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Start am 23.4. zu den Azoren

Drei Crewmitglieder mit Internetzugang sorgen für ausreichend Wetterberichte: wir müssen leider mitten durch eine Hochdruckrinne, die zwischen Madeira und den Azoren festliegt. Auch diese Hochdruckrinnen können viel Regen und Wind bringen. Daher sind wir gespannt, wie nahe sich die Wetterberichte an die Realität auf hoher See angleichen werden…

Frohen Mutes werfen wir am Sonntag, dem 23.04.23 unsere Leinen in Porto Santo los. Bei leichtem Wind segeln wir die ersten Meilen an der Südostspitze von Porto Santo nach Südwesten, bevor wir auf Kurs Nordwest Richtung Azoren gehen können. Nach den Gribfiles unserer Routing-App sollten wir die ersten beiden Tage langsam segeln, um optimal, d.h. mit möglichst wenig Wind und Regen, die zwischen uns und den Azoren liegende Front passieren zu können. So schleichen wir mit 2,5 - 3kn unserem Ziel entgegen, müssen aber wegen totaler Flaute ein paar Stunden motoren. Zum Glück herrscht nur wenig Seegang und die Fahrt ist entsprechend gemütlich - nicht schlecht für die erste Nacht auf See.

Den Montag verbringen wir ebenfalls langsam segelnd im Sonnenschutz von Sprayhood und Sonnenschirm. Der eigentlich geplante Badestopp auf 5000m Wassertiefe muss wegen Portugiesischen Galeeren, einer hübschen, aber sehr unangenehmen Quallenart mit endlos langen nesselbesetzten Tentakeln, entfallen. Zwischendurch vertreiben Benno und Manfred sich die Zeit damit, den Sextanten auszupacken, um den GPS-Ort zu überprüfen - passt schon… Alle nutzen das gemütliche Wetter zum Duschen auf dem Achterdeck nach diesem heißen Tag.

Nach einer weiteren ruhigen Nacht mit zeitweisem Motoreinsatz haben wir mittwochmorgens endlich den Kern des Hochdruckgebietes verlassen und kommen in den Genuss von Halbwindsegeln bei 3-4 Bft unter heiterem Himmel - ein Tag Werbesegeln auf dem Atlantik!

 

In der nächsten Nacht segeln wir dann in die angekündigte Front mit Regenböen und Wind aus Südwest mit 6-7 Windstärken hinein, die Welle wird höher und das Leben unangenehmer. Das Großsegel hatten wir bereits vorsorglich verkleinert und jeder darf nun auf seiner Wache den Yankee vor jeder Schauerbö ein- und danach wieder ausrollen, damit wir Fahrt im Schiff behalten. Nach rund 12 Stunden - also fairer Verteilung der Arbeit auf alle Wachgänger - haben wir die letzten Schauer hinter uns gelassen, die Sonne zeigt sich wieder und der Wind hat etwas westlicher gedreht und auf 4-5 Bft abgenommen. Glück gehabt, dass es dabei geblieben ist (Regen und Wind!).

Wir hatten die ersten 3 Tage ausreichend nach Süden ausgeholt, um auch bei Westwind mit maximal 90° Windwinkel komfortabel durch die letzte Nacht segeln zu können. Daher können wir bei wieder auffrischendem Westwind ohne allzu große Schräglage und Spritzwasser dem Runterzählen der Seemeilen auf der Logge bis zum Wegepunkt „Vila do Porto“ zuschauen. Nach 518 sm, davon 97 sm unter Motor, legen wir nachmittags in Vila do Porto auf Santa Maria an und werden von dem deutschsprachigen Hafenmeister Lloyd freudig begrüßt. Unser festes Wachsystem à 4 Stunden hat sich übrigens sehr gut bewährt, mit 8 Stunden Freiwache kamen wir gut ausgeschlafen in Vila do Porto an. Auch unser Mitsegler Benno hat sich seiner Aussage nach damit sehr wohl gefühlt.

 

Der erste Tag im Hafen vergeht wie immer mit Schiff reinigen, ein paar Kleinigkeiten wie lose Türschnäpper nachstellen, Ruderlager fetten, einkaufen und Wäsche waschen. Ute leidet an einer hartnäckigen Erkältung und bleibt an Bord, während Benno und Manfred erste Wanderungen unternehmen.

Der Haven von Vila do Porto: hier lagen wir schon mal vor 7 Jahren!
Der Haven von Vila do Porto: hier lagen wir schon mal vor 7 Jahren!

Santa Maria: „Hobbitlandschaft“ mit viel Natur und sonst?

Nach gut einer Woche auf dieser ruhigen Insel ziehen wir die Bilanz, dass es hier viel Natur, viel Landschaft und sehr knalliges Grün gibt, die Insel wäre für kleine Hobbits bestimmt auch sehr attraktiv. Uns sonst? Tja, wir sind außerhalb der Saison hier, bis auf wenige andere Segler und Wanderer ist nix los. Es hat sich bedauerlicherweise auch in den kleinen Badeorten wie Anjus, Sao Lorenzo und Baia Maia nicht rumgesprochen, dass wir dort gern einen Kaffee und einen kleinen Snack gehabt hätten. Wir sind zum Teil die einzigen Touristen, die sich die gut gepflegten, aber verschlossenen hübschen Häuserzeilen und Meerwasser-Schwimmbäder anschauen. Das Wetter ist momentan recht kühl, windig und hin und wieder regnet es kräftig. Nach den Regenschauern leuchten die Wiesen, Büsche und Bäume regelrecht um die Wette. Leider führt der viele Regen auch dazu, dass die Wanderwege ziemlich matschig sind.

 

Auch die Kultur wollen wir nicht vernachlässigen, zwei kleine Museen werden besucht, allerdings sind die ausgestellten Stücke und Erklärungen (Töpfereien von der Insel und „der Weg des Brotes“) recht dürftig. Nun denn, wo kein Publikum, da kein Engagement für die Dokumentation der Inselgeschichte.

Hier im Hafen werden übrigens viele richtig große, weiße Thunfische angelandet. Die Gewässer rund um die Azoren sind besonders geschützt und nur die einheimischen Fischer dürfen je nach Bootsgröße eine bestimmte Anzahl (oder Tonnage) Fische angeln.

Wir stellen uns hier viele Fragen, die uns keiner beantworten kann. Wo und wie werden die Thunfische weiter verarbeitet? Warum gibt es auf der Insel keinen Hühnerhof (Eier kommen 1 x die Woche per Flugzeug!). Da es kaum Bäckereien gibt, sondern nur in Vila do Porto 3 nennenswerte Supermärkte mit einer Frischbrottheke, fragt man sich, wie die Brotversorgung in den anderen kleinen Orten der Insel funktioniert: backen die alle selber?! Wir werden mit diesen ungeklärten Rätseln wohl oder über weiter leben müssen…

Zum Baden sind wir übrigens nicht gekommen: die Luft- und Badewassertemperatur entsprach nicht unseren Vorstellungen und wichtigster Hinderungsgrund waren die vielen portugiesischen Galeeren, die wir sogar im Hafenbecken gesehen haben.

Wir freuen uns nach dieser ruhigen Woche mit zum Teil norddeutschem Schmuddelwetter auf die Hauptinsel der Azoren „ Sao Miguel“ und die Hafenstadt Ponta Delgada.

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Heiks (Freitag, 05 Mai 2023 15:49)

    Glückwunsch zur gelungenen Überfahrt, viel Spass beim weiteren Inselhopping und dir Ute schnelle Besserung. Best wishes from the Nordmeer Fishes!

  • #2

    Sutje (Samstag, 06 Mai 2023 12:44)

    Ein Rätsel können wir lösen - in den kleinen Dörfern fährt der Bäcker mit seinem Kastenwagen von Haus zu Haus. Viel Spass auf Sao Miguel - auch eine tolle Insel!

  • #3

    Lloyd (Freitag, 12 Mai 2023 11:30)

    allo! Ich habe mich sehr auf euren Besuch gefreut, aber leider habt ihr nicht ganz die richtigen Informationen erhalten. Es gibt hier auf der Insel mehrere private Verkäufer, die Eier und frischen Käse anbieten. Außerdem gibt es neben Angelo auch die Cooperativa, die Hauptbäckerei in Santo Espirito, die es schon seit 1983 gibt (https://cooperativadeartesanatodesantamaria.pt/). Dort gibt es verschiedene traditionelle Arten von Keksen und Brot sowie ein paar traditionelle Strickmaschinen. Liebe Grüße Lloyd!