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Unser Abschied von den Azoren naht

Am Sonntag, den 18.6.2023 ist Ute nach rund 13 Stunden wieder zurück an Bord. Wir machen eine letzte kleine Wanderung auf Terceira, bevor es am Mittwoch nach Graciosa weitergeht. Die Windvorhersage verspricht, dass erst am Nachmittag gegen 15 Uhr der starke Westwind mit 5 -6 Beaufort einsetzen soll. Dies sollte sich als ziemlich optimistisch erweisen: Bis zum frühen Mittag rollen wir die Segel ein und aus, als wenn es eine Sportmedaille dafür gäbe. Auch der Motor hilft mit, damit wir die rund 50 sm nicht kreuzen müssen. Leider setzt der Westwind runde 3 Stunden früher und recht heftig ein. Mit 20 – 26 kn Wind von vorn muss Auriga denn doch tapfer kreuzen. Die letzten 10 sm stampfen wir motorsegelnd gegenan und nehmen mal wieder Wagenladungen Salzwasser übers Vordeck auf. Die 2 Fenster in der Pantry lecken – nun ja, besser hier festgestellt als auf der anstehenden langen Passage hoch nach Norden. Somit ist später im Hafen Dichtungen putzen angesagt.

Graciosa - die Hübsche und sehr chillig!

Dank den guten Informationen von Rita und Walter mit ihrer schönen Amel Super Maramu 2000 „Noa“ wissen wir, dass wir in dem Fischereihafen von Praia Sao Mateu längseits an der kurzen alten Pier liegen können. Und tatsächlich, abgekämpft und müde kommen wir dort fest. Manni zaubert sogar Strom herbei, während ich uns beim Grenzschutz – wie überall in Portugal üblich – anmelde. Später am Abend kommt noch eine weitere deutsche Yacht rein und darf natürlich bei uns anlegen, auch wenn wir Bernard und Dominique diesen Platz versprochen hatten. Sie sind ebenfalls vom zu früh und zu stark einsetzenden Westwind überrascht worden und haben zudem „schlappe“ Batterien. Also kommen sie mit an unsere mutige Dreier-Steckdose aus dem Hausgebrauch (es klappt damit sogar bei Regen!).  Dazu muss man wissen, dass der Hafen keine Marina ist, wir nichts bezahlen müssen und eigentlich auch keine weitere Infrastruktur wie Duschen, Toiletten oder Wasser bereithält. Wir finden es klasse hier!

                            Abschied von unseren Freunden Bernard und Dominique (SY Romico)
Abschied von unseren Freunden Bernard und Dominique (SY Romico)

Auch auf dieser Insel vulkanischen Ursprungs besuchen und erkunden wir eine Caldeira mit einer Vulkanhöhle. Zum Glück nimmt uns ein netter Graziosaner (?) mit und fährt uns die 7 km hoch sogar direkt bis vor den Eingang zum Besucherzentrum der „Furna do Enxofre“. Wir sind tatsächlich die einzigen Besucher. Wir steigen durch einen altertümlichen alten Turm hinab in die schwefel- und kohlendioxidhaltige Höhle mit einem See. Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, welche Kräfte unsere Erdtektonik und fließende Lava haben. Wir hoffen, dass diese zumindest während unseres Aufenthaltes Mittagsschlaf hält… (tat sie, sogar ohne „Schnarchen“, nur dezentes schwefliges Blubbern in den Ecken)

Durch einen - vor rund 70 Jahren gebauten - Tunnel gehen wir aus der Caldeira wieder raus und umrunden den bewaldeten Kraterrand auf halber Höhe. Belohnt werden wir mit tollen Ausblicken. Dabei wird das Wetter hier langsam schweißtreibend – sobald die Sonne rauskommt, dampft man mehr oder weniger grundlos vor sich hin, da die Luftfeuchtigkeit relativ hoch ist.

Am nächsten Tag kommt Romico angepflügt – sie hatten zwar Südwestwind und konnten somit die Insel besser anliegen, dafür jedoch Böen bis zu 35 kn. Die beiden entscheiden sich, bis zu unserer Abfahrt am Samstag, vor Anker zu liegen.

Freitag fahren wir gegen Mittag zum hübschen Hauptort von Graciosa – Santa Cruz – (echt seltener Name in Portugal und Spanien) und wir besuchen das hübsche und anschauliche Heimatmuseum dieser Insel. Im Gegensatz zum Museum auf Santa Maria sind hier erheblich mehr Ausstellungsstücke aus dem harten Leben auf dieser Insel vorhanden und die Erklär-Texte sind sogar in Englisch. Wir freuen uns, diese Insel besucht zu haben.

Horta: Unser Absprunghafen über den Atlantik

Samstag, 24.6.2023 machen wir den Platz für Romico frei und die Reise geht weiter – heute erneut bei Westwind, jedoch eher zu schwach. Die Strömung treibt uns immer weiter nach Osten, so dass wir an diesem Tag 2 Höheschläge machen und zuletzt doch wieder den Motor bemühen müssen. Auf dem Weg nach Horta/Faial liegt die hohe und lange Insel Sao Jorge mit einem weit ins Meer laufenden felsigen Cap im Weg. So dauert es bis zum Abend, bis wir im Hafen ankommen. Wir dürfen an der Pier der Tankstation übernachten und am nächsten Tag nach dem Diesel bunkern unseren 5-er im Liegeplatzlotto in Horta belegen: ein ruhiger Ponton mit Steg, und das im vollen Horta!

Übrigens: Unser 2016 gemaltes Bild auf der Hafenmole in Horta hat die Zeit nicht gut überstanden – wir hätten wohl doch Sperrgrund auftragen müssen. Da die Hafenmole aber absolut vollgemalt ist, haben wir keine Motivation mehr, ein Bild zu hinterlassen – irgendwie ist diese Malerei inflationär geworden.

Unsere Freude über nicht quietschende Leinen hält auch die nächsten Tage an, die wir mit Vorbereitungen für unsere lange Passage nach Irland/England/Frankreich? verbringen. Wieder mal mache ich mich verrückt mit den Wettervorhersagen auf Windy, Windfinder und mit Manni’s „Sea Grib“ Routing Software. Mal soll ein mächtiges Tief mitten durch unsere avisierte Route ziehen, dann ist es wenige Stunden und je nach Wettermodell (GFS, ECMWF, ICON,…) wieder verschwunden. Auch wenn wir am Mittwoch, 28.6.2023 einen Mitsegler an Bord bekommen, so wünschen wir uns – wie jedermann mit ca. 1.100 sm vor dem Bug – eine beständige Wetterlage mit netten 4-5 Windstärken von hinten… momentan muss Rasmus hierzu noch überredet werden. Aktuell sehen wir ein mögliches Wetterfenster mit Abfahrt am Freitag, 30.6. und wir rechnen vorsichtshalber mit 10 Tagen. Wie oben erwähnt, ist uns das Ziel im Norden relativ egal – gern würden wir Irland einen kurzen Besuch abstatten, aber nicht um den Preis von Starkwind bis –sturm.

Zur Ablenkung umrunden wir heute die Insel Faial mit dem Bus – 2 Stunden lang fahren wir zum Teil durch Regen und schauen uns die kleinen Ortschaften und das satte Grün durch das Busfenster an. Trotz der vielen tollen Eindrücke und netten Erlebnisse auch mit anderen Seglern – es wird nach 5 Monaten Atlantikinseln Zeit für einen Land- und Klimawechsel. Der Kurs Richtung Heimat ist bereits abgesteckt...

Dieses morgendliche Wetter macht den Abschied leicht ...
Dieses morgendliche Wetter macht den Abschied leicht ...

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Kommentare: 3
  • #1

    Kuehn Klaus (Montag, 26 Juni 2023 22:28)

    Wir wünschen Euch für die Überfahrt Richtung Heimat bestes Segelwetter. Habt einen entspannten Törn.
    Wir sind in Gedanken bei Euch
    Liebe Grüße I & K

  • #2

    Heiks (Dienstag, 27 Juni 2023 01:35)

    Schön wieder von euren Reiseabenteuern zu lesen - klingt doch nach einem sehr versöhnlichen Ausklang und die Bilder zeigen doch mindestens zwischendurch wunderbares Wetter! Wir wünschen euch ein gutes Crossing - fair winds und best wishes from the Fishes.

  • #3

    Ricci SY SURIA (Dienstag, 27 Juni 2023 12:19)

    Hallo Ihr beiden,
    wir wünschen Euch eine gute Heimreise mit moderaten achterlichen Winden.
    Liebe Grüße aus Gibraltar
    Ricci und Dirk