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Azoren ade – Irland wird zu A Coruna / Spanien

Die Wetterlage ist weiterhin sub-optimal – für Freitag, den 7.7.2023 zieht ein umfangreiches Tief aus Westen in die irische See, an der englischen Südküste entlang und in die Biskaya. Dazwischen liegt das Azorenhoch mit Schwachwind. Und unser Mitsegler offenbart uns, dass er eigentlich nur 10 Tage für die Überfahrt eingeplant hat, damit er seinen restlichen Urlaub mit seiner Frau irgendwo an Land verbringen kann. Also streichen wir schweren Herzens Irland oder die Islands of Scilly aus unserem Reiseplan und setzen Kurs auf A Coruna an der Nordwestecke Galiziens /Spanien ab.

Es sind wirklich keine schönen Bedingungen, unter denen wir in Horta am 30.7.2023 abgelegen. Zunächst können wir anderthalb Tage lang mit Südost gut segeln. Dann beginnt das Motoren bis Sonntagabend 22 Uhr. Zwar können wir uns gut an Bord bewegen und kochen, aber das ewige Dröhnen der Maschine ist nerv- und schlaftötend, abgesehen von den Euro-Scheinen, die aus dem Auspuff verschwinden. Am Dienstag und Mittwoch kommen wir bei westlichen Winden endlich mit den großen weißen Tüchern am Mast leidlich gut voran. Die See ist ruhig, der Atlantik tiefblau und wir bekommen einige Male netten Besuch von Delfinschulen. Selbst Pilotwale können wir ausmachen.

Aber wir sehen über unsere Grib-Files, die wir per Iridium Satellitenverbindung einholen, dass das vorhergesagte Sturmtief mit ordentlich Wind im Gepäck tatsächlich pünktlich am Freitagmittag in die Biskaya zieht. Somit bemühen wir erneut die Maschine, um das benötigte Etmal von ca. 130 sm einhalten zu können. Wie sich zeigen sollte, reichte es denn doch nicht ganz…

Erst am Donnerstag, den, 6.7.2023 können wir wieder segeln. Am Freitagmorgen gilt es, den Schifffahrtsweg – auch Autobahn der Großschifffahrt genannt - vor dem Cap Finisterre zu überqueren, der Wind hat mittlerweile auf 6 Windstärken aus Südwest aufgebrist. Quasi als Fußgänger auf einer Autobahn ist das Queren immer ein wenig adrenalinsteigernd. Aber alle Großcontainerschiffe und selbst ein Schleppverband halten netterweise genügend Abstand. Auf Höhe der (von mir verhassten) Sisargas Inseln im Norden der Küste vor A Coruna brist es denn endgültig und richtig auf: wir erleben 7 bis 8 Beaufort. Auriga surft beeindruckende Wellen runter und wird von oben bis unten gut eingesalzen. Leider leckt erneut ein Fenster über der Pantry, so dass wir ein garantiertes Bilgenreinigen in A Coruna gewonnen haben. Manni rollt den ganzen Nachmittag lang fleißig den Yankee in jeder Böe ein und wieder aus, wenn es kurzzeitig ruhiger wird. Selbst die Fischerboote kommen nun sternförmig zum Hafen angefahren – es wird wohl auch für uns Segler Zeit…

Sicherheit geht vor ...oder?!

Um 22 Uhr Ortszeit machen wir bei Böen von 30kn in der weitläufigen Marina von A Coruna fest. Schnelles Abendessen nach dem obligatorischen Einchecken, Anlegerbierchen (extrem verdient) und ab in die Koje.

Gleich am Samstagmorgen verlässt uns unser Mitsegler, der zwar alle Wachen wahrgenommen hatte, sich aber ansonsten wohl aufgrund geringem Interesses gepaart mit einer ausgeprägten Selbstüberschätzung und wenig Respekt vor erfahrenen Seglerinnen leider nicht so positiv einbringen konnte (oder wollte) wie erwartet. Nun wissen wir umso mehr unsere bisherigen Mitsegler für die längeren Passagen zu schätzen – der Abschied fiel bislang immer schwer, hatte man doch mit vielen guten Gesprächen und den Erlebnissen an Bord eine besondere Bindung aufgebaut.

 

Ein prägendes Erlebnis führte letztendlich dazu, dass das Vertrauen und der Respekt unterwegs arg gelitten haben und wir möchten diese Situation gern einmal zur Diskussion stellen:

 

Eine unserer Sicherheitsanweisungen lautet, dass keiner das Cockpit verlässt, während er/sie alleine auf Wache ist. In dem Falle, dass ein Verlassen notwendig oder gewünscht ist (z.B. um Fotos zu machen), ist immer eine 2. Person zu informieren, so dass der „Ausflug“ kontrolliert erfolgen kann. Unser Mitsegler verließ nicht nur einmal unbeaufsichtigt auf seiner Wache das Cockpit, nein, trotz deutlicher Worte von Ute zur Gefahrenlage wiederholte sich das Verhalten an einem Folgeabend. Beim ersten Mal war er noch nicht einmal in den Strecktauen eingepickt. Beim 2. Mal dann einpickt am Seezaun – das ist bestimmt unschön, gerade so auf Wasserhöhe mitgeschleift zu werden und stückweise zu ertrinken…und für die restlichen Mitsegler, das Cockpit leer vorzufinden.

Wir hatten den Eindruck, dass unser Mitsegler Probleme damit hatte, wenn ihm eine Frau Vorgaben bzw. konkrete Vorwürfe macht. Erst nachdem auch Manfred ihm diesbezüglich noch einmal ins Gewissen geredet hatte, blieb er (unseres Wissens nach) während seiner Wachen im Cockpit.

 

Zugegeben, die See war ruhig und es war auch noch hell. Haben wir überreagiert? Wie handhabt ihr die Sicherheitsvorgaben insbesondere für Segler, die sich aufgrund jahrzehntelanger Erfahrung für unfehlbar halten und sich daher wohl ungern etwas vorschreiben lassen möchten?

 

Unsere Erkenntnis der 7,5 Tage lautet: nehme nur Menschen mit, die du schon jahrelang kennst und mit denen du mindestens ein Wochenende zusammen auf einem Schiff unterwegs warst. Unser Vertrauen in vermeintlich versierte Segler (ausgenommen natürlich die vorherigen Mitsegler unserer Reise)  ist zunächst einmal gestört…

Erholung in A Coruna

Wie immer nach so einem Törn wird Auriga intensiv gepflegt und die kleinen Problemchen behoben. Wir erholen uns mit ausgedehntem Stadtbummel,  einem leckeren Abendessen und einem Live-Konzert von Agoney“ (eine Woche lang hieß es in A Coruna „Atlantik Pride“. Die Spanier sind alle in erheblicher besserer Feierlaune als die Portugiesen – so unser Urteil). Diese Stadt gefällt uns bei unserem 2. Besuch nochmal besser als im letzten Jahr im August!

Am Montag, 10.7.2023 verholen wir uns für einen schönen Tag am Anker in die gegenüberliegende Bucht von A Coruna. Wir segeln wieder mit unserer schnuckeligen Daisy, baden und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen.

360 sm über die Biskaya: wieder mit Sturmdrohung am Ende!

Erneut haben wir nur ein kleines Zeitfenster für die rund 360 sm über die Biskaya nach Brest. Und wie bereits in der Woche zuvor heißt es: „Hebel auf den Tisch“, da lange Zeit Flaute herrscht, wir uns jedoch mit dem Sturmtief vor dem Bug in der Nacht von Donnerstag, 13.7. auf Freitag, 14.7. nicht lange rumtreiben können. So starten wir Dienstag, 11.7.2023 zunächst mit Nebel und flottem Wind aus Südwest aufgrund einer kurzzeitigen Wetterfront gen Norden. Als diese Front durchgezogen ist nimmt der Wind zügig ab und dreht auf Nordwest bis Nord. Die folgenden 2 Tage sind dann ein Wechsel aus Segeln und Motoren. Dabei bleibt die See so ruhig, dass Manfred endlich mal ein Brot backen kann: willkommene Abwechslung nach dem Brot aus Spanien und Portugal. Eines Abends kann ich sogar einen Brokkoli-Auflauf machen, da die Schiffsbewegungen recht „zahm“ sind.

Am Donnerstagabend ist unser 1. Wegepunkt, die Westkardinaltonne namens „Chaussee de Sein“ um 18 Uhr passiert. Danach können wir um 20° etwas nach Osten „abbiegen“ und kommen mit dem Dunkelwerden in der Rade du Brest an. Noch herrscht Flaute – zum Glück. Je näher wir dem City-Hafen „Port du Chateau“ kommen, umso mehr wundern wir uns über die vielen AIS-Signale anderer kleiner Schiffe vor! dem Hafen. Um 23 Uhr – wir sind nur noch 2 sm von der Hafeneinfahrt entfernt – kracht, blitzt und funkelt es: ein gigantisches Feuerwerk direkt am Hafen. Manni fällt ein, dass morgen der 14.7. ist und die Franzosen ihren Nationalfeiertag begehen. Solche Reiserätsel lösen zu können, ist immer beruhigend!

Nationalfeiertag in Frankreich: Feuerwerk zu unserer Begrüßung :-)
Nationalfeiertag in Frankreich: Feuerwerk zu unserer Begrüßung :-)

Wir danken dem Gott der geschützten Häfen... wie heißt der/die eigentlich?!

Vorsichtig schleichen wir uns in den Hafen rein und kommen an einem historischen Schoner fest – nicht ohne gleich zwei Landleinen auszubringen. Welch‘ weise Entscheidung: schon am Freitag früh fängt es an zu wehen und zu regnen, dass wir kaum zur Dusche kommen. Nachmittags klart das Wetter etwas auf, wir gehen zur Capitanerie (Hafenbüro), zahlen unseren Obolus und erfahren von der Tourist Info, dass der Besuch des maritimen Museums heute kostenlos ist. Also nix wie hin. Wir lernen nicht nur einiges über die Historie dieser Verteidigungsanlage - einer alten Festung - sondern auch, dass Brest am Ende des 2. Weltkrieges notgedrungenermaßen von den allierten Streitkräften zerbombt wurde. Die Deutschen hatten diese Stadt ja okkupiert. Und immer wieder stellt sich uns die Frage, wann diese Art, Konflikte zu lösen, endlich aus den Genen der Menschheit verschwindet. Auch wenn wir bestimmt gegen Genmanipulation sind, hier wäre doch mal ein positiver Ansatz zu finden.... oder?

Am Samstag erobern wir die Hauptstraße mit den vielen schönen Geschäften – es ist ein bisschen wie nach Hause kommen, als wir die ersten Läden mit den typisch bretonischen Schnödelsachen betreten. Dank eines weiteren Tipps der netten Dame von der Tourist-Info finden wir das PAM – eine ehemalige große Druckerei, die zu einem Teil als kleines Museum zu besichtigen ist und zum anderen verschiedene Lokale mit diversen Köstlichkeiten und kleine Kunststände beherbergt. Übrigens stellen wir fest, dass die Franzosen den aktuellen Bio-/Ökotrend äußerst geschickt für empfindliche Preissteigerungen zu nutzen wissen. Wir „fallen“ auf einen Bio-Bäcker rein, der uns für 2 Ministücke Kuchen satte 8,37 Euro abknöpft. Auch kleine Frucht- und Gemüseläden lassen uns mit ihren Preisen zum Beispiel von sage und schreibe 20 Euro für das Kilo Erdbeeren staunen. Allerdings finden wir im großen Supermarkt Leclerc außerhalb der Bioecke relativ normale Preise für Obst, Gemüse und Co. vor.

Am Sonntag wird mal wieder große Wäsche im Waschsalon der Marina gemacht, bevor wir den Tour Tanguy mit einem Museum über die Geschichte Brests besuchen.

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Kommentare: 4
  • #1

    Lummi (Sonntag, 16 Juli 2023 15:25)

    Hallo ihr Lieben,
    auch wenn nun leider Irland nicht mehr möglich ist, ist es sehr schön und beruhigend wie sicher und routiniert ihr eure Kurse durch den Atlantik absteckt und fahrt.
    Selbstverständlich sind die Sicherheitsbestimmungen des jeweiligen Skippers /in ohne Einschränkungen zu befolgen. Ja, die Erfahrung das die Seeleute, die seit hunderten von Jahren auf See sind und alles miterlebt haben, genau das Klientel, die ich fürchte. Von daher hätte man ihn abbergen sollen �‍♀️
    Macht weiter so, auch wenn offensichtlich das Wetter augenblicklich etwas verrückt spielt.
    Alles Liebe und stets eine Handbreit Wasser unter dem Kiel,
    Lummi und Thekla ⚓️⛵️

  • #2

    Walter Schulze-Freyberg (Sonntag, 16 Juli 2023 21:37)

    Moin zusammen,
    Sicherheit geht immer vor und gute Crew erkennt man auch an einem Wochenende nicht immer!
    Ihr habt alles richtig gemacht
    Grüße Wally

  • #3

    Ricci SY SURIA (Sonntag, 16 Juli 2023 23:11)

    Hallo Ihr Lieben,
    Wir sehen das genauso wie Ihr.
    Eine Grundregel besagt doch, dass der bzw. die Eigner an Bord das Sagen haben. Danach hat sich die Crew zu richten. Ist bei uns auch so. Es ist gruselig, wenn solche sicherheitstechnisch sinnvollen Grundregeln schlichtweg ignoriert werden und das Land dazu noch etliche Tage entfernt ist! Hoffentlich passiert uns so etwas nie.
    Gute Weiterfahrt �⛵️
    Liebe Grüße, auch an meine geliebte Daisy �, Ricci

  • #4

    Reinhold SY PICASSO (Montag, 17 Juli 2023 13:54)

    Moin Ute und Manni,
    Mitsegler solcher art gehören sofort an Land, zweimal hatte ich solch einen Fehlgriff.
    Alles richtig gemacht.Nicht auszudenken wenn der über Bord geht, habt Ihr noch ein Problem.
    Liebe Grüße, Reinhold.