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Guck mal, da unten fliegt ein Flugzeug…

… ja, echt jetzt! Wir sind mit dem Bus auf La Palma zum Südzipfel unterwegs und die Straße liegt zum Teil oberhalb der Wolken auf ca. 1000 m. Unter uns starten und landen die Propeller-Flugzeuge auf dem kleinen Flughafen von La Palma.

Aber der Reihe nach – zunächst mal feiere ich meinen 60. Geburtstag unspektakulär, aber sicherlich unvergessen im Hafen von San Sebastian. Am 5.3. bin ich Geburtstags-Königin: mir wird das Frühstück gemacht, Daisy wird vom „Fachpersonal“ segelklar aufgeriggt zum kleinen Törn vor dem Hafen von San Sebastian und Nachmittags feiern wir bei Kaffee, Kuchen und Eis (!) bei Rolf und Wolf auf deren Schiff Boaty McBoatface. Der Abend klingt bei lauschigen Temperaturen bei einer Flasche Wein am Hafen in San Sebastian aus…. Herrlich!

La Palma - auch Isla Verde genannt als westlichste Insel der Kanaren

Gleich am Montag geht die Reise dann schon weiter: mit schönem und seltenen Südwind umkurven wir noch die Südspitze von La Gomera unter Maschine, um 3 Stunden später die Segel auszurollen und uns mit halbem bis achterlichen Wind nach Santa Cruz auf La Palma schaukeln zu lassen. Zwar ist der Hafen für seine Schwell-Intensität unter Seglern verschrien, aber die Hauptstadt von La Palma soll sehr schön sein. Und wirklich, wir sind ebenfalls bezaubert von den gut restaurierten und vor allem farbig angemalten Häusern. Sehenswert sind ebenfalls die inseltypischen Holzbalkone aus vergangenen Zeiten. Einige sind jedoch nicht mehr wirklich begehbar, wie wir später feststellen. Wir leben hier mit quietschenden Festmacherleinen und Ruckfendern 4 Tage lang – das mit dem Schwell war kein Gerücht...

Zweimal ziehen wir auch hier die Wanderschuhe an. Leider müssen wir feststellen, dass die Vulkane hier auf La Palma noch um einiges höher und schroffer als auf La Gomera sind. Und besonders schade ist es, dass die Einstiegsstellen für die wirklich empfohlenen Wanderrouten nicht mit den Busrouten kompatibel sind.

Also haben wir uns auf eigene Faust aufgemacht: im Nordosten sind wir steile Wirtschaftswege durch unendliche Bananenplantagen zur Küste und zum Ort San Andres runtergelaufen. Bei diesem hübschen kleinen Dorf wurde eine ca. 1 km lange Promenade liebevoll ausgebaut und begeistert mit tollen Ausblicken aufs Meer und endet überraschenderweise (da vorher nicht informiert) am „Charco Azul“. Hierbei handelt es sich um eine Badestelle(und für Kinder mit einem kleinen vom Meer abgetrennten Wasserbecken), bei der trotz der hier üblichen vulkanischen Felsen von fest installierten Leitern direkt ins azurblaue Wasser gehüpft werden kann. Das hat schon was, sich im aufgewühlten Meerwasser einfach kurz mal treiben zulassen. Zurück zur Bushaltestelle geht es natürlich wieder hoch… durch Bananenplantagen. Die Bananen heißen hier übrigens nicht so, sondern werden Plantagas genannt und der Anbau ist stark subventioniert. Da es sich um Monokulturen handelt, müssen diese regelmäßig gedüngt, gewässert und gegen Schädlinge gespritzt werden. Wir freuen uns trotzdem über die vielen kleinen Eidechsen, die sich raschelnd unter die alten Blätter verziehen, sobald sie unsere Fußstapfen hören.

Am Tag danach darf uns dann ein komfortabler Bus durch die Landschaft fahren: wir besuchen den „freundlichen“ Vulkan San Antonio (der hat zuletzt im 18. Jahrhundert die Insel erhöht und vergrößert) im Süden von La Palma. Ich mag mich zwar nicht wiederholen, aber auch hier stellt mich meine Höhenangst wieder vor besondere Herausforderungen. Manni ist der beste Überredungskünstler!

Die zweite Wanderung unternehmen wir direkt von einem der vielen Barrancos (Errosionsschluchten auf Vulkaninseln) in Santa Cruz aus. Es geht bei mittlerweile ziemlich heißen Temperaturen eine Nebenstraße hoch zum kleinen Örtchen Las Nieves. Ich schwöre mir, dass das die letzte Wanderung für die nächste Woche sein wird! Schweißgebadet kommen wir in dem Ort Las Nieves an, kühlen uns unter Sonnenschirmen einer kleinen Dorfkneipe (und trinken natürlich unseren obligatorischen Café). Der Altar der Kirche hier ist besonders „goldig“ und die Decke besteht aus detailreichen Holzintarsien. Aber irgendwie nutzt sich der Besuch von katholischen Kirchen ab. So geht es einen anderen Barranco zurück nach Santa Cruz: Das Belohnungszentrum wird durch eine der schönsten Landschaft in grün mit spannenden Höhlen, Felsüberhängen und Gesteinsschichten bedient! Trotzdem, am nächsten Tag erledigen wir nur noch Lebensmitteleinkäufe und genießen einen von zwei schwarzsandigen Badestränden, die hier auf La Palma selten sind.

Am Sonntag, 12.3.2023 reicht es uns mit der Schaukelei in der Marina von Santa Cruz, bei „Affenhitze“ müssen wir leider die ganze Strecke südlich um La Palma rum motoren, bis wir in der schnuckeligen Marina Puerto de Tazacorte ankommen. Unterwegs staunen wir über die zwei relativ frischen Lavaströme, die der Vulkan Tajogaite bis vor ca. 1 Jahr bei seinem monatelangen Ausbruch verursacht hatte. Was für eine Urgewalt!

Hier in Tazacorte brandet der Atlantikschwell mit voller Wucht auf den Strand, baden kann man nur in einer kleinen geschützten Ecke. Hingegen ist es in der Marina absolut ruhig: Der Hafen hat die Marina mit 2 riesigen, ca. 16 m hohen Molen (und 35 Millionen Euro Europäischen Union Fördermitteln) gegen den Atlantikschwell gesichert. Man hatte sich erhofft, dass Kreuzfahrtschiffe zu Besuch kommen und dass die vielen Plantagas (Bananen) von La Palma hier verschifft werden. Beides ist nicht eingetreten. Riesige leere Parkplätze laden eigentlich zum Inline-Skaten oder Führerscheinüben ein :-) Wir bedanken uns auf jeden Fall bei der EU: selten so geschützt und ohne Schwell gelegen!

Dieser Hafenort ist zumeist von Deutschen „belegt“, der Ort Tazacorte selbst liegt 2-3km (gut 100m über Serpentinen hoch) im Landesinneren. Auch von hier fahren viele Busse nach Norden oder ins Landesinnere. Der unmittelbar südlich angrenzende Bezirk rund um den weiterhin rauchenden Vulkan ist gesperrt.

 

Wir treffen hier übrigens Reinhold mit seiner selbstgebauten „Picasso“ wieder, den wir schon in San Sebastian kennen gelernt haben – der Klönschnack unter Norddeutschen handelt natürlich von … Booten. Außer, dass wir baden gehen und uns um Auriga kümmern, unternehmen wir vereinzelte Bustouren und schauen uns unter anderem den bösen Vulkan „Tayogeite“ an, der bis November 2021 gewütet und viel verwüstet hat. Immer noch leben rund 150 Menschen in Notunterkünften; es ist mehr als fraglich, dass sie in ihr Heimatdorf zurück und ihre Häuser wieder aufbauen können. Hingegen duftet es im Nordwesten herrlich nach Frühling und nach Pinien, die hier noch als kleine Wälder bestehen dürfen.

Dies ist übrigens der letzte Hafen für uns auf den Kanaren: wir warten verzweifelt-optimistisch auf das Aussetzen des Nordost Passates, um die 240 Seemeilen nach Madeira in Angriff zu nehmen. Der Wartemodus fällt uns nicht immer leicht…

 

P.S.: Kleine Beobachtung am Rande: In den Bussen, die wir hier fleißig nutzen, wird gequatscht und gebrasselt, das uns das „spanisch“ vorkommt. Es wird sich rege unterhalten, man grüßt sich beim Einsteigen und überhaupt haben wir den Eindruck, dass die Inselbewohner gerne viel reden. Wir führen es darauf zurück, dass sich kaum einer mit seinem Smartphone beschäftigt. Selbst die Jugendlichen folgen dieser, in Deutschland so verbreiteten Sitte nur vereinzelt. Ob uns da was verloren geht?!

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Kommentare: 4
  • #1

    Kuehn Klaus (Sonntag, 19 März 2023 15:37)

    Hallo Ihr Lieben,
    wieder ein lesenswerter Bericht. Wir freuen uns mit Euch und wünschen Euch weiterhin tolle Törns und schöne Erlebnisse. Kommt gut rüber nach Madeira.
    L.G. aus Glückstadt I. & K.

  • #2

    Gerd und Nanni (Sonntag, 19 März 2023 15:47)

    Hallo Auriga, hier die Sunrise, wie immer ein toll geschriebener Bericht, als wäre man selbst dabei gewesen. Wenn wir das alles so lesen was ihr seht und erlebt, kommt uns unsere Reise wie eine Kaffeefahrt vor. Toll was ihr macht, weiterhin eine gute, spannende und sichere Reise und nehmt uns weiterhin mit. �� übrigens gibt’s durchaus jugendliche 60er �

  • #3

    Heiks (Montag, 20 März 2023 07:05)

    Da ist uns doch glatt DAS Ereignis Anfang März entgangen. Immerhin ist noch März -also: best birthday wishes (nachträglich) from the Fishes!

  • #4

    Anke Siemann (Sonntag, 26 März 2023 17:44)

    Sehr schöne Eindrücke � Toll geschrieben! Und : Happy Birthday nachträglich- 60 werden tut gar nicht weh…Geniesst weiter eure Zeit, das darf gern ewig so weitergehen, oder?