Ankern, so oft wir moegen und dann auf zu den Alands

Donnerstag, 17.6.2021:  Waterloo!

Das war das Gewinner-Outfit beim Grand prix de la Chanson am 6. April 1974
Das war das Gewinner-Outfit beim Grand prix de la Chanson am 6. April 1974

Ich komme doch noch ist ABBA Museum und freue mich wie Bolle. Eine tolle Ausstellung und einiges zum Mitmachen. Schade nur, dass ich so überhaupt nicht singen kann. Gegen Mittag legen wir im Wasahafen von Stockholm ab und suchen uns mal wieder eine Schäre zum Ankern. Das tut gut nach 3 Tagen Großstadt und dem Kulturwissen, welches leider wohl schnell wieder in die Schublade „Vergessen“ landen wird.

In den Schären ist das Wasser oft viel wärmer als „draußen“ in der Ostsee. So kommen wir doch hin und wieder zu einem erfrischenden Bad. Die Schären nördlich von Stockholm gefallen uns gut, da die Fahrwasser viel breiter sind und die Landschaft fjordähnlicher ist.

Dieser Schärenkreuzer ist bei knackigen Böen bis 22 kn mit uns aufgekreuzt (wir unter Motor ;-) )
Dieser Schärenkreuzer ist bei knackigen Böen bis 22 kn mit uns aufgekreuzt (wir unter Motor ;-) )

Mondänes Sandhamn... zwiegespaltenes Verhältnis

Am 18.6.2021 machen wir gegen Mittag in Sandhamn fest – dem Schickimicki-Segler/-Motoryacht Ort der Stockholmer, auf der Insel Sandön gelegen. Wir bestaunen eine Motoryacht, welches gleich nach dem Anlegen eine ganze Hüpfburg aufbläst! Dann kann man sich vorstellen, wir groß (und protzig) die hiesigen Motoryachten sind. Zwei Liegeplätze weiter schaut eine Gruppe (mittelalter) Schweden bei Champagner und Chips ihrer Nationalmannschaft bei der Fußball EM zu. Es gibt also viel Hafenkino hier. Andererseits ist die Ortschaft Sandhamn ist wirklich „Saltkrokan“. Viele alte Fischerhäuser und ungeteerte Gassen eröffnen dem Spaziergänger begeisternde Blicke und Perspektiven. Am nächsten Morgen wandern wir noch einmal quer über die Insel zu den beiden Sandstränden „Grand-„ und „Lille“- Trouville. Dies erinnert an den mondänen Badeort an der französischen Atlantikküste und zeugt von der Badekultur, die Anfang des 19. Jahrhunderts in Europa modern wurde.

Und wir entdecken den Schärentanzplatz, auf dem die Seeleute früher mit den einheimischen Mädels getanzt haben sollen, solange sie auf passende Winde gewartet haben. Angeblich soll diese Warterei gar nicht so selten bis Weihnachten angedauert haben :-) Da ich die ganzen Wochen schon jammere, dass wir bei dem anhaltenden Südwind nie mehr nach Hause kommen, bekomme ich in den nächsten Tagen natürlich jede Menge Frotzelei ab!

Übrigens, abends wird auch hier wie später in Mariehamn auf den Alands eine Trompete zum Zapfenstreich gespielt und alle nehmen artige ihre Flagge runter, ist ein schöner Brauch.

Ankern, oh du seelige Schäre, du!

Weiter geht die Segelei am Samstag, 19.6.2021 wieder in eine geschützte Schärenbucht namens Hälsingholmarna. Hier nehmen wir die Gelegenheit wahr, bei beständigen 3 Windstärken aus Ost mit unserem Beiboot „Daisy“ noch einige Runden um benachbarte Schären zu segeln. Highlight des Tages ist unser kleines Grillfest an Bord.

Und auch der Sonntag sieht uns ankernd in einer weiteren Bucht. Dieses Mal sogar mit annehmbarer Badetemperatur von ca. 19°. Den Tag in den Schären so zu vertrödeln fühlt sich an wie Urlaub vom Urlaub – herrlich!

Bei schönem Sonnenschein und beständigem Südwest von 3 – 4 Windstärken machen wir uns endlich auf, die Aland-Inseln zu besuchen. Gerüchte besagen, dass es sich um nicht weniger als 6.500 Schäreninseln handeln soll. Nachgezählt haben wir nicht, aber es könnte wohl in etwa so hinkommen. Ach, und wir haben auch nicht vergessen, die neue Ortszeit – eine Stunde nach vorn  – einzustellen. Diese doppelte Sommerzeit ist beim derzeitigen Sonnenstand (ziemlich hoch) recht merkwürdig.

Mariehamn: Unser Hauptstützpunkt auf den Alands

Konzentrierte Sichtnavigation in die Anfahrt von Mariehamn
Konzentrierte Sichtnavigation in die Anfahrt von Mariehamn

In Mariehamn legen wir um 16.30 Uhr an und freuen uns über die entspannte Seepassage. Wäschewaschen, Duschen und dann gönnen wir uns im Restaurant direkt am Hafen eine sehr leckere Pizza. Schon beim Anlegen machen wir die Bekanntschaft mit Felix und später auch mit seiner Frau Andrea, die mit Ihrer X-50 namens Hexe ebenfalls auf Sommertour sind. Gemeinsame Bekannte ergeben schnell Gesprächsstoff, so dass der Abend weinseelig bei uns an Bord endet. 

Am Dienstag, 22.6.2021 geht es mir irgendwie nicht so gut. Eine kleine Fahrradtour zur Ausnüchterung hilft. Der Ort Mariehamn wurde erst gegen 1870 gegründet und besteht hauptsächlich von zweckmäßigen Gebäuden aus den 50igern und 60igern. Einige alte Villen stechen dadurch besonders hervor und verschönern den Gesamt-Anblick erheblich. Wir liegen übrigens direkt hinter der Pommern, eine der Vier- Mast Barken, die noch bis in die 1930ger mit Getreide aus Australien gesegelt ist. Selbstverständlich besuchen wir das dazugehörige maritime Museum und setzen unsere Füße auf die Planken der Pommern.

Einen Tag zuvor jedoch folgen wir dem Tipp unseres Glückstädter Hafenmeisters, Klaus Kühn und fahren (endlich mal) mit dem öffentlichen Bus nach Kastelholm und dem angrenzenden Freilichtmuseum. Kastelholm wurde ca. im 14. Jahrhundert gebaut, wurde mehrere Male Opfer von Bränden und ist zum Teil in Originalzustand wieder aufgebaut  worden. Zu damaligen Zeiten konnten die Segelschiffe übrigens direkt vor der Burg anlegen, da der Wasserstand ca. 3,50 m höher war als in heutiger Zeit. Das Land hebt sich weiterhin jährlich um einige Millimeter. Wir schauen uns im Freilichtmuseum die wieder aufgebauten alten Bauernhäuser, Ställe und Windmühlen von verschiedenen Alandregionen an, bevor es mit der 1902 in Dienst gestellten Sunnan II zurück nach Marieholm geht. Ein richtig schöner Ausflugstag – so finden wir.

Weiter geht es nach Osten

Am 24.6.2021 schippern wir über die Häfen von Degerby und Kökar, von dort direkt im weiten Fahrwasser nach Kasnäs, wo wir am 26.6.2021 unsere Leinen festmachen. Leider fand das Mittsommarfest auf Kökar gar nicht statt. Zwar hatten alle Segler bis über die Toppen geflaggt und hatten alle gute Laune, aber das war’s dann schon. Irgendwie haben wir kein Glück mit der legendären Mittsommmar-Party in Schweden.

Der Sonntag, 27.6.2021 wird als Urlaubstag in einer Schärenbucht nahe bei Hankö  verbracht. Auch hier können wir baden und mit Daisy ein wenig herumrudern. Wir haben dabei die ganze Zeit schönstes Sommerwetter. Falls mal Gewitter- oder Regenwolken am Himmel zu sehen sind, nehmen diese „Reißaus“ wenn wir kommen – ist uns recht so!

Unser "Midsommar-Fest" war etwas frustierend
Unser "Midsommar-Fest" war etwas frustierend

Hankö: südlichster Festlandort Finnlands

Schwimmausflug in der Schäre vor Hankö
Schwimmausflug in der Schäre vor Hankö

Am Montag, 28.6.2021 motoren wir mangels Wind die 9 Seemeilen bis zur Schäre Tullholmen, die in Sichtweite von Hankö liegt. Hier haben viele Seefahrer früher auf passenden Wind für die Weiterfahrt gewartet und aus lauter Langeweile ihre Namen, Berufsbezeichnungen oder Embleme in die Felsen geritzt. Wir ankern kurz und setzen mit Daisy rüber. Von den Ritzungen ist nur mit gutem Willen noch einiges zu erkennen, dafür werden wir von wütenden Seeschwalben attackiert, die meinen, wir würden uns an ihrer Brut vergreifen. Deutsch verstehen sie nicht, aber eine hochgehaltene Latte bzw. ein Käppi auf dem Kopf bewahrt uns vor ernsthaften Schäden.

Der Hafen von Hankö ist schick und groß. Viele Restaurants und alle teuren Segelmarken sind hier vertreten. Die Innenstadt hingegen lässt ihre sozialistische Vergangenheit durchblicken. Leider hat der Boom im Segel (Motorboot)-hafen keine positiven Auswirkungen auf die Fußgängerzöne. Bei Sonnenschein gefällt es uns hier trotzdem sehr gut.

Eine Fahrradtour am Dienstag, 29.6.2021, die Küste entlang durch herrlich duftende Kiefernwälder, zeigt uns jedoch ein Bild aus vergangenen Zeiten. Prachtvolle und gut restaurierte Villen aus dem frühen 19. Jahrhundert und sogar aus der russischen Besatzungszeit lassen uns gut staunen. Leider ist das Wasser an den herrlichen Sandstränden mit ca. 12° für unsere Verhältnisse doch recht kalt. Manni taucht kurz ein – ich verzichte auf meinen "Ich-habe-gebadet"-Stolz und bleibe trocken.

 

Übrigens:

1. Auch in Finnland gibt es keinen Kohlrabi …

2. Die finnischen Segler sind offen und kommunikativ (Tod eines weiteren Vorurteils)

3. Ein kleines! Stück Torte kostet 6,50 Euro, ein 0,33l Bier 8 Euro

4. Es gibt kaum Mücken (... in agressionsrelevanten Massen)

5. dafür wachsen die Algen unter Wasser: nicht sehr angenehm beim Schwimmen, wenn es am  
    Bauch oder den Beinen kitzelt

6. Ich will auch so eine Heckleinenrolle ... für das nächste Mal hier in der nördlichen Ostsee!

Auf nach Estland

Lange haben wir überlegt, noch nach Helsinki und / oder Tallin zu segeln. Da der Ostwind aber immer noch sehr selten ist, wollen wir keine „Höhe“ verschenken. Abgesehen davon sind wir nicht ganz so die enthusiastischen Großstadt-Touristen. So setzen wir am Mittwoch, den 30.6.2021 Kurs auf die Insel Hiiumaa – nordöstlich von Saaremaa gelegen. Nach 62 sm, die wir knapp zur Hälfte motoren mussten, legen wir in dem allseits bekannten Hafen Heltermaa an (Ironie aus!). Wir sind das einzige Schiff und sogleich kommt der Hafenmeister um die Ecke und wünscht unseren baldigen Besuch in seinem Office. Zur Belohnung für die 30 Euro Hafengebühr wird auch die deutsche Flagge neben einer bereits flatternden finnischen Flagge gezogen. Es handelt sich um einen Fährhafen mit nix dabei. Uns soll’s recht sein, wir sind ohnehin müde.

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Kommentare: 1
  • #1

    Wolfgang Köth (Mittwoch, 21 Juli 2021 21:48)

    Hallo!
    Ich bin zufällig auf eure Seite gestoßen. Sehr schön geschrieben und dem “Übrigens” kann ich voll zustimmen � Naja bis auf die Heckleinenrolle. Diese möchten wir nicht missen!
    Grüße von den Ålands,
    Wolfgang von der SY-Decision

    Https://SY-Decision.de