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Der Nordost Passat pustet uns sportlich weiter nach Gran Canaria

Lanzarote ist erkundet, nun wollen wir weiter. Am Montag, 23.1.2023 lösen wir unsere Leinen in Arrecife und segeln relativ gemütlich nur mit dem Yankee (hochgeschnittene Genua) „um die Ecke rum“ in den Süden von Lanzarote. In der Bucht des Playa de Papagayo machen wir einen Stopp bis Mitternacht. Das hat einen Grund: wir wollen das Verkehrstrennungsgebiet zwischen Fuerteventura und Gran Canaria bei Tageslicht queren. Es ist schon etwas merkwürdig, nachts bei totaler Finsternis den Anker zu lichten und los zu segeln. Aber unsere Strategie geht auf: Am Folgeabend kommen wir mit dem letzten Tageslicht im großen Hafen von Las Palmas an. Hier werden wir freudig von Holger und Gudrun begrüßt, die mit ihrer schmucken Segelyacht Snegge schon seit gut einem Jahr die Kanaren bereisen.  Zunächst geht es aber mit dem hier üblichen umständlichen Anmeldeprozedere weiter, bis wir hier mit Mooringleinen (ja, die Handschuhe waren angezogen!) festmachen können. 

Am nächsten Tag bekommen wir fast schon prominenten Besuch: Ingo und Antje (vormals mit dem Hanseaten 70 namens Amazone) legen mit ihrem relativ neu erworbenen Katamaran an. Sie haben „Thalassa“ (Ersteigner:  unsere deutsche „Segelikone“ Bobby Schenk) vor kurzem in Arrecife erworben und werden nach einigen Refit-Arbeiten ihre Segelreisen nun sehr komfortabel fortsetzen. Wir dürfen uns den Katamaran anschauen und sind vom exzellenten Zustand sehr angetan. Auch sonst ist es am Steg S 17 sehr kommunikativ. Anders als in Arrecife ergeben sich hier viele nette Kontakte und Gespräche.

 

Davon abgesehen haben wir leichte bis mittelschwere Eingewöhnungsprobleme mit dieser riesigen Stadt und 4-spurigen Stadtautobahnen. Es gibt zwar einige grün bemalte Fahrradrouten durch die ca. 10 km lange Stadt, aber gefährlich ist es hier schon. Die Autofahrer sind nicht allzu rücksichtsvoll und schneiden häufig den Weg ab oder reißen Autotüren auf – also nix anderes als in Hamburg. Zum Glück gibt es den recht schönen Stadtstrand, wo man die 4 km lange Promenade zu Fuß und mit tollem Blick auf die umgebenden „Berge“, sportlichen Wellenreitern und Beach-Volleyballern entspannt genießen kann.

Es folgen 2 Tage Ausflüge zusammen mit Holger und Gudrun, nachdem Manfred unsere Holzteile schnell überlackiert hat und ich den Flugrost vom Bugkorb und den Relingsstützen entfernt habe. Wir besuchen das schöne Städtchen Galdar, zu Ureinwohnerzeiten die Hauptstadt der ca. 30.000 Ureinwohner (Guanchen) bis zur Eroberung durch Portugiesen und Kastilier (Spanier) im 13. Jahrhundert. Hier wurde ein Dorf der Guanchen ausgegraben und einige Häuser rekonstruiert. Man hat von Ackerbau und Ziegen gelebt und bis zum Eintreffen der Europäer z.B. mit Obsidianklingen, dem Töpfern von Gefässen und Webarbeiten ein beachtliches Handwerk aufgebaut: unser Respekt vor der „Steinzeit“ ist wieder einmal gestiegen! Alle Hauseingänge des Dorfes sind nach Süden ausgerichtet… ziemlich schlau! Für die Ernte des Getreides, Obstes und in geringerem Maß Gemüse wurden besondere Vorratsspeicher-Häuser gebaut oder unterirdische Höhlen / Löcher angelegt.

Weitere kulturelle Highlights sind das Heimatmuseum in Las Palmas mit einer etwas despektierlichen Ausstellung von hunderten Totenköpfen und Mumien der Guanchen. Ansonsten erfahren wir  einiges über die Geschichte von Gran Canaria und die Stadt Las Palmas. Und selbstverständlich darf auch Christoph Kolumbus nicht fehlen, der von Gran Canaria und weiteren Inseln dieses Archipels seine 4 (!) Reisen  über den Atlantik nach Kolumbien, in die Karibik und Florida unternommen hat. Das Kolumbus-Museum gibt hierzu wissenswerte Informationen, abgesehen davon, dass das alte spanische Gebäude selbst hübsch ist. So voll mit Eindrücken nehmen wir am monatlichen Treffen der hiesigen Trans-Ozean Segler teil. Es ist spannend, diese Bandbreite unterschiedlichster Menschen und ihrer Lebensphilosophien kennen zu lernen, die als hauptsächliche Reise- und Wohnresidenz ihr Segelschiff auserkoren haben. 

Nach 8 Tagen „Großstadt“ reicht es uns aber. Nicht nur der Lärm und der nervige Straßenverkehr fordern einen Ortswechsel, die Tagestemperaturen wie auch das Wetter allgemein (es regnet hin und wieder und weht recht ordentlich) entsprechen nicht unserer Erwartungshaltung. Wir lassen uns von unseren Segeln in den Süden von Gran Canaria ziehen. Hier erleben wir zum ersten Mal die sogenannte Accelaration Zone, also Inselecken, wo der Wind heftig zulegen kann. Wir baumen aus und rauschen „platt vor’m Laken“ mit durchgehend 7-8 kn und zum Glück ohne Welle (!) an den Dünen von Maspalomas vorbei. Eigentlich hatten wir vor, hier viel zu ankern… aber wie soll’s auch anders sein: Der Atlantikschwell und wechselnde Windrichtungen vermiesen uns diesen Traum. Davon abgesehen mögen wir unsere Auriga nicht allein vor Anker lassen, während wir irgendwo an Land sind. Unsere Phantasien wie auch reale Berichte (auf der nützlichen Navily App) raten uns, denn lieber etwas Geld in die Hand zu nehmen und einen sicheren Hafen wie z.B. Pasito Blanco anzusteuern. Statt ankern und baden machen wir lieber eine knackige (kurze) Radtour nach Meloneras und Maspalomas, zum tollen Leuchtturm und den beeindruckenden Dünen von Maspalomas und auch zum Playa Ingles. Vormittags weht es aktuell noch nicht so stark wie nachmittags und wir hüpfen bequem vom Strand aus in die Atlantikwellen – welch‘ ein Genuss! Übrigens, diese Ecke Welt scheint fest in deutscher Hand, heimatliche Klänge sind auch mal wieder schön. 

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Kommentare: 2
  • #1

    Kuehn Klaus (Mittwoch, 08 Februar 2023 21:00)

    Hallo Ihr Beiden,
    wieder mal ein schöner Bericht von Euch. Wir freuen uns mit Euch über die vielen Erlebnisse. Genießt weiter jeden Tag
    Liebe Grüße aus der Heimat von
    Ingrid & Klaus

  • #2

    Anke Siemann (Donnerstag, 09 Februar 2023 18:33)

    Hallo ihr beiden,
    Ich bin erst jetzt auf euren Blog gestoßen..
    Nehme mal an, dass Ute die Schriftstellerin ist.. So schön zu lesen und mitzuerleben � Danke dafür� Es ist großartig, tolle Erinnerungen zu schaffen, von denen wir auch später noch erzählen können, weil wir sie nicht bloß geträumt haben ..