schränken und Schapps etliches hin und her. Ich hasse es!
Karlskrona erschließt sich uns auf dem ersten Blick nicht so recht als schöne Stadt. Erst nachdem wir am Donnerstag, 27.5.2021 das maritime Museum besuchen durften – es war der zweite Öffnungstag seit Corona-bedingter Schließung – finden wir die schönen Seiten und die gut belebte Innenstadt. Im Museum sind weiterhin einige Bereiche wie z.B. der Wracktunnel und die U-Boote innen wegen Corona gesperrt. Karlskrona - genauer gesagt, Trossö, war und ist die Stadt, in der die schwedische Marine ihre Kriegsschiffe baut. Heute ist weiterhin ein Großteil Militärgelände und somit nicht zugänglich.
1.6.2021 erleben wir eine anstrengende Radtour auf Öland – selbst schuld, wenn man mit Rückenwind startet. Die Burgruine Borgholm ist dann auch noch geschlossen wie auch das angrenzende Café.
Am folgenden Tag geht es zurück zum Festland: Figeholm, ein kleines Fischereiörtchen, haben wir uns ausgesucht. Auch hier wartet der Hafen noch auf seine Gäste. Da wir nur mit einer speziellen App bezahlen können, die wir erst runterladen und uns dann registrieren müssen, entschließen wir uns kurzerhand, zu ankern. Eine kleine Bucht gleich in der Nähe stellt sich als Paradies heraus. Nur die Gänse und Schwäne, die sich gegenseitig die besten Plätze streitig und dabei Lärm machen, stören die Ruhe.
Weiterhin ist es beim Segeln recht frisch – schnell hat man wieder die dicken Socken und langen Hosen an. Die nächste Ankerbucht finden wir bei Skardö, eine Nachbarbucht, die Manfred vor ca. 30 Jahren mit einem guten Freund aufgesucht hatte. Auch hier genießen wir idyllische Natur und die absolute Ruhe. Weiter geht es am Freitag, 4.6.2021, schöne Schärenfahrwasser nach Västervik. Im neu erstellten Yachthafen Slottsholmen kommen wir fest und können sehr komfortabel unsere Wäsche waschen. Die Sonne scheint und auch diese kleine Stadt erweist sich als Juwel. Rund um das Hafenbecken gibt es viele nette Restaurants, Urlauber wie Västerviker bummeln mit einem Eis in der Hand oder schauen sich von einer Parkbank aus das bunte Treiben an. Wir genießen ebenfalls den tollen Sonnenuntergang und die vielen Autoposer, die es auch hier gibt. Am Samstag ist es schon früh ziemlich warm – wir wollen daher zur Außenschäre Händelop, um vielleicht die Füße ins Wasser zu stecken. Fahrradtouren sind ähnlich wie segeln: 1. Gesetzt: man weiß nie, was einen erwartet. 2. Gesetz: vermeintliche Abkürzungen sind häufig der längere Weg oder mit Qualen verbunden. Auch wir erleben dieses heute wieder: nur weil uns Google-Maps an der Hauptstraße entlang lotsen will, biegen wir in den Wald ab. Zwar entdecken wir einen schönen Badesee (ist aber noch zu früh für einen Schwimmversuch), müssen uns dann aber schiebenderweise zur Hauptstraße zurück arbeiten. Beim nächsten, steil ansteigenden Hügel war meine Motivation zur Weiterfahrt verschwunden, aber nun kommt das 3. Gesetz: Manni hat immer noch ein Argument in petto, mit dem er mich überreden kann. Also weiter geht’s. Der Fischereiort Händelöp stellt sich als Bretterbudenansammlung und einem kleinen Hafenbecken mit einigen Fischerbooten heraus. Wir machen trotzdem unsere wohlverdiente Pause auf den Schärenfelsen, wo schon etliche Schweden die Sonne genießen. Der Rückweg an bzw. auf der Hauptstraße entlang war denn gar nicht so schlimm wie auf den Hinweg befürchtet.
Ich komme doch noch ist ABBA Museum und freue mich wie Bolle. Eine tolle Ausstellung und einiges zum Mitmachen. Schade nur, dass ich so überhaupt nicht singen kann. Gegen Mittag legen wir im Wasahafen von Stockholm ab und suchen uns mal wieder eine Schäre zum Ankern. Das tut gut nach 3 Tagen Großstadt und dem Kulturwissen, welches leider wohl schnell wieder in die Schublade „Vergessen“ landen wird.
In den Schären ist das Wasser oft viel wärmer als „draußen“ in der Ostsee. So kommen wir doch hin und wieder zu einem erfrischenden Bad. Die Schären nördlich von Stockholm gefallen uns gut, da die Fahrwasser viel breiter sind und die Landschaft fjordähnlicher ist.
Am 1.7.2021 Geht es weiter mit schlappem Nordost bis 3 Windstärken. Dabei wird es selbst auf dem Wasser immer heißer. Wir segeln bzw. motoren bis zu einer Bucht unterhalb von Virtsu (Rame Bay), wo wir ausgiebig baden und Auriga von unten und außen putzen. Abends zieht dann doch tatsächlich ein kräftiger Schauer über uns hinweg, der mit bis zu 6 Windstärken dafür sorgt, dass wir das Sonnensegel recht zügig bergen. Hinterher ist auch das Deck wieder sauber.
Am 2.7.2021 segeln wir zur Insel Kihnu, um endlich mal Leute zu sehen. Diese Insel wurde im Fernsehbericht von Mare.tv auch bei uns durch die Röcke tragenden Frauen bekannt, die gern mit uralten Motorrädern (zum Teil auch mit Beiwagen) über die Insel brausen. Wir sehen die buntgestreiften Röcke tatsächlich und auch 2 Motorräder, aber leider nicht beides zusammen. Auch heute ist es fast schon unerträglich heiß, Gewitterwolken ziehen auf, die uns aber nicht von einem längeren Fußmarsch ins Inselinnere abhalten. Hier trifft sich alles an Bewohnern und Urlaubern beim nett angelegten Grill-Imbiss. Wir machen kurz Pause bei einem leckeren Vanille-Eis mit selbstgemachter Erdbeersoße. Nachdem wir in den zwei kleinen Kaufmannsläden (Supermarkt wäre denn doch leicht gehetzt) die nötigsten Vorräte aufgefüllt haben, geht es zurück zum Schiff. Ein gigantisch schönes Wolkenpanorama mit anschließendem Regenguss beendet unser Tag auf Kihnu.
Endlich, endlich geht es zum (größten?) Ferien- und Badeort an der westlichen Küste von Estland: Pärnu. Leider müssen wir gegen Nordost 4 ankreuzen. Somit kommen wir für die rund 25 sm erst um 15.30 Uhr an und machen im Yachthafen fest. Dieser liegt im Fluss „Pärnu Jogi“. Ziemlich viel Lärm von Touristen-Hubschraubern und Schwell von vorbeifahrenden Motorbooten sind allerdings im wahrsten Sinne eine Zerreißprobe für unsere Festmacher. Auch heute (sowie die kommenden Tage) ist es extrem heiß und knalltrockene Luft. Trotzdem zieht es uns in die hübsche und sehr gut belebte Innenstadt. Hinzu kommt noch ein Mittelalter-Markt rund um die alte Wallanlage – die Menschenmengen sind nach drei Tagen Einsamkeit für uns ziemlich anstrengend. Zum Glück finden wir das klimatisierte Einkaufszentrum mit Supermarkt und erholen uns kurzzeitig von Hitze und „Zuviel-Mensch“.
Übrigens, die Polizei wird hier „Politsei“ geschrieben – klingt schon nach reichlich Alkoholgenuss :-). Pärnu ist eine bunte Mischung aus sozialistischer Wohnblockbebauung, alten, renovierten oder nicht renovierten Holzhäusern und stolzen Villen. Wir mögen diese Gegensätze. Die Touristen lassen sich alle am langen weißen Sandstrand braten und tragen abends stolz ihre geröteten Schultern und Nasen zur Schau.
Nach einem weiteren Tag reicht es uns mit dem Hafenschwell. Eigentlich wollten wir von hier aus mit einer zweistündigen Busfahrt nach Tallin. Die Windvorhersage mit 4-5 Windstärken aus Nordost gibt uns jedoch guten Reisewind für Riga vor. Schweren Herzens verabschieden wir uns von dem geplanten Besuch der estnischen Hauptstadt und ziehen am Montag, 5.7.2021 die Segel raus.
Am Freitagmittag, 16.7.2021 legen wir mit der Windvorhersage Nordost 5 ab, die sich erst am Nachmittag einstellen soll. Wir sind demnach darauf vorbereitet, eine Zeit lang zu motoren. Es werden 5 Stunden und 41 sm, bis der Wind ziemlich plötzlich und mit deutlich mehr als 5 Windstärken einsetzt. Ich bin zunächst erschrocken, dass wir auch gleich eine so hohe, steile Welle dabei haben. Wochenlang sind wir bei relativ glattem Wasser oder blöder, aber unspektakulärer Welle gesegelt, und nun das! Zum Glück hatte ich eine Suppe vorgekocht, sonst hätten wir uns mit Brot und Snacks „über Wasser“ halten müssen. Manni geht um 19 Uhr in die Koje, während ich mir mit schöner Musik und einem Buch meine anfängliche Beklemmung austreibe. Wir haben einiges an Schiffs verkehr, die meisten Dampfer gehen aber gut klar. Erst zu meinem Wachwechsel ergibt sich mit dem Frachter „Neste“ ein dauerhafter Kollisionskurs, den Manni regeln muss. Die „Neste“ meldet sich bei uns per Funk und bittet um eine Kursänderung (bzw. Verlangsamung), da sie nicht weiter nach Steuerbord wegdrehen können (da liegt Gotland). Manni rollt kurzfristig die Fock ein und geht etwas höher an den Wind und schon passt es. So muss das mit der Seefahrt sein!
Ich verbringe die nächsten 4,5 Stunden mit 5 Kissen in der Koje – an Schlaf ist bei dem Seegang nicht wirklich zu denken. Auch zwischen Gotland und Öland haben wir Schiffsverkehr, der jedoch am Ende klar geht. Manni hat uns nachts um die Südspitze von Gotland gezirkelt, so dass ich in den frühen Morgenstunden nur noch gerade aus segeln muss. Mittlerweile ist der Wind auch auf angenehme 3-4 Windstärken runter und der Seegang wieder moderat.
Am Samstag, 17.7.2021 machen wir um 8 Uhr in Böda an der Nordostküste von Öland fest, um gleich darauf eine oder zwei Mützen voll Schlaf nachzuholen. Wir haben in knapp 20 Stunden ca. 150 Seemeilen geschafft – 45 davon unter Motor.
Auch in Böda gibt es sehr schöne Strände. Das wissen die Schweden ebenfalls zu schätzen. Ist ja - klar in der Hauptferienzeit. Wir packen unsere Badesachen und legen uns zwischen die vielen Menschen an den Strand. Auch das Baden kommt nicht zu kurz.
Als ich abends gerade das Essen fertig habe, stellt Manni fest, dass achtern die Toilette übergelaufen und ca. 30 Liter Seewasser in unsere Bilge gelaufen ist. Noch nicht genug für die Bilgenpumpe, aber genug, um uns nach dem Abendessen gut zu beschäftigen. Höchstwahrscheinlich hat sich ein Krümel oder ein Stück Seegras zwischen der Abdichtung und dem Toilettenventil verkeilt. Wir machen zwar bei Seegang das Seeventil zu, verzichten bislang jedoch im Hafen auf diesen zusätzlichen Handgriff. Nun gut, dass wird ab sofort per „Bordgesetz-Verordnung“ eingeführt.
Am Sonntag, 18.7.2021 machen wir einen schönen Fahrrad-Ausflug zum Freilichtmuseum aus der Eisenzeit in Skäftekärr. Hier vereinen sich ein Arboretum (u.a. mit einem großen Areal von Rotzedern), eine Fossilienausstellung und der Nachbau eines Langhauses aus der Zeit um 400 n.Chr. Aufgrund der geringen Besucherzahl erhalten wir fast eine private Informationsrunde von den zwei netten „Eisenzeit-Menschen“.
Weiter geht die Radtour zurück an die Ostküste mit einem Zwischenstopp in einem riesigen Laden für Strandzubehör. Hier besorge ich uns für wenig Geld einen kleinen Strand-Sonnenschirm, der sicherlich auch an Bord in der Winschkurbelaufnahme eingesteckt werden kann. Wir landen (nach einigen entspannenden Radkilometern durch Kiefernwald) am Camping Platz Böda Strand – und sind erschlagen von der Größe sowie der Ausstattung des Platzes und Anzahl der Camper (3 spurige Zuwegung!). Okay, hier bleiben wir nicht. Zurück geht es 9 km an der stark frequentierten Hauptstraße entlang, bis kurz vor unserem Hafen. Hier gibt es zwar auch einen kleinen Campingplatz, aber die Strandbesuchermengen sind überschaubar. Wieder einmal sind wir begeistert vom tollen Wasser hier auf Öland.
Weiter geht es am Montag, 19.7.2021 zunächst 10 sm gegen Wind aus Nord um die Nordspitze von Öland und dann rüber nach Oskarshamn. Dies ist eine unspektakuläre Stadt, in der wir unsere Lebensmittelvorräte wieder auffüllen können. Abends kommen wir mit einer netten schwedischen Familie ins Plaudern – so langsam tauen also auch die Schweden auf, denn auf unserer Tour nach Norden Anfang Juni haben wir tagelang keine Kontakte zu anderen Seglern bekommen.
Am nächsten Morgen motoren wir nur 3 sm weiter in eine vorher ermittelte Ankerbucht namens Kiddeholmen. Nach dem 1. Fehlversuch hält unser Anker beim 2. Mal genau zwischen zwei blauen und verlockenden Mooring Tonnen. Diese Tonnen gehören in der Regel einer Seglergemeinschaft, die für wenig Geld somit immer bequeme und sichere Liegeplätze in abgelegenen Gegenden nutzen können. Wir genießen den Tag mit schnorcheln, schwimmen und erneuter kleiner „Expedition“ in die verzweigte Schären-Wasserwege. Premiere hat heute unsere Hängematte, die bislang ein tristes Dasein in der Staukoje hatte. Man fragt sich schon gelegentlich, womit man das verdient hat…:-)
Am Dienstag, den 20.7.2021 wird das Faulenzen fortgeführt – heute unter Segeln. Bis auf einmal ausbaumen und wieder zurück bauen driften wir mit Nordwind von 3-4 Stärken mehr als dass wir segeln gen Süden. Da das für uns sogenannte „geschenkte“ Meilen sind, verzichten wir auf eine weitere Nacht vor Anker (die Buchten werden hier immer seltener) und motoren die letzten 13 sm weiter nach Färjestaden auf Öland. Dies ist ein belebter, ehemals wichtiger Fährhafen, der trotz der Ölandbrücke regelmäßig von einer kleinen Fähre für Fußgänger und Radfahrern von und nach Kalmar angelaufen wird.
Wie schon so einige Male in Schweden müssen wir auch hier auf einer Website der Kommune Mörbylanga die Hafenliegegebühr mittels Kreditkartenzahlung vornehmen. Erst hier erfahren wir, dass der von uns eingenommene Liegeplatz angeblich bereits gebucht ist. Grrrrh, also laufen wir erst noch den nächsten Steg ab (der auch keine Bezeichnung hat) und ermitteln eine Liegeplatz Nummer, die auf der Website als „frei“ gekennzeichnet ist. Umständlicher geht es kaum. Wir wünschen uns den guten alten Hafenmeister (Manni sagt, die nette junge Meisterin tut’s auch) zurück… oder zumindest Automaten.
Am nächsten Tag sieht uns der nahe gelegene Supermarkt und der „Systembolaget“, bevor es für einige Stunden an den nahegelegenen Strand geht. Der restliche Tag wird mit Blog-Schreiben und Faulenzen verschlummelt.
Freitag, 23.7.2021 wir „verholen“ 9 sm weiter nach Mörbylanga, ein gleichermaßen hübsches Dorf an Ölands Westküste. Ein deutschsprachiger Hafenmeister klärt uns über die Investitions- und Ausbaupläne für den Yachthafen auf. Auch hier finden wir eine gute Möglichkeit zum Baden. Wir bewundern mal wieder einige schnuckelige Schwedenhäuser, bevor wir abends den Grill anschmeißen.
Eine Nachricht von „Kiekerjan“ (Rolf und Anja) bringt uns dazu, über die nächsten Wochen nachzudenken. Mit dem samstäglichen Ziel Kristianopel verlassen wir den Hafen. Weil es aber so gut läuft und wir evtl. die Beiden auf Bornholm treffen wollen, segeln wir einfach weiter nach Utklippan.
In dem engen, viereckigen Hafenbecken legen wir ein kniffeliges Hafenmanöver hin. Aber auch das wird nach etlichem hin- und hergezunzel der Leinen und Fender bewältigt. Schnell geht es mit unserem Dingi rüber zur Nachbarschäre. Der Leuchtturm wie auch die Gebäude dort haben schon bessere Tage gesehen, aber der Blick über die Ostsee und rüber nach Schweden ist genial.
Immer noch diskutieren wir unsere Optionen für die Weiterfahrt. In der kommenden Woche soll ein umfangreiches Tiefdrucksystem das Wetter bestimmen. Wir finden auf der Seekarte für die Hanöbucht keine passende Ankerstelle für 2m Tiefgang und einem Mast von 21 m Höhe (wg. der vielen Brücken und Stromleitungen). Somit entscheiden wir uns für den Schlag rüber nach Christiansoe. Angesagt sind 6 Windstärken aus Ost, wir hatten zum Glück im Schnitt nur 5 Beaufort.
Am Dienstag, 3.8.2021 lösen wir wieder die Leinen, aber nur um die Nordostspitze nach Hasle zu umsegeln. Das Wetter ist noch bewölkt, als wir im großen Hafenbecken hinter einer holländischen großen Motoryacht anlegen. Nachdem wir das Motormuseum besucht haben, geht Manni in der schicken Meerwasser-Badeanstalt schwimmen. Ich putze im Sonnenschein endlich das Niro an Deck. Zum Abendessen gönnen wir uns leckere Pfannkuchen mit Blaubeer-Kompott. Am nächsten Tag radeln wir nach Rönne, um den obligatorischen Corona-Test für die Einreise nach Deutschland zu bekommen. Ein herrlicher Radweg führt uns in die Inselhauptstadt und nach einigem Suchen finden wir auch das Testzentrum. Manni fährt mit dem Rad zurück, während ich den Rest des 10er-Tickets für den Bus verbrauche.
Dann gehe auch ich mal wieder schwimmen. Am Nachmittag trudeln dann auch Schwiegervadder Uwe mit Enkel Hans ein. Es werden Neuigkeiten ausgetauscht und wir verabreden uns zum Abendessen in dem toll gelegenen Bistro Kabyssen und genießen den freiem Blick auf den Sonnenuntergang.
Am Donnerstag, 5.8.2021 legen wir ab Richtung Sassnitz auf Rügen. Zunächst müssen wir den Motor bemühen, bis um 9.20 Uhr Ostwind einsetzt, der sich später auf 4-5 Windstärken aus Nordost verändert. Es geht am Windpark „Adlergrund“ vorbei durch das küstennahe und vielbefahrene Fahrwasser vor Rügen nach Sassnitz. Um 17.15 Uhr haben wir unsere Leinen wieder fest gemacht. Der Hafen entpuppt sich bei der Windrichtung und –stärke als sehr ungemütlich, es ruckt und schaukelt dermaßen, dass man denken könnte, man wäre noch auf See. Ein abendlicher Spaziergang durch die Ortsteile von Sassnitz zeigt uns die unterschiedlichen Bebauungsstile der letzten 100 Jahre. Am schönsten ist es im ursprünglichen Teil nordöstlich.
Gern wären wir noch einen Tag geblieben, um endlich zum Kaiserstuhl zu wandern, aber die Schaukelei nervt.
So segeln wir bei angenehmen 3 Windstärken weiter in die Having. Östlich von Baabe fällt der Anker auf 3,5 m Wassertiefe. Am Abend erkunden wir mit Daisy den Zulauf zum Selliner See.
Nach Klärung einiger kleiner organisatorischer Fragen - wie z.B. Arbeitsverhältnisse etc. - haben wir uns etwas genauer mit einer möglichen Reiseroute beschäftigt, um unseren Traum zu verwirklichen, einmal dem Winter ein Schnippchen zu schlagen und mit unserer AURIGA im Süden zu überwintern. Sicherlich werden wir dieser möglichen Route nicht unbedingt folgen, aber für die Zeitplanung ist das schon mal hilfreich...
Auf alle Fälle soll es im Frühsommer mit Generalkurs Südwest bis zum englischen Kanal und in die Biskaya gehen, um die französischen Küsten zu erkundigen. Gewünscht ist auch ein Besuch der spanischen Nordküste. Gegen Ende September sollten wir dem dann stürmischen Nordatlantik den Rücken gekehrt haben und im Bereich Lissabon angekommen sein, ehe es dann gilt, dem Herbst weiter in Richtung Algarve zu entfliehen. Ob und wann es dann rüber zu den Kanaren geht und wie von dort aus weiter im Frühjahr 2023 zurück wahrscheinlich wieder über die Azoren, werden dann Zeit und Umstände zeigen, genauso, wie oft und lange wir zu Heimatbesuchen zurückkehren.
... aber die Freude, dass es bald losgeht nach der langen, intensiven Vorbereitungs- und Ausrüstzeit wächst gleichermaßen mit. Wir haben viel in Auriga investiert, technisch wie auch optisch. Wenn wir uns selbst so optimieren könnten, wäre das natürlich auch sehr praktisch. Aber die Uhr rückwärtsdrehen geht nicht, daher ist es an der Zeit, unsere Segelreiseträume umzusetzen, bevor die Alterszipperlein brachial einsetzen.
Am Freitag, den 13. (sic) Mai kamen ca. 50 Freunde und Familie, um mit einigen Bierchen unseren Abschied zu feiern. All' die vielen herzlichen Worte und Scherze haben unser Herz erwärmt, ja nun wird es kurz mal pathetisch, wir nehmen Euch in Gedanken mit auf unsere Reise. Insbesondere die Ansprache unseres Vereinsvorsitzenden des SV Glückstadt hat uns sehr gerührt - treffender hätte man die Worte nicht wählen können. Wir nehmen die vielen Wünsche nach einer gesunden und heilen Heimkehr ernst und mit!
Am Montag, den 16.5. holen wir noch unser neues Großssegel aus Heiligenhafen ab und hoffen doch stark, das die Segelmacher ihr Augenmaß nicht "verloren" haben. Zu Hause wird alles aus den Schränken geräumt, was noch mit muss und am Donnerstag, 19.5. ziehen wir final an Bord.
Am Freitag, den 20.5. dikiert uns die Tide ein frühes Aufstehen um 5 Uhr, wenn wir nach Helgoland kommen wollen. Aktuell sagt die Wetter/Windvorhersage zwar Schwachwind aus westlichen Richtungen voraus, aber wir drehen die Tage noch mal kräftig an der Windschraube für Ostwind :-)
Also Ihr Lieben, ahoi und bis bald irgendwann, denn der eine oder die andere will uns ja unterwegs besuchen kommen - wir freuen uns auch darauf!!!
Mai: 19.5. – 26.5.2022
Am Donnerstagabend um 16.30 Uhr öffnet sich für uns das „Tor zur Welt“: die Glückstädter Schleuse. Es ist drückend warm und wir erwarten für unsere Elbfahrt Gewitter. Zum Glück bekommen wir nur einen „Streifschuss“ ab. Am Freitag motoren wir zumeist bis Helgoland, um dort als erstes unsere Dieselvorräte aufzufüllen. Der aktuelle Preis betrug 1,59 Euro/Liter.
Auf Helgoland haben wir das große Glück, das jährlich und wechselweise stattfindende Friesentreffen zu erleben. West-, Ost- und Nordfriesen treffen sich in voller Tracht und Pracht. Es werden (kurze) Reden gehalten und etliche Volkstänze aufgeführt.
Ansonsten ist die Wind- und Wettersituation für unsere Weiterfahrt gen Westen eher schwierig. Die einzige Ostwindlage für 24 Stunden ergibt sich Sonntagnachmittag bis Montagabend. Also legen wir am Sonntag um 14 Uhr ab, motoren zur streng überwachten TG 9, die man nicht schneiden darf und können am späten Nachmittag die Segel ausrollen. Es baut sich langsam aber beständig ein Ost-Süd-Ost Wind bis zu 5 Windstärken auf – für unsere Richtung perfekt. Mit 120° am wahren Wind geht es flott voran und in die Nacht hinein. Wie immer in meiner Wache habe ich spannende Erlebnisse mit Fischern, Frachtern und zumeist entgegen kommenden Seglern (die unter Motor nicht alle ausweichen oder UKW- Hörwache gehen) im Fahrgebiet der Emsmündung. Um Mitternacht geht es für Manni weiter – auch er überholt einem Fischer ohne eingeschaltetes AIS. Gegen Morgen dreht der Wind schon etwas südlicher, es gibt einen kleinen Regenschauer, aber rechtzeitig vor dem einsetzenden Südwest machen wir in Terschelling fest. Auch für die kommenden Tage ist Starkwind oder sogar Sturm aus West / Südwest angesagt – alles andere als wünschenswert.
Zunächst genießen wir jedoch für 1,5 Tage Terschelling, die traumhaften Waschmaschinen in der Marina und vor allem unseren Besuch in der urig-kleinen Kneipe „Swantje“. Für die Fitness machen wir machen eine ausgedehnte Wanderung in der Dünenlandschaft mit abenteuerlichen (matschig und zugewachsenen) Wegen.
Am Mittwoch geht die Reise durch das sich windende Wattfahrwasser weiter nach Harlingen. Auch hier zunächst unter Motor, später nur mit Fock und etwas Großsegel bei Böen bis zu 30 kn im Hauptfahrwasser mit Fährverkehr und der von hinten aufkommenden „braunen Flotte“. So hatten wir uns den Start in unsere Auszeit nicht wirklich vorgestellt, aber es hilft ja nix, wir wollen weiter. Harlingen selbst ist ebenfalls sehr schön. Am Himmelfahrtstag passieren wir früh um 7.30 Uhr die zwei Brücken, die regelmäßig für Yachten öffnen, motoren gegen 6 Windstärken im Boontjefahrwasser zur Kornweddersand-Schleuse und segeln anschließend mit halbem Wind und angenehmen 4-5 Windstärken nach Enkhuizen. Hier kommen wir sehr komfortabel im Companie-Yachthafen fest. Unser abendlicher Rundgang durch die Gassen und verschiedenen Hafenbecken bei stürmischen Wind wird mit einem leckeren Bier beendet, bevor uns einsetzender Nieselregen zurück an Bord treibt.
Uns geht es soweit gut, aber wir merken auch, dass wir uns erst wieder an das bewegungsreiche Leben an Bord und beim Segeln gewöhnen müssen – abends fallen wir gegen 21 Uhr meistens hundemüde in die Koje.
27. 5. – 5.6.2022
Das Wetter bleibt auch in der kommenden Zeit unbeständig und hat viel Starkwind für uns in petto.
Somit haben wir gute Gründe, hier und da etwas länger zu verweilen. Im Companiehafen von Enkhuizen kann man sogar ankern (kostet allerdings auch was). Genau das machen wir, bevor es zu einem ausgedehnten Stadtbummel geht. Später zurück an Bord stellen wir jedoch fest, dass Auriga in den starken Böen nicht an Ort und Stelle bleiben will – der Anker slippt. 3 Versuche brauchen wir, bis der Anker wieder hält (dieses Mal mit 15 m Kette bei 3 m Wassertiefe).
Am Samstag, 28.5. geht es flott über das Ijsselmeer nach Amsterdam, genauer gesagt in den Sixhafen. Lustig war noch, dass wir morgens vor der falschen Schleuse zum Markermeer auf eine Öffnung warteten … tja, so ist das, wenn man mit älteren Papierkarten auf Reisen geht, welche das neu gebaute Viadukt nicht kennen! Der Schleusenwärter von der „richtigen“ Schleuse gab uns dann den entscheidenden Hinweis.
Samstagnachmittag in Amsterdam ist – sicher aufgrund des wieder angelaufenen Kreuzfahrt-Tourismus – proppenvoll. Wir bemühen uns, die Menschenmassen angenehm zu finden … eine harte Übung! Die Altstadt und die vielen Grachten begeistern uns trotzdem. Für Sonntag entdecken wir den öffentlichen Nahverkehr und fahren kreuz und quer durch Amsterdam. So sieht man auch mal die Außenbezirke, die mit vielen Hochhäusern eng bebaut sind. Die Architektur ist dabei nicht wirklich schön und zeigt halt auch die sozialen Unterschiede.
Am Montag, 30.5.2022 wird tapfer der Ijsselkanal bei Kälte und dicken Wolken bis zur Nordseeschleuse (bei Ijmuiden) motort. Und obwohl wir schon so viele Schleusenmanöver gemacht haben, passiert denn doch mal ein etwas schaulustigeres Festmachen: wenn das in der Schleuse befindliche schwere Salzwasser unten in den Kanal raus strömt, kommt auf der Wasseroberfläche Süßwasser in die Schleuse rein geströmt und macht halt … Strömung. Naja, nix passiert, außer unserem gekränktem Ehrgeiz, vernünftig anzulegen.
Eine anstrengende Wanderung auf einem „sentier de Douaniers“ mit Wind von hinten verschafft uns am Pfingstmontag, 6.6.2022, Lust für den folgenden Segeltag. Es geht im Nieselregen los gen Dieppe. Gegen Mittag reißt der Himmel auf, der Wind dreht unvermittelt von SE auf SW und brist von 2 auf 4 -5 Windstärken auf. Die frische junge Welle freut sich dermaßen, dass sie kreuz und quer schlägt – des Seglers Leid. Erst gegen Abend nimmt der Wind auf angenehme 3 – 4 ab und die Welle ist nun auch artig.
Dieppe ist einer unserer Lieblingshäfen, wenn auch mit rund 50,-€ recht teuer. Von hier aus geht es am 8.6. mit dem Bus nach St. Valerie en Caux, weil sich gerade die kleineren Orte in den Klippeneinschnitten ihre Ursprünglichkeit bewahrt haben. Aber St. Valerie ist eine Enttäuschung – wie wir später erfahren, wurde der Ort 1940 stark bombardiert, weil sich hier noch eine britische Streitmacht gegen die anrückende deutsche Armee verteidigt hatte. Auch die Touristen sowie die Geschäftsleute wissen das – viele Geschäfte sind geschlossen und es ist nix los. Da wir keine 3 Stunden auf den Rückbus warten wollen, kommt unsere alte Taktik „Daumen raus“ wieder ins Spiel. Und siehe da, auch die Franzosen sind nett. Ein älterer Herr mit Hund hält an und meint, dass wir hier für einen „Lift“ nach Dieppe falsch stehen. Er nimmt uns ein Stück mit und wir glauben, sogar weiter, als er ursprünglich wollte. Der Ort „Veules les Roses“ ist eines der Dörfer, die er uns empfiehlt. Hier steigen wir aus und genießen endlich die alte normannische Bauweise, die Mühle an dem Flüsschen Veule und den grandiosen Ausblick aufs Meer. Da auch der Rückfahrtbus hier an der Hauptstraße hält, verläuft diese ebenfalls völlig stressfrei. Die Fahrt führt dieses Mal auf kleineren Landstraßen näher an den Klippen und durch die kleinen Orte durch, so dass wir ein sehr schönes Sightseeing in der Abendsonne für 2 Euro pro Nase bekommen. Begeistert fallen wir abends müde in die Koje.
Eigentlich hätten wir vor lauter Erlebnisse gar keine Zeit, diesen Blog zu schreiben und wären lange auf See und der Suche nach weiteren Abenteuern, aber unser ungebetener Gast Corona hat uns vorläufig ausgebremst. AURIGA dümpelt in Hitzestarre mit gebautem Sonnensegel in Lorient und wartet darauf, dass Manni fit ist und nicht mit jedem Segelmanöver nach einem Sauerstoffzelt verlangt und Ute mit Geschmack kochen kann. Wird schon wieder…😊
Aber jetzt der Reihe nach:
Mit Manni´s Rückkehr an Bord verabschiedet sich Cherbourg mit einem kleinen Regenschauer. Bei Südwind segeln wir weiter nach Alderney, das „Race“ ist recht gnädig mit uns und in Alderney finden wir eine geschützte Mooringtonne. Da wir die EU verlassen, müssen wir einen kleinen Zettel für die Immigration ausfüllen und in einen alten Postkasten werfen, ansonsten scheint den Brexit hier keinen zu interessieren. Das Prozedere ist exakt das gleiche wie vor dem Brexit, als die Kanalinseln bereits einen Sonderstatus (zollfrei) hatten. Wer blöd auffallen will, setzt die Flagge Q - natürlich vorwiegend Deutsche und ein paar Niederländer, den Franzosen interessiert das alles herzlich wenig.
In der Stadt Saint Anne gönnen wir uns einen Kaffee und ordern E-Bikes für den nächsten Tag, ehe wir vom Hafen aus mit der Alderney Railway & Co Ltd. mit einer alten Rangierlok und einer London-Underground vom Hafen zum Steinbruch und zurück über die wunderschöne Insel zuckeln. Die Bahnlinie stammt aus der Bauzeit der riesigen Mole 1846-1864 und wird jetzt ehrenamtlich betrieben. Worum eine ausgemusterte London-Underground? Die Züge sind klein genug, um durch die Vorgärten zu passen und aus Aluminium, alles aus Stahl rostet hier schneller, als die Ehrenamtler das pflegen könnten.
Am nächsten Tag machen wir eine gemütliche Inselrundfahrt und sind froh, dass auf und ab nicht mit unseren Falträdern angegangen zu sein, selbst die E-Bikes müssen an manchen Steigungen geschoben werden und wir sind glücklich, dass uns auch dabei der Akku hilft. Nach dem ersten halben Dutzend alter und im Zweiten Weltkrieg weiter verstärkten (wo hatten die Deutschen eigentlich den ganzen Beton her?) Befestigungsanlagen sowie phantastischen Ausblicken über Land und Meer picknicken wir am Strand und bringen dann unsere Fahrräder zurück.