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Immer noch November im September

Bei Schietwetter schreibt es sich gut, wenn die Böen die Fallen an den Masten klappern lassen! Ex-Hurrican Danielle und weitere Atlantiktiefs mit Starkwind aus Südwest haben uns in der Ria Muros an der Leine (im Hafen von Portosin) und nun in Pobra do Caraminal.

Sisardas und das Cap Finisterre bewältigt

Seit unserem 2-tägigen Aufenthalt in der Marina Coruna (also nicht im Stadthafen) haben wir es in kleinen Törns geschafft, die Sisardas (Nordwestlich von A Coruna), diverse kleine und große Kaps , darunter auch das berüchtigte Cabo Finisterre bei relativ ruhigem Wetter zu runden. Diese „Costa del Morte“ hat es wirklich in sich: zwar hatten wir wenig Schwell und wenig Wind (motoren!), dafür aber häufig dichten Nebel. Selbst der Torre de Herkules bei A Coruna verabschiedet sich von uns nur mit seiner Spitze, als wir am 29.8.2022 erst um 10.30 Uhr die Leinen lösen. Coruna Traffic gab uns eine halbe Stunde zuvor noch Sichtweiten bis max. 10 m an. Immer wieder verschwinden wir in dichten Nebelschwaden und bemühen das Radar für die „Fernsicht“. Bei den Sisardas kämpfen wir uns mit Stützgroß motorsegelnd gegen steifen West 5-6 an, um am Abend in der schönen Badebucht von Corme/ Laxe unseren Anker in das kristallklare Wasser zu versenken. Seit Sonntag ist die Wassertemperatur übrigens empfindlich auf 15° gesunken, baden ist momentan keine Option für uns Warmduscher.

Wenn der Wecker zu früh klingelt... wird man wenigstens mit magischen Sonnenaufgängen belohnt
Wenn der Wecker zu früh klingelt... wird man wenigstens mit magischen Sonnenaufgängen belohnt

Am nächsten Morgen klingelt uns der Wecker raus aus den Federn – erst eine Stunde später und schon voll angezogen bemerken wir, dass der Wecker ein Eigenleben entwickelt hat und uns statt um 6.30 Uhr schon um 5.30 Uhr wachgeklingelt hatte. Da die Sonne mittlerweile auch erst gegen 8 Uhr über den Horizont lugt, haben wir in der herrschenden Dunkelheit nix bemerkt. Aber warten auf die Dämmerung war uns denn doch zu blöd, also Deckslicht an, Anker auf und vorsichtig durch die kleinen Fischerboote raus aus der Bucht (komisch, bei unserem Erscheinen gingen auf dem Wasser plötzlich viele kleine Lichter an …).

Draußen auf See mit Sonnenaufgang im Rücken herrschte eine magische Stimmung und wir konnten sogar die Hälfte der Strecke bis Muxia segeln. Gerd und Nanni mit Ihrer Sunrise nahmen uns denn mal wieder in Empfang. Muxia ist der eigentlich Endpunkt für alle Compostella Pilgerer – hier steht eine Kirche direkt am Meer und viele laufen bis hierher, um Abschied von ihrer Pilgerreise zu nehmen. Wir erklimmen lediglich den Hausberg und bewundern den Ausblick – war auch schön.

Weiterhin gilt hier an der Küste weiterhin Orca-Alarm. Es vergeht kaum ein Tag ohne Schadensmeldung an Segelyachten durch diese Biester. Daher sind wir froh, gemeinsam mit Sunrise das letzte Stück bis in die sichere „Baixa“-Rias am Cap Finisterre vorbei zu fahren (motoren).

Muros: immer noch so galizisch wie damals

Auch das Cap Finisterre (wie die restliche Küste) verbirgt sich hinter dichten Nebelschwaden, die zum Glück nicht bis auf das Meer rauswabern. Wir kommen bei strahlendem Sonnenschein in der Ria Muros und im gleichnamigen Hafen an. Muros war uns von unserer Reise 2016 noch in bester Erinnerung geblieben. Es war unser erster Hafen nach der erfolgreichen Biskaya-Überquerung. Wer ein richtig originales, galizisches Fischerdorf sehen und erleben will, sollte sich Muros anschauen! Wir haben dieses Mal nicht so viele Fotos gemacht, da wir aus 2016 noch einen großen Fundus haben – viel verändert hat sich nicht. Allerdings stehen viele Häuser leer, sind verfallen und warten auf finanzkräftige Investoren. Diese sollten jedoch berücksichtigen, dass das Dorf unter Denkmalschutz steht…

Die Wäsche wird gewaschen, wir wandern den „Berg“ oberhalb von Muros hoch und schlendern mit Gerd und Nanni abends in die Stadt. Das Leben hier ist recht günstig und die Leute sind ausgesprochen freundlich. Häufig bekommt man ungefragt (und unbezahlt) zu seinem Getränk noch eine kleine Knabberei hingestellt. Wir probieren alles, wissen nicht, wie das heißt, aber es schmeckt sehr gut!

Landausflug zur historischen Pilgerstadt Noia

Am Freitag, den 2.9.2022 verabschiedet sich Sunrise in die nächste Ria (Arousa), während wir 5 sm quer über die Ria Muros nach Portosin segeln. Hier ist ein toller Segelclub „Real Club Nautico Portosin“ beheimatet – viele Laser, 420 und Optis trainieren vor der Haustür.

Am Samstag radeln wir – bei noch gutem Wetter - zur historischen Stadt Noia, die uns mit ihren alten Kirchen, Häusern und der alten Brücke aus dem 15. Jahrhundert sehr gefällt. Diese Stadt war mit dem Einsetzen von Pilgerreisen nach Santiago de Compostella einer der wichtigsten Anlaufhäfen für die Pilger, die mit der Querung der Biskaya lange Landwege vermeiden wollten. Handwerk und Fischerei fanden hier ihr gutes Auskommen – in der Kirche Santa Maria a Nova, die mittlerweile als Museum fungiert, bewundern wir zum Teil 800 Jahre alte Grabsteine, auf denen die jeweilige Zunft eingeritzt wurde (zu erkennen nur mit viel Phantasie).

Mutige Weiterfahrt in die Ria Arousa (ohne Orcas ... puuh)

Ab Sonntag, 4.9.2022 weht es nun ordentlich aus Südwest – und die Wetterprognosen für die nächsten Tage sind ebenfalls sehr bescheiden. Ein Atlantiktief nach dem anderen kommt angerauscht und wird für ordentliche Dünung außerhalb der Rias sorgen. Somit sind uns gewisse Abkürzungen zwischen den Ria’s bzw. Felsen zu heikel und wir müssen weiter draußen und somit auch mit erhöhter Orca-Gefahr segeln. Der normalerweise an dieser Küste vorherrschende Nordwind ist auf Tage hinaus nicht zu finden … vielleicht bleiben wir über Winter einfach hier und versuchen, hier mit Hilfsjobs zu überleben ;-)

 

Aber am Dienstag, 6.9. fassen wir uns ein (Segler-Herz) und motorsegeln in die nächste Ria. Über 2 m Atlantikdünung aus Nordwest kämpfen gegen Windsee aus Südwest. Von gut 30 Seemeilen können wir immerhin 9 sm in die Ria Arousa segeln. Die Sicht ist teilweise nicht vorhanden vor lauter Sprühregen. Und dann: geht plötzlich wieder die Sonne an. So muss es auch in Schottland sein - nur kälter! Also wir müssen da gar nicht mehr hin...

 

Und wie das Seglerleben so ist, zufällig hatte auch SY Sunrise die gleiche Idee, in den Hafen von Pobra do Caraminal zu segeln. Wir freuen uns, auch wenn Gerd und Nanni eigentlich schon viel weiter südlich sein wollten. Auch hier machen wir wieder eine kleine Radtour mit bewährter Taktik und lassen uns vom Bus zurück fahren.

 

Apropos: der Wecker wurde gegen ein neues Exemplar ausgetauscht!

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Kommentare: 1
  • #1

    Heiko (Freitag, 09 September 2022 18:55)

    Schön, dass ihr immer noch euer Ruder habt - wettermässig hättet ihr uns auch in den Norden begleiten können…
    Best wishes from the Fishes